Mein Blog liegt seit Wochen brach. An Zündstoff mangelt es eigentlich nicht. Aber an der Zeit und an der Schwierigkeit, skurrile Meldungen zu interpretieren. Wie zum Beispiel lässt sich diese Schlagzeile des heutigen Tages noch toppen?
http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-03/mehdorn-berlin-flughafen-ber
Zu diesem Thema muss man eigentlich nichts weiter sagen. Schon gar nicht, weil die aktuell etwa zweihundert Kommentare praktisch alle meine Gedanken vorweggenommen haben. Ein Leser fragt zum Beispiel, ob jemand diese Meldung liest, ohne laut loszulachen. Nun, wahrscheinlich nicht. Und als ob die Hiobsbotschaft allein nicht schrecklich genug wäre, klingt der zweite Satz in der Überschrift wie vom Meister des politischen Kabaretts persönlich: Mehdorn folge für Ramsauer einer patriotischen Verpflichtung. Wie bitte? Mehdorn, der alles ruiniert, was er in die Hände bekommt, nimmt nur Ramsauer zuliebe den nächsten Einsatz als Abrissbirne an. Was zum Teufel treiben die Männer und Frauen um Angela Merkel eigentlich gerade? Wurde ein interner Wettbewerb ausgeschrieben, wer sein Ressort am effektivsten und schnellsten an die Wand fährt? Ramsauer, oder Ramses, wie ihn findige Foristen zuweilen nennen, dürfte derzeit unangefochtener Anwärter auf den Spitzenplatz sein. Eigene Kfz-Kennzeichen für sämtliche Städte und Gemeinden über vierhundert Einwohner und ohne einen Hinweis, wie die zuständigen Landratsämter mit diesem größten gemeinsamen Vielfachen umgehen sollen, ein noch undurchsichtigeres Straf- und Punktesystem für Deutschland, jede Menge kaputte Straßen, Bahnhöfe und Geleise - und natürlich sein Engagement für Stuttgart 21. Eigentlich wollte er Mehdorn hier ins Boot holen, aber wenigstens der hat sich daran erinnert, dass da mit der Bahn schon mal was war, früher, vor vielen, vielen Jahren. Also dann eben die Flughafen-Baustelle, nachdem die Sache mit Air Berlin zuvor gründlich schief gegangen ist. Immerhin ist Mehdorn mit seinen gerade mal siebzig Lenzen doch noch voll in Saft und Kraft und kann ein bisschen Kleingeld gut gebrauchen, um seine magere Rente aufzustocken. Und die patriotische Verpflichtung ist erfüllt. Auf „wir sind Papst“ folgt „wir fahren uns an die Wand“. Frau Merkel lässt alles streichen, was ihr nicht gefällt. Armutsbericht? Von wegen! Auch Frau von der Leyen steht am Start zur verlogensten Politkerin des Jahres. Wer in Deutschland über 3000 € netto pro Monat zur Verfügung hat, gilt als reich! Irrelevant ist bei dieser Einstufung, ob man mit seinen vier Kindern in München lebt oder als glücklicher Single in Marktredwitz. Papier ist geduldig...
Dass Ramses die grüne Doppelspitze in Baden-Württembergs Landeshauptstadt allen Ernstes damit zu erpressen versucht, sämtliche Bahnfahrer Deutschlands müssten die Mehrkosten für den superteuren Bunker S21 durch höhere Fahrtkosten mittragen, wenn Stadt und Land sich weiterhin so bockig zeigten, entlockt einem da nur noch ein müdes Lächeln. Seit ich denken kann, werden die Fahrpreise zweimal pro Jahr erhöht. Also was soll man da noch schreiben? Im Herbst ist Wahl, und wahrscheinlich wird die Mehrheit der deutschen Bundesbürger den gleichen Fatalismus zeigen wie vor fünfzig Jahren, wie vor achtzig Jahren, wie schon immer. Määäh! Määäh. Lassen wir alles beim Alten. Der Durchschnittsbürger über fünfzig bekommt überhaupt keine Arbeit mehr, katastrophale Ex-Manager rutschen von einem hochdotierten Job in den nächsten, gleichgültig wie verheerend sich ihre Einsätze auch auswirken. Vielleicht wandere ich aus. In ein Land, weit weg von Europa. Mit Bergen, Kühen, meinem eigenen Gewehr, direktem Wahlrecht und hervorragendem Käse.
Confoederatio Helvetica, ich komme!
Auflösung: Määähdorn.
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Freitag, 8. März 2013
Freitag, 22. Februar 2013
Frage: Was ist flüssiger als Wasser?
Antwort: Lehrer, denn sie sind
überflüssig. Das war der Schülerwitz der Achtziger Jahre. Die Schulzeit ist vorbei; der Spruch hat inzwischen eine neue Bedeutung für mich gewonnen: Es gibt etwas, das flüssiger als Wasser ist: Geld. Auf jeden Fall
verdunstet es deutlich schneller.
Es gibt viele traurige Beispiele aus den vergangenen Jahren, die zeigen, wie einfach man ein gesundes, florierendes Unternehmen schnell und effektiv in die Pleite steuert. Wie die Existenz vieler tausend Mitarbeiter zugunsten der Gewinnmaximierung einiger weniger "Führungspersonen" verschachert wird. Paradebeispiele hierfür sind Thomas
Middelhoff mit Karstadt/ Arcandor, Anton Schlecker und dessen Drogeriekette oder Klaus Ostendorf (Müller Brot). Der Ablauf erfolgt stets nach dem gleichen Schema: Diverse Vorstände verdienen sich jahrelang eine goldene Nase mithilfe exorbitanter Boni und jährlichen Gehaltserhöhungen im zweistelligen Millionenbereich. Gut für sie, schlecht für die Angestellten, die, muss das goldene Kalb halb verhungert zur Schlachtbank, ihre Jobs verlieren und zuvor auch noch viel Geld, weil sämtliche Jahresleistungen und Sonderzahlungen vor dem Ende noch gestrichen werden, "in einem letzten Rettungsversuch". Frau Schickedanz ließ der Welt via BILD
mitteilen, wie arm sie durch die Insolvenz wurde („wir leben von 600 € im
Monat“) und Herr Middelhoff wollte allen Ernstes klagen, weil er doch komplett
unschuldig war an der Misere. Zu Schadenersatz wurde er trotzdem verurteilt. Zwischendurch wurde gar von einer finanziellen Schieflage des freundlich lächelnden Herrn gemunkelt. Sei's drum. An die Öffentlichkeit gedrungen
ist die Peinlichkeit übrigens wegen einer Luxus-Yacht, deren Miete längere Zeit nicht bezahlt wurde.
Aber so ist das mit dem lieben Mammon in Deutschland im Jahre 2013: Geld hat keinen Wert mehr. Weder für Wirtschaftsbosse noch für unsere Politiker. Frau Merkel will verhindern, dass Stuttgart 21 zum Wahlkampfthema wird. Deshalb will sie mittels ihrer Bluthunde, pardon, ihrer Mitarbeiter die Bahn, die anderen Projektpartner und die zuständigen Regierungsvertreter dazu zwingen, den abstrusen Bau trotz unabsehbarer Mehrkosten im März ganz schnell durchzuwinken. Koste es, was es wolle. Nein, nicht ganz. Sie hat Sparvorschläge daran geknüft. Und was bitte soll eingespart werden? Ein paar Gleise? Der Brandschutz, Rettungswege oder die Aufzüge und Rolltreppen? Wir besinnen uns zurück auf alte Werte, zum Beispiel das "sozialverträgliche Frühableben".
Aber so ist das mit dem lieben Mammon in Deutschland im Jahre 2013: Geld hat keinen Wert mehr. Weder für Wirtschaftsbosse noch für unsere Politiker. Frau Merkel will verhindern, dass Stuttgart 21 zum Wahlkampfthema wird. Deshalb will sie mittels ihrer Bluthunde, pardon, ihrer Mitarbeiter die Bahn, die anderen Projektpartner und die zuständigen Regierungsvertreter dazu zwingen, den abstrusen Bau trotz unabsehbarer Mehrkosten im März ganz schnell durchzuwinken. Koste es, was es wolle. Nein, nicht ganz. Sie hat Sparvorschläge daran geknüft. Und was bitte soll eingespart werden? Ein paar Gleise? Der Brandschutz, Rettungswege oder die Aufzüge und Rolltreppen? Wir besinnen uns zurück auf alte Werte, zum Beispiel das "sozialverträgliche Frühableben".
Man beachte bei Kostensteigerung und Muttis Bitte um Einsparungen, dass bis jetzt noch überhaupt nichts für den neuen Bahnhof gebaut wurde. Aktuelle Fotos der Baustelle zeigen das ausgehobene Areal für ein (längst dringend benötigtes) neues Technikgebäude und die Vorarbeiten zu einem (ebenfalls lange überfälligen) neuen Stellwerk.
Die Bahn räumt damit bereits vor Baubeginn ein ganzes Drittel Mehrkosten auf die vorher festgelegten Gesamtkosten von 4,5 Milliarden Euro ein. Milliarden! Entwickeln sich die Kosten auch nur ein klein wenig weiter wie beim BER, haben wir bis in 3 Jahren den Nomen est Omen Effekt: Stuttgart 21 = 21 Milliarden Euro. Die Bauzeit verlängert sich wohl genauso - räumt die Bahn auch jetzt schon eine Verspätung von einem Jahr ein. (Wie gesagt, noch ist nichts gebaut. Das liegt übrigens auch nicht an den bösen grünen Blockierern, sondern schlichtweg an fehlenden Genehmigungen vom Eisenbahnbundesamt.) Aber irgendwie interessieren sich eine ganze Menge Leute dafür. Zu viele, um einfach stur weiterzumachen. Also gibt es wieder ein Machtwort von der Kanzlerin. Es wird gebaut und damit basta! Schön, dass Frau Merkel in erster Linie an ihren eigenen Frieden denkt. Jeder hat eben andere Prioritäten.
Und Geld - ist flüssiger als Wasser, das wissen wir nun. Und ebenso flüssig wie die Moral unserer Politiker, Aufsichtsräte, Vorstände....
Montag, 14. Januar 2013
Partys und Pointen
Zum feierlichen Beginn des neuen Jahres besuchte ich eine Party. Nach etwa einer Dekade Abstinenz ist das eine seltene und daher um so freudigere Angelegenheit. Mit minderjährigem Nachwuchs ergibt sich kaum die Gelegenheit zu einer Abendveranstaltung. Man lädt keine größere Menschengruppe ein und erhält keine Einladungen. Schließlich befinden sich die Freunde in einer ähnlichen Situation wie man selbst, im ständigen Dauergalopp zwischen Kindergarten, Arbeit, Schule und den täglichen Routinearbeiten - was in der Natur der Sache liegt. Menschen mit Kindern sind eher unflexibel, weil Babysitter ein Vermögen kosten, die Großeltern sich den Luxus eines eigenes Lebens gönnen und der Nachwuchs - hat man das Glück einer zuverlässigen Aufsichtsperson - spätestens am nächsten Morgen um halb sieben wieder seine Rechte einfordert.
Für alles im Leben gibt es Zeitfenster, die einen sind größer, die anderen eher Glasbausteine. Die Öffnung für Feiern ist eine Luke, mal weiter offen, mal angelehnt; und bei mir sozusagen vorübergehend geschlossen. Vielleicht ergibt sich später wieder die Gelegenheit. Allerdings muss ich nach eingehender Überlegung gestehen, ich vermisse sie nicht, die wilden, feucht-fröhlichen Nächte in kleineren und größeren Kreisen. Eine Bekannten fragte mich kürzlich entsetzt, wie wir unsere Kinder für abendliche Einladungen loswerden, so ganz ohne einsatzfreudige Großeltern nebenan. Zuerst musste ich laut lachen, danach habe ich erklärt, dass wir in dieser Bredouille selten sind und im Nachhinein sinniert, warum mir das überhaupt nichts ausmacht:
Ich war noch nie ein Party-Löwe. Ausgehen, ja gerne, aber nur mit guten Freunden oder dem Partner. Inzwischen, mit einem voll ausgelasteten Tagesablauf, genieße ich den Abend mit einem interessanten Buch oder einem schönen Film. Gern umrahmt von einem feinen Essen und einem Glas Wein. Das geht zuhause ganz prima, dafür benötige ich weder Restaurants noch Service noch Babysitter.
Nun waren wir tatsächlich seit langem einmal wieder zu einer kleinen Silvester-Feier eingeladen. Sogar Kinder waren erlaubt, die anderen Gäste kamen ebenfalls mit Anhang. Es gab leckeres Bufett und festtagstaugliche Getränke für die Eltern, und im Nebenzimmer altersgerechte DVDs für den Nachwuchs. Und da wurde mir im Verlauf des Abends klar, warum mir die Partys nicht fehlen: Es ist meine Abneigung gegen Small Talk. Eine neutrale Unterhaltungen mit Fast-Fremden ist eine hohe Kunst, und ausgesprochen anstrengend. Beruflich lassen sich solche Situationen nicht vermeiden, aber privat bin ich ein Totalversager in diesem Ressort. Es mangelt mir am dazu nötigen Sinn für Diplomatie. Ich hüpfe statt dessen mit Elan von einem Fettnäpfchen ins andere, was in Verbindung mit einer gewissen Menge Alkohol verhängnisvoll wird. Ich liebe Politik, lebhafte Diskussionen und Gespräche, die mir eine neue Sichtweise eröffnen. Das ist nur mit Leuten möglich, die die gleiche Wellenlänge haben. Fehlt diese Voraussetzung, bleibt die Gesprächsabfolge einem Standard teu: Nach der Begrüßgung wird das einzige wirklich neutrale Thema, also das Wetter, ausgiebig beleuchtet, es folgt der Exkurs über Beruf und Karriere, der mit etwas Glück relativ schnell wieder zum Erliegen kommt, und nach einer längeren Gesprächspause die Witze-Phase.
Hier mein Favorit für die schlechteste Pointe 2012:
Zwei Freunde im Tennisclub. Beim Umziehen. Auf einmal schaut der eine den anderen verdutzt an.
„Sag mal, seit wann trägst du denn einen Büstenhalter?“
„Seit meine Frau ihn im Handschuhfach meines Autos gefunden hat.“
Ich habe gegoogelt: Er gilt als Klassiker.
In diesem Leben wird aus mir kein Party-Löwe mehr.
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