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Sonntag, 21. September 2014

Urlaub für immer - jedenfalls fast


Die fieseste Einrichtung für Arbeitnehmer ist nicht die Zeiterfassung oder die Leistungsbeurteilung. Es ist auch nicht die Abschaffung des Raucherzimmers oder die Einführung der kostenpflichtigen Parkplätze. Es ist: der Sommerurlaub!

Bei der Planung der Reisezeit verscherzt man sich die Sympathien sämtlicher Kollegen und des Chefs sowieso. Monatelang fiebert man den zwei oder drei schönsten Wochen des Jahres entgegen. Die Planung geht über viele Wochen, Flüge und Hotels werden gebucht, Fähren reserviert, Touren und Mietfahrzeuge geplant. Die Kinder platzen schier vor Ungeduld. Doch nicht umsonst heißt es, Vorfreude sei die schönste Freude. Die allerbeste Moment (manche meinen gar, der schönste des Urlaubs) ist der, in dem der Motor des vollgepackten Autos anspringt, der Flieger von der Startbahn abhebt, die Signalpfeife das Anfahren des Zugs einleitet.

Just in diesem Augenblick beginnt das Abenteuer - und geht damit seinem unweigerlichen Ende entgegen.

Wir erleben eine angehme Zeit, versuchen sie mit allen Poren und jede Minute zu genießen. Und doch ist der Urlaub jedes Mal viel zu kurz, viel zu schnell vorbei. Es kommt einem vor, als hätte man eben erst ausgepackt, während man ratlos im Hotelzimmer vor seinem überfüllten Koffer steht mit all den Souvenirs, den tollen Schuhen vom Markt, den schicken Kleidern, die es in der Hotelboutique zum Schnäppchenpreis gab, und fragt sich, wo die Zeit geblieben ist und was man schweren Herzens unterm Bett/ hinter der Badezimmertür/ im obersten Schrankfach „liegen“ lässt, damit der Koffer überhaupt wieder zu schließen geht.

Unser diesjähriges Ziel im Sommer war Schweden. Wir haben eine Rundreise durch Astrid Lindgrens Smaland gewagt, von Trelleborg über Ystad an der Ostküste nach oben, vorbei an Vimmerby und zurück zur Küste über Malmö. Tatsächlich fühlt es sich eher an, als ob man von Bullerbü nach Katthult fährt. Jeden Moment rechnet man damit, dass Rasmus mit dem Landstreicher Oskar aus einer Scheune heraustritt. Wir haben viel gesehen und erlebt. Regelmäßig - und nicht immer zur Freude der Kinder - wurden morgens alle Schlafsäcke, Kleider und sonstiger Kleinkram verstaut, und am gleichen Abend war das Zelt in einer anderen Ecke Südschwedens aufgeschlagen. Da die Reise von Bayern aus lang ist und wir nicht wissen, wie schnell uns wieder der Weg dorthin führt, wollten wir möglichst viel Eindrücke mitnehmen. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, ist die Zeit wie im Flug vergangen, und hastenichgesehn waren wir auf der Fähre, die uns zurück nach Deutschland brachte. Ein bisschen wehmütig fährt man auf das große Schiff und überlegt, was man künftig wohl vermissen wird: Für mich sind das vor allem die freien Straßen. Selbst auf den Hauptstraßen zu Stoßzeiten gibt es kaum Verkehr. Die wunderschönen roten Häuser mit den weißen Fenstern und Türen werden mir fehlen. Und, da ich gern esse, die unvermeidlichen Zimtschnecken und die leckere Kaviarcreme, die in Schweden als Brotaufstrich verwendet wird. Ich habe mir einen kleinen Vorrat mitgebracht (Kaviarcreme, nicht Zimtschnecken - dafür gibt's schließlich Google, Stichwort "Rezepte"), doch die Haltbarkeit entspricht leider nicht der von Zwergenbrot. Nun ja, auch Wehmut gehört zum Urlaub - dachte ich.

Gestern waren wir ein einem großen schwedischen Möbelhaus in der Nähe. (Wir waren auch in Schweden in einem großen schwedischen Möbelhaus, das sah genauso aus wie hier. Sogar die Produkte haben die gleichen Namen.)

Jedenfalls mussten wir einige der üblichen Kleinigkeiten besorgen wie Duschvorhang, Teller, Servietten und ein paar Pflanzen. Gekrönt wurde dieser Samstagsausflug zum Abschluss mit einem Hotdog-Menü am Ausgang. Und was erblickten meine müden Augen beim Bezahlen unserer Hotdog- und Kindertüten-Menüs? Eine Zimtschnecke. Warm! Und dazu Kaffee, soviel man möchte. "Sssssst" hat es gemacht, und ich war wieder im Urlaub.

Während die Mannen unsere Errungenschaften Richtung Parkplatz manövrierten, habe ich noch eine Runde durch den Shop gedreht. Das allererste Mal. Und war gleich wieder im Urlaub - und werde auch immer wieder ganz schnell dort sein können! Es gibt in diesem Schweden-Shop nämlich Kaviaraufstrich zu kaufen. Und kleine Buchstabenkekse. Preiselbeeressig. Karamellen. Elchwürstchen. Marabu-Schokolade. Dillsenf. Rezeptbücher mit Zimtschnecken... Leider habe ich keine Tochter; ich müsste sie sofort umtaufen lassen: "Maaaaaalin" (sprich Mooooorlin)!