Die fieseste Einrichtung für Arbeitnehmer ist nicht die
Zeiterfassung oder die Leistungsbeurteilung. Es ist auch nicht die Abschaffung
des Raucherzimmers oder die Einführung der kostenpflichtigen Parkplätze. Es
ist: der Sommerurlaub!
Bei der Planung der Reisezeit verscherzt man sich die
Sympathien sämtlicher Kollegen und des Chefs sowieso. Monatelang fiebert man
den zwei oder drei schönsten Wochen des Jahres entgegen. Die Planung geht
über viele Wochen, Flüge und Hotels werden gebucht, Fähren reserviert, Touren
und Mietfahrzeuge geplant. Die Kinder platzen schier vor Ungeduld. Doch nicht
umsonst heißt es, Vorfreude sei die schönste Freude. Die allerbeste Moment (manche
meinen gar, der schönste des Urlaubs) ist der, in dem der Motor des vollgepackten
Autos anspringt, der Flieger von der Startbahn abhebt, die Signalpfeife das
Anfahren des Zugs einleitet.
Just in diesem Augenblick beginnt das Abenteuer - und geht
damit seinem unweigerlichen Ende entgegen.
Wir erleben eine angehme Zeit, versuchen sie mit allen Poren
und jede Minute zu genießen. Und doch ist der Urlaub jedes Mal viel zu kurz,
viel zu schnell vorbei. Es kommt einem vor, als hätte man eben erst ausgepackt,
während man ratlos im Hotelzimmer vor seinem überfüllten Koffer steht mit all
den Souvenirs, den tollen Schuhen vom Markt, den schicken Kleidern, die es in
der Hotelboutique zum Schnäppchenpreis gab, und fragt sich, wo die Zeit
geblieben ist und was man schweren Herzens unterm Bett/ hinter der
Badezimmertür/ im obersten Schrankfach „liegen“ lässt, damit der Koffer
überhaupt wieder zu schließen geht.
Unser diesjähriges Ziel im Sommer war Schweden. Wir haben
eine Rundreise durch Astrid Lindgrens Smaland gewagt, von Trelleborg über Ystad
an der Ostküste nach oben, vorbei an Vimmerby und zurück zur Küste über Malmö.
Tatsächlich fühlt es sich eher an, als ob man von Bullerbü nach Katthult fährt.
Jeden Moment rechnet man damit, dass Rasmus mit dem Landstreicher Oskar aus
einer Scheune heraustritt. Wir haben viel gesehen und erlebt. Regelmäßig - und
nicht immer zur Freude der Kinder - wurden morgens alle Schlafsäcke, Kleider
und sonstiger Kleinkram verstaut, und am gleichen Abend war das Zelt in einer
anderen Ecke Südschwedens aufgeschlagen. Da die Reise von Bayern aus lang ist
und wir nicht wissen, wie schnell uns wieder der Weg dorthin führt, wollten wir
möglichst viel Eindrücke mitnehmen. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb,
ist die Zeit wie im Flug vergangen, und hastenichgesehn waren wir auf der
Fähre, die uns zurück nach Deutschland brachte. Ein bisschen wehmütig fährt man
auf das große Schiff und überlegt, was man künftig wohl vermissen wird: Für
mich sind das vor allem die freien Straßen. Selbst auf den Hauptstraßen zu
Stoßzeiten gibt es kaum Verkehr. Die wunderschönen roten Häuser mit den weißen
Fenstern und Türen werden mir fehlen. Und, da ich gern esse, die
unvermeidlichen Zimtschnecken und die leckere Kaviarcreme, die in Schweden als
Brotaufstrich verwendet wird. Ich habe mir einen kleinen Vorrat mitgebracht
(Kaviarcreme, nicht Zimtschnecken - dafür gibt's schließlich Google, Stichwort
"Rezepte"), doch die Haltbarkeit entspricht leider nicht der von
Zwergenbrot. Nun ja, auch Wehmut gehört zum Urlaub - dachte ich.
Gestern waren wir ein einem großen schwedischen Möbelhaus in
der Nähe. (Wir waren auch in Schweden in einem großen schwedischen Möbelhaus, das
sah genauso aus wie hier. Sogar die Produkte haben die gleichen Namen.)
Jedenfalls mussten wir einige der üblichen Kleinigkeiten besorgen
wie Duschvorhang, Teller, Servietten und ein paar Pflanzen. Gekrönt wurde
dieser Samstagsausflug zum Abschluss mit einem Hotdog-Menü am Ausgang. Und was
erblickten meine müden Augen beim Bezahlen unserer Hotdog- und
Kindertüten-Menüs? Eine Zimtschnecke. Warm! Und dazu Kaffee, soviel man möchte.
"Sssssst" hat es gemacht, und ich war wieder im Urlaub.
Während die Mannen unsere Errungenschaften Richtung
Parkplatz manövrierten, habe ich noch eine Runde durch den Shop gedreht. Das
allererste Mal. Und war gleich wieder im Urlaub - und werde auch immer wieder
ganz schnell dort sein können! Es gibt in diesem Schweden-Shop nämlich
Kaviaraufstrich zu kaufen. Und kleine Buchstabenkekse. Preiselbeeressig.
Karamellen. Elchwürstchen. Marabu-Schokolade. Dillsenf. Rezeptbücher mit
Zimtschnecken... Leider habe ich keine Tochter; ich müsste sie sofort umtaufen
lassen: "Maaaaaalin" (sprich Mooooorlin)!