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Donnerstag, 30. Juni 2011

Urlaubserinnerungen

Ich gebe es zu, ich habe einen Facebook-Account. Ich nutze ihn allerdings selten, da mich Grillwürste und Schokotorten anderer Menschen nicht interessieren. Noch weniger deren Auswirkungen in Form  abfotografierter Anzeigen einer Körperwaage (Aktualisierung vor und nach dem Stuhlgang). Oder Einträge wie „Die Sonne scheint“ respektive „Es regnet“. Danke, auch ich besitze Fenster.
Aus diesem Grund habe ich die Hälfte meiner Freunde wieder gelöscht oder deren Ergüsse ausgeblendet. Taktvollerweise ergeht keine Mitteilung an die Betroffenen. Übrig blieben nach der Selektion viele Zeitgenossen, die sich nur selten zu Wort melden. Dafür zeichnet diese Einträge dann wirklich etwas Besonderes aus. Gestern hat ein Freund aus Grundschultagen ein neues Foto eingestellt. Aufgenommen wurde es um 1980. Es zeigt seinen Vater, seinen älteren Bruder und ihn selbst vor ihrem orangefarbenen VW-Bus, fertig für die alljährliche Fahrt nach Griechenland.
Wahrscheinlich kennt jeder von uns dieses nostalgische Gefühl, das einen bei solchen Bildern überfällt. Unsere Kindheit war beständig: Möbel, Fahrzeuge, Urlaube, es war eine ganz eigene, streng geregelte Welt. Entsprechend wehmütig oder freudig wurde das Foto von anderen kommentiert.
Ich fragte mich bei diesem Bild, ob unsere Kinder später auch solche Empfindungen haben werden, solche Erinnerungen beim Anblick einer einzigen Szene. Und was könnte diese eine Szene sein? Ein verkaufsoffener Sonntag mit Flohmarkt bei Ikea? Liegestühle an Hotelpools rund um den Globus, die morgens um sieben mit einsamen Handtüchern belegt sind? Abgehetzte Weihnachtsfeiertage, an denen man von einer Familie zur nächsten vagabundiert?
Viel Beständigkeit gibt es in unserem Leben nicht mehr. Mobilität ist das Losungswort von heute, Kommerz und Flexibilität. Wir brauchen uns an keine Termine und Verabredungen mehr zu halten, wir haben Handys. Das Sofa, das wir vor zwei Jahren gekauft haben, passt nicht zum neuen LCD-Fernseher, also weg damit. Abenteuer mit Abschleppdiensten und Fremdenführern in Spanien, Honolulu oder der Türkei? Gibt es im Robinson-Club nicht.
Dafür gibt es mehrtägige Zwangs-Aufenthalte in überfüllten Flughäfen, Mama als strippende „Miss Marriott Mallorca“ oder die Taxifahrt über den Arlbergpass, weil Papa Stanton und Stuben verwechselt hat. Das menschliche Gehirn ist anpassungsfähig. Vielleicht finden wir das auch irgendwann lustig. Und träumen nur noch heimlich von alten orangefarbenen VW-Bussen.

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