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Donnerstag, 7. August 2014

Frauengrauen

Erwähnte ich bereits, dass wir Frauen in den Vierzigern die Arschkarte gezogen haben? Männer gründen jetzt ihre erste oder zweite Familie, werden in Führungspositionen beordert und laufen nebenher locker den einen oder anderen Marathon.

Wir Frauen haben zeitgleich die picklige, pöbelnde, pubertierende Brut am Hals und kämpfen mit der Hormonschleuder Menopause. Beruflich sind wir seit unserem dreißigsten Lebensjahr ohnehin dem Untergang geweiht, und ebene jene Erzeuger unserer Teenager-Kinder, dynamisch und beflügelt vom beruflichen Erfolg, wirken mit Nachwuchs und grauen Schläfen geradezu magnetisch auf bindungswillige Endzwanzigerinnen mit Fortpflanzungsbedarf.

Tja Mädels, so ist das. Und was unternehmen wir dagegen? Nichts! Jede kämpft und leidet für sich alleine. Jungs lernen Mannschaftsverhalten und Teamgeist schon mit den ersten Schritten: Im Kindergarten spielt man Fußball, in der Grundschule rottet man sich zusammen und verdrischt gemeinsam einen Kleineren, Schwächeren: Das nennt man dann Überlebensinstinkt. Nur so war die Büffeljagd erfolgreich. An den genetischen Merkmalen aus der Steinzeit ist die Evolution schlichtweg vorbeigerannt.

Wir Frauen finden uns ab der magischen Vier in einem Dilemma, wo wir nur verlieren können: Es geht abwärts. Und es gibt weder die ewige Jugend, noch eine Reservebank für verpasste Gelegenheiten, auch wenn uns das diverse Ratgeber und Frauenmagazine weismachen. Obwohl wir es eigentlich besser wissen müssten, sitzen viele dem Ammenmärchen "50 sind die neuen 30" auf. Den ertappten Gläubigen zum Trost: Backwahn hatte auch viele Schafe, äh, Anhänger. Im Bekanntenkreis jedenfalls nimmt das Bedürfnis, wieder möglichst jung und frei zu sein, bisweilen kuriose Züge an:

Eine gute Freundin war in jungen Jahren sehr ambitioniert. Studium, High Professional, eigene Villa..., wie es sich gehört, alles nach Plan. Irgendwann kam der Nachwuchs. Anfangs Karrierefrau mit Kind, irgendwann nur noch Kind, Kinder, noch mehr Kinder, Supermutti war geboren. Arbeiten? Vielleicht irgendwann mal wieder.
Tatsächlich war die Lust  am Gluckendasein etwa eine Dekade später weg, und zwar von heute auf morgen, und sowas von vollständig! Der Job schrie "komm zurück", der Chef auch, und die Kinder hatten gefälligst groß zu sein. Nach über zehn Jahren Verwöhnprogramm heißt es für die Kinder heute DIY. Dass das älteste fast erwachsen und das jüngste im frühen Grundschulalter ist, kann man vernachlässigen. Sollen doch zusehen, wie sie klar kommen. Schulbesichtigung mit dem Jüngsten? Keine Zeit! Muss er eben mit Freunden mit. Mama hat Wichtigeres zu tun: Sie muss Bachblüten sammeln. Das geht eben nur nach einer Vollmondnacht. Für die anderen hat sie schließlich auch keine Zeit. Gleiches Recht für alle nennt sich das, egal ob 18 oder 8. Wenn die ehemalige Turboglucke nachmittags von der Arbeit heimfährt und ihr Kind an der Bushaltestelle sieht, fährt sie möglichst schnell vorbei, um zuhause noch ausgiebig die Ruhe zu genießen.

Eine andere Freundin startet seit der Geburt des vierten Kindes als Profisportlerin voll durch. In ihrem früheren Leben war sie Bankkauffrau, dann wurde sie Mutter. Und mit vierzig Lenzen erwachte der Ehrgeiz, die Leichtathleten aufzumischen. Aktuelles Ziel: die zwanzig Jahre alten Stadionrekorde sämtlicher Laufdisziplinen zu knacken. Mit Trainings- und Ernährungsplan arbeitet sie seit über drei Jahren akribisch darauf hin, endlich in die bayerischen Bestenlisten vorzudringen. Die Stadionrekorde zittern schon.
Immerhin, sie hat Zeit für ihre Kinder. Dafür verzichtet sie auf so dröge und zeitraubende Dinge wie arbeiten zu gehen.

Ich warne regelmäßig meinen Mann davor, was mir bei einer Midlife-Crisis alles einfallen könnte. Ganz oben auf der Wunschliste steht noch immer die Kreuzfahrt auf einem Partyschiff, all inclusive. Deutlich billiger und gut für mein Gemüt ist es, Kaffee zu trinken und über andere von der Schote zu ziehen. Leider lässt sich damit kaum Geld verdienen, aber billiger als eine Therapie, eine Scheidung oder die Besteigung des Mount Everest (wird auch gern genommen) ist das allemal.

Obwohl ... ein Ausflug nach Tibet ... mit einem Esel ...

=== Frauengrauen ===