Wo soll ich nun anfangen, wenn nicht beim Ende? Heute haben wir, meine Kollegen und ich, per Karte unseren bisherigen Redaktions-Boss verabschiedet. Es fand sogar jene Person warme Worte, die den Abschied herbeigeführt und sich dann beim offiziellen Ausstand vornehm zurückgehalten und ausgiebig ausgeschwiegen hatte. Kein Wort, keine Silbe des Dankes für einen Mitarbeiter, der im zweistelligen Jahresbereich mehr als die Hälfte der Mannschaft tapfer durch gute wie schlechte Tage gelotst hat. Dass die Ergebnisse nicht gut genug waren hat bis vor drei Monaten keine Rolle gespielt. Dann jedoch war es plötzlich "allerhöchste Zeit", ein paar wichtige personelle Änderungen vorzunehmen. Umstrukturierung nennt man das im Fachjargon; die politisch korrekte Umschreibung für Schikanieren und Rausscheißen. Der Entsorgungsprozess findet seit einigen Wochen etappenweise statt: Erst werden die Leute kalt-, dann vor die Tür gestellt. Zuerst musste ein externer Mitarbeiter über die Planke, doch der fällt weich, würde ich meinen. Dicht gefolgt vom Redaktionsleiter: Jener war vor einem halben Jahr noch fest im Sattel und wohlversichert, jetzt ist er möglicherweise arbeitslos. Es haben sich nach anfänglichen Planungen einige Geschehnisse selbst überholt, so dass das Ende viel schneller da war als gedacht. Natürlich ist er nicht der Letzte. Weitere Kameraden, äh, Kollegen werden in den kommenden Wochen aussortiert. Das an sich ist schlimm genug und nur mit viel Galgenhumor zu ertragen.
Doch eigentlich wollte ich von der Abschiedskarte erzählen: Alle anwesenden (und noch beschäftigten) Kollegen haben mit netten Worten und zahlreichen Dankeschöns Adieu gesagt. Nach so vielen Jahren der Zusammenarbeit dürfen dabei auch persönliche Anmerkungen nicht fehlen. So etwas wie: „Der Sex mit dir auf den Betriebsfeiern war immer sensationell.“ Das scheidet in diesem Fall zwar aus mehreren Gründen aus, aber Sie wissen, was ich meine.
Die meisten persönlichen Statements in dieser besagten Karte lauteten wie folgt: „Und hol dir endlich dein iPhone“, „dein i-Ulli“, oder „wir bleiben in iPhone-Kontakt - sobald du eines hast“.
Der Mann hat kleine Kinder, ein neues Haus, seine Schwiegermutter ist sehr krank - und er hat seinen Job verloren. Ich denke nicht, dass ein Smartphone sein größtes Problem ist. Und es ist gewiss nicht das i-Tüpfelchen, das unsere Zusammenarbeit ausgemacht hat. Jedenfalls nicht für mich. Ich bin schrecklich altmodisch, ich weiß.
Auch wenn es arg pietätlos klingt: Vielleicht hat Gott Steve Jobs zu sich geholt, bevor er zum „iGod“wurde.
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