Wir lernen aus Fehlern. Gleich nach der Geburt fangen wir instinktiv an zu schreien, weil es kalt und ungemütlich ist, und weil der Magen knurrt. Das funktioniert hervorragend. Irgendwann beginnen wir zu lernen, dass es auch falsche Entscheidungen gibt. Kinder verschütten heißen Tee, laufen zu nah am Grill vorbei oder fallen eine Treppe herunter. Meist gehen diese Unfälle zum Glück harmlos aus, und sie können das Wichtigste überhaupt damit anfangen: eine Erfahrung machen und daraus lernen.
Diese Fähigkeit, bei Kindern stark ausgeprägt, verschwindet im fortgeschrittenen Erwachsenenalter praktisch komplett. Wie sonst lässt sich der Reinfall mit BER erklären. BER, der neue Berliner Flughafen und gewitztes phonetisches Wortspiel zum Berliner Maskottchen, dessen Starttermin nun endgültig auf unbekannte Zeit verschoben wurde. Was muss ich da als Schlagzeile in der Berliner Zeitung lesen? „Noch mehr Pannen als bei Stuttgart 21“. Das ist kurios. Die Schwaben sind noch nicht mal beim Fundament. Das UNTERIRDISCHE Technikgebäude wird laut neuesten Meldungen jetzt allein von einem Fuhrunternehmen, spezialisiert auf Erdbewegungen, fertig gestellt. Das Partnerunternehmen für diesen Auftrag hat diese Woche Insolvenz angemeldet. Kann das gut gehen? Frage ich den Glaser, ob er für unsere nächste Party die Speisen und Getränke liefert? Aber alles bestens, meint der Projektsprecher. Auch das eindringende Wasser in der Baugrube ist völlig normal und kam sogar später als erwartet. Prima. Dann haben sie jetzt also ausreichend Gelegenheit, auszuprobieren, wie man das Ding trocken bekommt. Oder sollte vielleicht ein kleiner Hafen an Stelle des neunten und zehnten Gleises gebaut werden. Wie in meinem Lieblingsmärchen „Die zertanzten Schuhe“ gibt es dann Nachen, mit denen man unterirdisch quer durch die Stadt fahren kann. Wie romantisch. Die Uniform der Gondoliere kann ruhig von der DB sein; besonders die Hütchen der Damen sind sehr geschmackvoll. Das hätte schon ein besonderes Flair.
Mehdorns Schmerz heißt BER, schreibt die Welt. Ich sehe sie schon vor mir sitzen, so in etwa fünf bis zehn Jahren, in einem Kloster, bei meditativer Einkehr: Mehdorn, Grube, Wowi und Mappus (falls er nicht vorher in einer Einzelzelle ohne geistlichen Beistand landet). Verzweifelt und doch ganz und gar in sich gefestigt: Ist doch alles nur zum Wohle des unwissenden Volkes, das gelenkt und ge(nas)führt werden muss. Zum Glück glauben das auch erstaunlich viele Zeitgenossen. Wie sonst ist zu erklären, dass nach Elbphilharmonie, Waldschlösschenbrücke oder dem AKH-Skandal in Wien immer noch von Altvorderen nach eigenem Gutdünken und entsprechend der finanziellen Unterstützung einzelner Profiteure solche Bauvorhaben entschieden werden dürfen.
Exkurs: Das Allgemeine Krankenhaus, kurz AKH Wien wurde in den Fünziger Jahren beschlossen, in den Siebzigern ging es allmählich in die Bauphase über und 1994 wurde das Gebäude in Betrieb genommen. Die Kostenentwicklung kann man sich auch ohne Phantasie vorstellen. Die Waldschlösschenbrücke hat die Region um Dresden nicht nur den Status UNESCO Weltkulturerbe gekostet, sondern auch schlappe 160 Millionen Euro (Vielleicht auch etwas mehr; die Fertigstellung soll 2012 sein... und wir haben jetzt Mitte August.) Die jährlichen Instandhaltungskosten werden derzeit auf über eine Million Euro beziffert. Dresden hat etwas über 500.000 Einwohner.
War d a s wirklich nötig?
Aber zwischen all den wichtigen Meldungen über magersüchtige US-Teenager, semi-prominente Fußballer-Ex-Ehefrauen und die 10.000 Wege zum Orgasmus ohne Sex bleibt einfach kein Platz in den Nachrichtenblättern und Gazetten dieser Welt. Mir geht es auch so: Eine attraktive amerikanische Schauspielerin wurde mit einem Bekannten fotografiert, der nicht ihr Lebenspartner ist. Das sind deutlich schönere Motive als ein paar Kieskutscher, die ein hochmodernes Technikgebäude für einen Bahnhof bauen. Womit ich mich in keinster Weise über hart arbeitende Menschen lustig machen will. Aber was kommt als Nächstes? Wird unser Schornsteinfeger künftig die Statik der öffentlichen Gebäude ausrechnen? Vor kurzem wurde ich Zeuge, wie ein Kraftfahrzeugmechaniker direkt aus der Werkstatt heraus einen Arbeitsvertrag als Entwicklungsingenieur für einen großen deutschen Automobilhersteller bekam. Das ist wohl der neue Trend: vom Tellerwäscher zum Alles-Könner. Ausbildung, Studium, Fachkenntnisse? Pah! Schauspieler müsste man sein ...
Vielleicht sollte ich mich an all den amerikanischen Hausfrauen orientieren, die ihr Leben mit Hilfe bunter Pillen erträglich machen. Und dann gehe ich in die Politik: Deutschland sucht den Super-Kanzler: Til Schweiger for President!!!
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