Was macht einen guten Arbeitsplatz aus? Ein schneller PC, gut ausgeleuchtete Arbeitsbereiche, der ergonomische Stuhl mit Lordosenstütze? Ein generöser Chef, eine große Kantine oder Schulungen in Hotels mit güldenen Armaturen? Es ist heute schwierig, eine anständige, gut bezahlte Arbeit in einem produktiven Umfeld zu finden. Wenn man nicht einem besonders gefragten Beruf nachgeht, treibt man durch das Arbeitsleben wie auf einem Floß, immer von der Hoffnung getragen, es läuft halbwegs von allein und sinkt nicht unerwartet. Von diesem Risiko sind inzwischen sogar Angestellte des Öffentlichen Dienstes durch Zusammen- oder Stilllegung von Standorten betroffen.
Meistens ist man also schon zufrieden, wenn das Umfeld halbwegs stimmt, die zugeteilte Hard- und Software funktioniert und der Chef nicht allzu häufig unter Gallenkoliken leidet. Denn das Wichtigste am Job - mit dem ein Vollzeit tätiger Erwachsener etwa doppelt so viel Zeit zubringt wie mit der Familie - sind nicht Maschinen, Möbel oder Räume. Es sind die Menschen drum herum.
Es sind die Kollegen, die einen gern oder weniger gern zur Arbeit gehen lassen. Und es sind die Kollegen, die einem fehlen, wenn man das Betätigungsfeld wechselt. Ich hatte verschiedene Jobs, in ganz unterschiedlichen Branchen, von der Aushilfe bis zur Vorstandsassistentin, und ich habe alle irgendwann verlassen, um mir neue Herausforderung zu suchen. Meistens freiwillig. Aber egal, von welcher Seite des Tisches die Initiative ausgeht: Kündigungen sind nicht schön. Hernach folgt die große Ungewissheit. Wird es besser oder schlechter? Bekomme ich mehr Geld, einen interessanteren Job, neue Aufgaben?
Schwer gefallen sind mir die Trennungen trotzdem nie. Ich hänge nicht an Ritualen und Regelmäßigkeiten. Für mein Wohlbefinden sind keine stereotypen Hilfslinien nötig. Wo ich meinen Kaffee trinke, ist mir egal. Es entbehrt auch an Dramatik, Protokolle zu schreiben, Präsentationen vorzubereiten oder Bewerbungen zu prüfen. Das Einzige, das mir zu schaffen macht, sind die Abschiede. Mit meinen Arbeitskollegen hatte ich eigentlich immer Glück (bis auf wenige Ausnahmen, die gibt es bekanntlich überall): Ambitionierte Leute, die Leistung bringen wollten und auch mal für eine Spaß zu haben waren, interessante Menschen, die mehr zu erzählen hatten als den neuesten Büroklatsch, Personen, mit denen mich die gleiche Arbeitsauffassung und ähnliche Interessen verbanden.
Im vorigen Job habe ich häufig geraucht, weil die Arbeit so nervenzehrend war. Jeden Monat führte ich mindestens fünfzig völlig redundante Diskussionen mit erwachsenen Menschen, weil diese partout nicht einsehen wollten, dass bürokratische Notwendigkeiten leider unumgänglich sind, wenn ein Unternehmen auch vier Wochen später noch bestehen soll. Meist verbrachte ich diese Verschnaufpausen in Gesellschaft meiner Kollegin, die mich dann in ihrer ruhigen Art auf den Boden der sachlichen Sichtweise zurückholte. Verloren habe ich den Kampf schließlich doch. Es gab zu vieles, was nicht passte, und sogar fürs Einkaufen von Lebensmitteln fehlte die Zeit. Waren die Kinder im Bett, kam die Arbeit zuhause dran.
Inzwischen ist der Druck ist weg. Meine Abende genieße ich nicht mehr in der Küche oder im Waschkeller, sondern wieder ganz entspannt auf dem Sofa mit den „Mad Men“. Für jene, die die beste Serie des 21. Jahrhunderts noch nicht kennen: „Mad Men“ sind die Männer (und Frauen) der Madison Avenue, die saufend und qualmend die Welt der Werbung erklären. Nicht zu empfehlen, wenn man sich Alkohol oder Zigaretten abgewöhnen will!
Und da riss es mich dann doch wieder, ganz entspannt zu meinem Kaffee eine Genusszigarette zu rauchen, was doch bis vor kurzem ein liebgewordenes Ritual gewesen war. Ich stand da, ganz allein, und rauchte, und es war komisch. Nicht gemütlich, lustig und erhellend, sondern einsam und schal. Irgendetwas fehlte:
Anna, ohne dich schmeckt‘s nicht!
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