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Mittwoch, 2. Mai 2012

Time Sharing – gern, aber wie?

Ich leide unter chronischer Zeitnot. Und wer an dieser Stelle „schlechtes Zeitmanagement“ denkt, den bestelle ich ein, vier Wochen lang mit mir zu tauschen. Und anschließend den Begriff mit zehn berufstätigen Müttern, fünf davon alleinerziehend, zu diskutieren.
Kurzum, ich bin hervorragend organisiert. Der Bürostab von Angela Merkel holt sich regelmäßig Tipps von mir.
Ich weiß zwei Wochen im Voraus unseren Speiseplan, die Wartezeiten beim Arzt und welches Kind wann Läuse heimbringen wird. Keine Ahnung, warum in Filmen der Kurzwahlspeicher von Telefonen mit den Nummern von Eltern, Großeltern und dem Metzger besetzt wird. Bei mir sind eingespeichert der ärztliche Notdienst, der Klempner, DHL (weil sämtliche Paketboten Analphabeten aus einem Schwarzen Loch im Universum sind), und der Notruf für psychisch labile, hysterische Frauen. Rein präventiv, versteht sich!
Kindersport, Kindergeburtstage, Geschenke-Kauf für Kindergeburtstage und dergleichen werden Monate voraus fix mit Microsoft Project geplant.
Und trotzdem fehlt sie mir an allen Ecken und Enden und an den Kanten sowieso: die Zeit! Ich komme zu nichts. Ich will eigentlich ein Buch schreiben. Aber ich hänge seit etwa zwei Monaten fest. Nicht aus Mangel an Ideen, sondern weil ich schlichtweg nicht dazu kommen, meine Ideen zur Tastatur zu bringen. Am Klavier saß ich seit etwa fünf Monaten nicht mehr. Seit Weihnachten, um genau zu sein. Nur regelmäßiges Spielen macht Spaß, sonst ist es unerträgliches Geklimper und die Finger tun weh. Wenn ich mal Zeit hätte, besetzt mein Mann den Platz. Oder ein Kind. Oder es ein Uhr nachts. Da schlafe ich.
Mein älterer Sohn hat demnächst Erstkommunion. Da wir in Bayern leben, darf er in Tracht gehen. Als ehrgeiziges Ziel habe ich mir vorgenommen, für ihn und seinen kleinen Bruder Janker zu stricken. Der große ist fertig (immerhin). Der Kleine wird sich wohl noch eine Weile gedulden müssen: bis zum zwanzigsten Mai schaffe ich die zweite Jacke definitiv nicht. Leider! Dabei tragen die beiden so gern die gleichen Sachen.
Dann sind da noch dieser Blog, ein paar Freunde und – um persönliche Kontakte zu pflegen, die ich aus räumlichen und ZEITLICHEN Gründen kaum zu treffen in der Lage bin – wenigstens ab und an ein Blick in Facebook. Meine Geburtstagsmails habe ich fünf Tage später beantwortet. Ich besitze mein Traum-Motorrad. Es ist eine BMW R80 GS, in meinem Besitz seit 19(!)99. Gefahren bin ich damit vielleicht fünftausend Kilometer. Und zwar in den ersten drei Jahren.
Manchmal packt mich die Sehnsucht: dann möchte ich nochmal siebenundzwanzig sein und mit meiner Mühle in den Süden fahren. Ohne Anhängsel und mit ganz wenig Gepäck.
Vielleicht kommt sie irgendwann wieder, die Zeit. Bis dahin versuche ich weiterhin, wenigstens ein bisschen von allem zu machen. Und bedaure ständig, dass ich nicht mehr Gelegenheit habe: meine Freunde zu besuchen, meine Eltern anzurufen, Klavier zu spielen, zu stricken, zu schreiben und und und.

Hat jemand meine Zigarre gesehen? Die, die aus der Zeitblume gedreht ist?
Momo, wo bist du? Rette mich!

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