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Mittwoch, 23. Mai 2012

Ab in die Luft

Facebook geht an die Börse. Tag Drei danach: Die Aktien liegen weit unter dem Ausgabepreis und die Börsenaufsicht ermittelt. Aus dem Hype wird ein Debakel. Zumindest für den normalen Kleinanleger. Ein paar wenige machen den Reibach, alle anderen ein dummes Gesicht. Was soll man da sagen? Mir fällt da spontan der Rummelplatz ein. Es gibt jede Menge Leute, die sich auf dem Jahrmarkt einen Luftballon für zehn Euro kaufen. Selbst schuld, hat man früher gesagt. Hier ist der Luftballon eine Aktie, und die Naivität der Käufer löst weltweite Bestürzung und die Suche nach dem Schuldigen aus. Schuld woran? Es wird weder ein Produkt noch eine Dienstleistung verkauft. Facebook ist nichts anderes als eine Seifenblase, eine hübsche Hülle, gefüllt mit ... Luft. Vor ein paar Jahren gab es die Lokalisten. Kennt die noch jemand? Google bietet seit kurzem ebenfalls eine Kontaktbörse an und legt die grandiosen Einfälle eines begnadeten Künstlers tagesaktuell gratis obendrauf. Echten Wandschmuck brauchen wir in unserem virtuellen Alltag nicht mehr. Wahrscheinlich gibt es in ein paar Jahren die Volkskrankheit „Geierhals“. Facebook und Co. sind Ideen, nicht Werte. Der Kopf, der dahintersteckt, ist wertvoll. Die Ideen sind unbezahlbar. Oder heiße Luft. Der Grat ist schmal.
Es ist ohnehin erschreckend, wie finanzielles und ideelles Vermögen geradezu inflationär verschleudert wird. (Meine Oma hat, ein paar Jahre jünger als ich, ein Brot für zwei Billionen Mark gekauft.) Was der Bildzeitung ihre „Horror“-Meldungen, sind den Politikern die Milliarden. Mit den Sixpack-Nullen vor dem Komma wird jongliert, als ob es sich um Spielgeld handelt. Kauf den Schlossplatz, gehe nicht über den Kölner Dom, zahle an Frau Merkel fünfzig Prozent deines Vermögens für die Rettung desolater Banken, und dann ab ins Gefängnis! Das restliche Vermögen wird eingezogen und anderweitig verprasst: Ein selbstverliebter Pausenclown ohne Realitätssinn und wirtschaftlichen Verstand darf den Flughafen von Katan bauen - er versucht es zumindest. Ein pensionierter Bahn-Sanierer, der bereits den bundesweiten Schienentransfer auf dem Gewissen hat, spielt mit seinen gezinkten Karten auch noch mit. Und die Hälfte der Deutschen sorgt sich um die Zukunft von Fernsehmoderatoren, deren Jahresgehalt in den vergangenen zehn Jahren jeden Topmanager erbleichen ließ. Sie könnten eine neue Partei gründen, die GKSP (die Gottschalk-Kerner-Schmidt-Partei). Und sich als Parteiprogramm wirklich interessante Themen rauspicken: Warum wird an der tiefsten Stelle einer geographischen Siedlung kein Brunnen gebaut, sondern ein Bahnhof vergraben? Wie lange noch wird in Griechenland noch immer nach einer Regierung gesucht, bevor sie endlich würfeln? Im Nahen Osten gäbe es alternativ ein paar freigestellte Politiker, die wissen, wie man mit harter Hand ein Land vollends in den Ruin führt. Und was wird aus Carla Bruni, nachdem ihr Mann nicht mehr den Finger auf der A-Bombe hat?
Herr Zuckerberg tut das einzig Richtige: Er zeigt all den Käufern seiner wertlosen Anleihen die lange Nase und tut das einzig Sinnvolle. Er investiert in traditionelle Werte - und heiratet. Sicher benötigt er bald ein neues Domizil für die nachwachsende Spekulanten-, äh, Kinderschar. Ich hätte da einen heißen Tipp für ein paar seiner neu gewonnenen Millionen. Dreitausendquadratmeter Grundstück samt einer denkmalgeschützten Stadtvilla mit geschätzten dreihundert Quadratmetern Wohnfläche. Hier, in Dachau. Seit drei Jahren feil.
Heiße Luft ist in diesem Gebäude garantiert ausgeschlossen, auch mitten im Sommer. Statt dessen wäre ein Pelzmäntelchen sinnvoll (Roman weiß nicht nur, wie man erfolgreich mit Milliarden jongliert, er kenn auch gute Adressen), das Perlacher Forst als hauseigener Holzplatz und in unserer stillgelegten Papierfabrik eine Künstlerkolonie, deren Förderung man steuerlich voll absetzen kann. Vielleicht kommt gar ein neuer Beuys dabei raus. In Dachau waren schon viele berühmte Künstler tätig.
Irgendwie glaube ich, dass ihm diese Idee nicht gefallen würde, dem Herrn Zuckerberg.

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