Die Russen sind bekanntlich ein trinkfreudiges Volk. Ich habe einen slawischen Nachnamen - nicht ganz zufällig, sondern als Ergebnis verschiedener historischer und ethymologischer Entwicklungen. Und ich lebe in einer Gegend, wo ein Bier früh morgens um zehn völlig normal ist. Es gibt Momente im Leben, da habe ich das Gefühl, diese Konstellation ist nicht gut. Andererseits ist Alkohol in meiner Wahlheimat nicht gerade billig, insbesondere Ende September, Anfang Oktober. So kommen mir die schwäbischen Wurzeln meiner Ahnen zugute. Einhundert Euro investiere ich lieber in Urlaub als in ein Besäufnis. Im Übrigen bevorzuge ich Wein. Was es nicht besser macht.
Ist doch gerade alles so verzwickt und vertrackt, dass ich bezweifle, ob solche Menge an Alkohol überhaupt existieren, um sich diese Welt schön zu trinken. Wo habe ich meine Kinder nur ausgesetzt?
Wir erhöhen die finanzielle Unterstützung eines bankrotten Landes mit der Begründung, wir profitierten später selbst von diesen Krediten - wenn auch unsere Liquidität nach vielen verpufften Milliarden zum Teufel geht. Um eine höhergestellte Person zu zitieren, die nicht namentlich genannt werden will: Wir zahlen unsere Schulden später mit unserer Kreditkarte. Super! Ich bin in einem überdimensionalen Monopoly gelandet. Noch eine Schlossallee, noch eine Zusatzsteuer, nur ins Gefängnis wandert schon lang keiner mehr. Statt dessen gibt es Boni, Abfindungen, Prämien - nur für die Guten, also die Bösen versteht sich.
Ergänzend dazu hat die WHO (vielleicht war es auch WWF oder CERN) festgestellt, dass Jugendliche von heute weltweit weniger über Sex und dessen Folgen aufgeklärt sind als vor zwanzig Jahren. Vielleicht hätte das jemand dem Heiligen Vater beim Heimatbesuch erzählen sollen. Als gute Nachricht der Woche quasi. Ich bin sicher, aus lauter Freude und Erleichterung wären gleich noch ein paar Hexen verbrannt worden. Ein Großinquisitor versteht sich hervorragend auf solche Dinge, das wissen wir. Allein schon die Stimme! Hat ihn jemand gehört? Der lässt Wasser zu Eis gefrieren, so kalt klingen seine Worte.
Aber nein, ich will hier keine persönlichen Ressentiments einfließen lassen. WIR sind Papst, das allein zählt. WIR tragen knallrote Designerschuhe für eintausend Euro. Könnten sich die meisten von uns sonst doch gar nicht leisten! Dass der gute Mann samt seiner kruden Ansichten direkt aus dem Mittelalter zu uns emporgestiegen ist? Da sehen wir lässig drüber weg.
Wenigstens passt er hervorragend zu den übrigen Granden neo-germanischen Ursprungs. Das Merkel, „Ich-Wolfgang-Kaiser-und-Gott“, der Rollende, all die Middelhoffs und Mehdorns und sonstigen Maximierungsspezialisten, was den eigenen Nutzen angeht. Monopoly-Monarchen par exellence.
Letzte Woche, die Woche davor und diese Woche stand ich mit meiner S-Bahn beinahe täglich irgendwo zwischen hier und dort auf den Gleisen. Stellwerkstörung, Signalstörung, die Geleise vom vorigen Zug belegt, gähn. Eine extra Tapferkeitspreis verdient der Fahrer, der per Lautsprecher morgens um acht einigen hundert Leuten erklären musste, dass „dieser Zug abgestellt“ würde. Zu viel los auf den Schienen, hieß es. Richtig kuschelig wurde es, als wir alle aus- und später in die nächste, leider schon vollbesetzte Bahn einsteigen mussten. Ich bin sicher, die DB, geritten, pardon geführt von Herrn Loch oder Falle oder wie er heißt, löst auch dieses Problem in naher Zukunft gewohnt gründlich, um nicht zu sagen bestgeplant: Die dritte Klasse wird ihr Revival erleben. Außen ein paar Trittbretter angeschraubt und aufs Dach Kissen und Taue. Die Logenplätze sind ganz vorn, im Ochsengeschirr vor dem Triebwagen. „Kein Pferd kann so tot sein, das wir es nicht mehr reiten können.”
Ein dreifaches Prosit der Gemütlichkeit! In nomine Santa Mafia, et Opus Dei et Spiritus Sanctus, damit's besser brennt. Amen.
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