... klingt unglaublich toll und erwachsen und was weiß ich nicht alles. Reinhold Messner, Boris Becker, wahrscheinlich auch Kanzlerin und Katzenbergerin, sind sich einig, dass das, was uns im Leben wirklich weiter bringt, nicht die Erfolge sind, sondern die Niederlagen. Daniela Katzenberger löst bei Frauen, Männern und Jugendlichen gleichermaßen Begeisterung aus (ich weiß es, ich habe sie getroffen), die Kanzlerin ist die erste Frau in diesem Staat, und besagte Herren haben Maßstäbe in ihren jeweiligen Sportarten gesetzt. Was uns Normalos an diesen Menschen fasziniert, sind gewiss nicht die Geschichten, bei denen sie jämmerlich versagt haben. Was soll dieses Gedöns um das "wir wachsen an unseren Niederlagen"? Das ist doch wirklich billigstes Trostpflater. Klosterfraumelissengeist fürs Volk.
Ich gebe es zu: Ich käme ganz wunderbar klar ohne all diese bitteren Pillen, die man ständig schlucken muss. Sei es der vergebliche Gang zum Chef um mehr Geld, eine Absage für den heiß ersehnten neuen Job oder die leuchtende Erkenntnis, dass der Mann/ die Frau der Träume nicht seit Jahrzehnten auf einen wartet. Ich glaube, ich könnte es verkraften, auf Anhieb den einen oder anderen Erfolg zu haben. Ohne den mühsamen wie zermürbenden Umweg über all die bedauernswerterweise leider Neins. Im Endeffekt ist es nichts anderes als eine Watschn. Und wer möchte die freiwillig kassieren?
Warum verkaufen die uns das alle? Prügel zu beziehen, auch seelische, ist doch schön. Ich kann dem nichts abgewinnen. Nicht heute, nicht morgen. Ich kann auch nicht sagen, dass diverse Tiefschläge wichtige Reifeprozesse in meinem Leben ausgelöst hätten. Vielmehr entsteht eine immer dickere Mauer, die immer weniger Emotionen durchlässt. In beide Richtungen wohlgemerkt. Denn Niederlagen sind, was sie sind: Bitter, unangenehm und, je nachdem, traurig oder empörend. Vielleicht sollte das mal jemand unseren Vorbildern sagen. Genauso schlimm wie die Fotomontage von Personen für ein besseres Aussehen, möglicherweise sogar noch schlimmer, sind doch solche Sprüche. Was empfindet zum Beispiel ein pubertierender Teenie? Er kassiert eine Abfuhr, sieht sein pickliges, verheultes Gesicht im Spiegel. In dieser Situation milde lächelnd reifen - das ist doch blanker Zynismus.
Political Correctness: ich pfeif drauf. Und wenn ich mal wieder irgendwo die A-Karte ziehe, werde ich schimpfen und schreien und toben. Neue Idole braucht das Land: Rumpelstilzchen, komm an mein Herz!
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