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Freitag, 28. Oktober 2011

Mit Kaffee und mit Humor …

... beugt man Stress erfolgreich vor... steht im Innenrand der Kaffeetasse, die mich durch den Arbeitsalltag bringt. Hätte ich mal leichter lesen sollen, bevor ich wegen meines ältesten Sohnes heute früh ausgetickt bin. Obwohl zu diesem Zeitpunkt schon die erste Tasse des Tages auf dem Tisch stand. Darf man Kinder eigentlich schlagen, weil sie sich die Hände nicht waschen? Klingt ziemlich grausig. Im Kontext vieler Jahre Darauf-Hinweisens und Immer-wieder-Nachfragens wird es vielleicht verständlicher: Irgendwann fällt die stabilste Seele dem Wahnsinn anheim. So stelle ich mir chinesische Folter vor. Gebetsmühlenartig sagt man: „Wasch dir die Hände!“ Zum Beispiel, bevor es zum Essen geht. Nach jedem Toilettengang lautet die Frage: „Hast du die Hände gewaschen?“ Und regelmäßig stellt sich heraus: nein! Gespült ist natürlich auch nicht.
So geht das Tag um Tag, Jahr um Jahr. Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo Eltern sich die Frage stellen: Wie lange noch? Es ist zermürbend, immer wieder dieselben Sätze zu sagen ohne gehört zu werden. Abgesehen davon, dass es mit zunehmendem Alter des Nachwuchses ausgeprochen unhygienisch wird. Wenn zum Beispiel am gedeckten Esstisch Hände in Schüsseln und Teller greifen, die tagsüber in der Schule, im Hort, in einem Kaufhaus und weiß Gott wo überall am Boden, in Bedürfnisanstalten und sonstigen geheimnisvollen Ecken und Löchern herumgefasst haben. Zumal mein Sohn gerne mal in meinen Teller fasst, weil er etwas Leckeres herausholen will oder (für ihn) weniger Leckeres hineinlegen.
Hinter mir liegen mittlerweile gut sieben Jahre vergebliche Erziehungsversuche, eine Explosion war unvermeidlich. Das Frühstück aus der Küche balacierend finde ich meinen lesenden Sohn am Esstisch vor. Die Morgentoilette war bereits verrichtet. Ohne weitere Maßnahmen. Meine Frage, ob er sich wenigstens die Hände gewaschen habe, bevor er an den Tisch kam, beantwortete er mit einem mürrischen „jaaa, habe ich“. Nach einer letzten Warnung ("ich sehe nach!"), ging ich nochmals ins Bad. Siehe da, das Waschbecken war trocken wie die Wüste Gobi. In diesem  Moment machte es „ping“. Zuerst bekam er sein Buch auf den Kopf und dann, im Badezimmer, zweimal Wasser ins Gesicht geschüttet. Trotz allen Zorn und Ärgers weigert sich mein Mutterherz, ihm richtig weh zu tun. Wobei ich weiß, dass selbst die Wasser-Aktion der Alptraum aller Pädagogen sein dürfte. Hilfe, ich bin ein Fall für die Super-Nanny, jene Frau, die anderen Müttern den Job erklärt, den sie bei ihren eigenen Kinder mangels Zeit Fremden überlässt.
Wie gern würde ich das auch manchmal!!! Ganz ehrlich, hätte ich ein paar Kinderfrauen, Putzfrauen, Au-pairs, Butler und Chauffeure zur Verfügung, ich wäre die Geduld in Person. Würde niemals schimpfen, meine Jungs ständig kosen und drücken und loben und motivieren. Ich wäre Super-Mutti! Leider fehlt der Mitarbeiter-Stab. Meine Kinder bringe ich selbst in den Kindergarten und hole sie wieder ab. Ich gehe mit ihnen zum Sport, richte ihr Essen und übernehme die Gänge zur Waschmaschine. Deshalb werden sich meine Kinder mit mir arrangieren und irgendwann lernen müssen, dass konsequentes Ignorieren von Regeln nicht unbedingt die beste Strategie für Erfolg ist. So wie ich selbst, meine Geschwister, mein Mann, meine Eltern, die Großeltern und sämtliche Generationen vorher.

Für Mutti gibt es jetzt noch einen Trotst-Kaffee und später wird der Große fest geknuddelt. Der darf heute übrigens ganz viel lernen und Klavier spielen und im Haushalt helfen. Habe ich ihm heute morgen versprochen…

Sonntag, 16. Oktober 2011

Neuer Trend zu alten Hüten

Mein neues Lieblings-Hobby ist Stricken. Keine Ahnung, warum, jedenfalls hat es mich schon einige Zeit in den Fingern gejuckt, nach langer Zeit wieder ein Kleidungsstück selbst zu schaffen. Früher habe ich mit einer Freundin um die Wette Pullover angefertigt. Es folgten zwanzig Jahre hemmungslose Konsumsucht. Irgendwann kennt man alle Online-Shops auswendig und findet doch nicht das Gewünschte. Jedenfalls nicht käuflich zu erwerben. Also wird man selbst aktiv.
Vielleicht liegen die Gründe aber auch viel tiefer, geboren aus der unterschwelligen Angst, demnächst vor dem kalten Nichts zu stehen, mitten in einer Wirtschaftskrise, in der Geld wertlos ist und die Regale in den Geschäften leer. Manchmal sehe ich die Szenerie vor mir: die Straßen wie nach einem Krieg leergefegt, die Häuser mit zerbrochenen Fensterscheiben, und die Bevölkerung kämpft ums Überleben. Man schachert mit Nachbarn und Bekannten, der Bauer wird bezahlt mit Omas altem Ehering, und die Kinder tragen umgearbeitete Kleider von Mama, Papa oder sonst wem, weil es keine neuen zu kaufen gibt.
Vielleicht tendiere ich deshalb derzeit zu Investitionen in dauerhafte Produkte. Ich kaufe nur noch ganz klassische Sachen, die garantiert die kommenden dreißig Jahre halten werden. Ich versuche, soviel wie möglich selbst zu machen, auch Brot. Und sollte ich demnächst ein paar Euro übrig haben, gibt es eine schöne Halskette vom Juwelier. Schmuck war in Krisenzeiten doch immer ein gutes Handelsobjekt. Ob das mit Wein funktioniert, weiß ich nicht. Auf jeden Fall bietet er die Möglichkeit, sich zwischendurch die Welt schön zu trinken.
Tatsächlich habe ich keine Ahnung, ob eine Krise bevorsteht. Geschweige denn, ob sich ein finanzieller Zusammenbruch überhaupt so dramatisch auswirken könnte. Vielleicht bin ich durch gewisse persönliche Umstände einfach überspannt und hypernervös. Das kann durchaus sein. Mein Seelenleben ist alles anders als stabil, da neige ich gern zu einem leichten Pessimismus. Wenn man drei Wochen lang jeden Tag mindestens fünfzehn Minuten zu spät zur Arbeit kommt, weil die S-Bahn inzwischen nach Rasputins Mondkalender fährt, dann liegen die Nerven blank. Also durchaus denkbar, dass ich weiße Mäuse sehe, die es nicht gibt. Oder drohende Versorgungsengpässe, die nie eintreten werden.
Tröstlich ist: ich bin nicht allein mit meinem Bedürfnis nach Autarkie. Im Radio erzählen Schüler, wie sie in VHS-Kursen Nähen lernen, die Bestseller-Listen werden nicht mehr von Krimis gefüllt, sondern von Ratgebern wie „Neue Möbel - selbst geschreinert“, „Der sichere Weg zur Selbstdiagnose“ oder „Überleben im heimischen Dschungel: Essbare Pflanzen der Großstadt“. DIY, der aktuelle Trend, ist übrigens die Abkürzung von „Do it yourself“, wie ich vor wenigen Tagen herausbekam. Da führte eine bekannte Frauenzeitschrift eine neue Rubrik zu genau diesem Thema ein. Es ging darum, wie man auf einem Balkon einen richtigen kleinen Garten anpflanzen kann. Mit Mini-Gewächshaus und der zeitlich optimalen An- und Aufzucht von nahrhaftem Gemüse.
Nun, ich habe einen kleinen Balkon, und eigenes Obst und Gemüse wollte ich schon immer. Andererseits: Man sollte sich nicht verrückt machen lassen. Es gibt keinen Grund zur Panik! „Sen“iore Bunga-Bunga-B. hat einen Pakt mit dem Teufel, das finanzielle Luftschluss wird noch viele Jahre stehen. Außerdem habe ich gar keine Zeit für Gartenarbeit. Auf mich warten fünf Kilogramm Wolle, die ich vorige Woche erworben habe. Daraus mache ich Schals, Mützen, Handschuhe und Pullover für meine Kinder, mich - und vielleicht auch für meinen Mann. Wenn er mir zu Weihnachten eine Perlenkette schenkt. Oder Anteile an einer Schafherde, einem Windpark oder einem Biobauernhof. Panik? Kenne ich nicht!

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Zivilisationskrankheiten

Diese Woche ist Weltstillwoche! Unter dem Motto: „Stille und rede darüber“ wird für mehr und längeres Stillen geworben. Wer überlegt sich so was? Ich habe im Zeitraum weniger Monate Schwangerschaft so viele Schilderungen blutender Brustwarzen, schmerzhafter Entzündungen und vor Hunger schreiender Kinder ertragen, dass es für dieses und das nächste Leben reicht. Anlass für die Aktion ist übrigens die erschreckende Tatsache, dass direkt nach der Geburt fast alle Säuglinge gestillt werden, nach sechs Monate jedoch nur noch 50%. Dann ungefähr bekommen die lieben Kleinen Zähne, beginnen sich fortzubewegen und zu sprechen. Säuglinge sollen sie bitteschön trotzdem bleiben! Was wäre nach Meinung der Still-Faschisten die korrekte Dauer? Sechs Jahre, bis zur Einschulung? Oder benötigen Kinder bis zum Eintritt ins Erwachsenenalter die mütterliche Brust?

Klänge es nicht arg sarkastisch, könnte man in Sachen artgerechter Haltung und falsch verstandenem Enthusiasmus einen Vergleich zum Umgang mit unseren Haustieren ziehen. Der hiesige Tierschutzverein hat jüngst ein Katzenhaus beantragt. Für die inzwischen mehr als einhundert beherbergten Katzen. Vermittelt können die armen Tiere nämlich nicht werden. Die Hürden für Interessenten sind zu hoch: ausschließlich Wohnungshaltung (Stubentiger!), keine Kinder, keine anderen Tiere, kein Eigenheim (weil meist mit Garten und somit Gefahr von Freigang), wahrscheinlich am besten auch keine weiteren Personen im Haushalt. Warum? Weil Katzen draußen von Autos überfahren werden können. Straßen lauern überall. Und weil Katzen die alleinige Aufmerksamkeit des Besitzers und dessen uneingeschränkte Zuwendung brauchen. Am besten rund um die Uhr. Also keine Bewegung im Freien und ständig jemand um sich. Wird bestimmt ein tolles Katzen-Leben.... Bei Hunden läuft es ganz ähnlich. Ein Schelm, wer auf den Gedanken verfällt, die Betreiber nähmen den Begriff „Tierheim“ wörtlich und die Vermittlung sei nur mehr ein Vorwand, um an staatliche Fördergelder zu kommen. Spenden werden auch gern genommen! Ein Tier bekommt man trotzdem nicht (Eigenheim, Garten). Sie sind absolut unbestechlich.

Was mag nächste Woche unseren unsterblichen Weltverbesserern einfallen? „Lasse Wasser und rede darüber“?
„Mach einen Einlauf vor Publikum“ ist leider schon vergeben. Das hat in den neunziger Jahren ein Performance-Künstler ausprobiert. Mit blauer Farbe. Waren das noch Zeiten!