In regelmäßigen Abständen, also ungefähr jeden zweiten Abend, ist bei mir Heimkino-Zeit. Dann haue ich mich mit einem guten Glas Wein aufs Sofa, lege eine Romantikschmonzette ein und schalte den Verstand auf Durchzug. Inzwischen habe ich eine richtige Sammlung von Filmen, bei deren Titel die meisten Männer bestenfalls Lachkrämpfe bekommen. Filme wie „Mitten ins Herz - ein Song für dich“, „Notting Hill“, „Holiday - Liebe braucht keine Ferien“ bis hin zu „Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit“. Zugegeben, die Titel allein klingen abschreckend. Zu lang, zu sperrig und furchtbar kitschig. Allerdings verbergen sich dahinter oftmals richtige Schätze, mit selbstironischen Schauspielern wie Hugh Grant oder einem kauzigen Jean Reno als unzufriedenem Sternekoch in „Jet Lag - wo die Liebe hinfliegt“. Im Original heißt dieser Film übrigens „Décalage horaire“, zu deutsch Zeitverschiebung. Eine meiner liebsten Szenen ist ziemlich am Anfang, als die ebenso aufgetakelte wie nervöse Kosmetikerin Rose (Juliette Binoche) ihr Handy während eines Telefonats aus Versehen ins Klo spült.
Genau das könnte mir auch passieren. (Und ein Grund mehr, warum ich auf ein iPhone verzichte.) Aber auch die übrigen neunundachtzig Minuten beschreibt Jetlag die Verrücktheiten unserer Gesellschaft und den täglichen, ganz normalen Wahnsinn sehr treffend. Und, das ist das beste daran, ohne Gewalt und literweise Blut.
Okay, Happy Ends sind im normalen Leben selten. Dafür reichen die Nachrichten der ersten vierzehn Tage dieses Jahres mindestens für die nächsten sechs Monate: jede Menge echtes Blut und Dramatik im Überfluss. Erschossene Juristen vor der Haustür, Titanic 2.0, ein lachender Kindermörder und der Sitzsieg der korrupten Politiker, wer braucht da noch Horrorfilme?
Deshalb flüchte ich abends: in schöne Filme mit lustigen Dialogen und traumhaften Landschaftsaufnahmen. Und weit weg von der Grausamkeit des realen Lebens.
Sehr empfehlenswert sind dafür auch Kinderfilme, zum Beispiel „Ferien auf Saltkrokan“ oder „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. (Früher ging es lediglich um drei Nüsse, aber das wurde wohl politisch korrekt umgeändert.)
Jedenfalls fühle ich mich nach dem Konsum solcher Filme entspannt und gestärkt genug, um wenigstens dem nächsten Tag wieder halbwegs gelassen ins Auge zu blicken.
Übrigens hat meine DVD „Mitten ins Herz“ einen Extra-Aufdruck. In Rosa, direkt neben der Altersfreigabe (ab 0) ist auf das Cover ein großer Kreis gedruckt mit der Inschrift „Was Frauen schauen“. Vielleicht bin ich ja gar nicht allein mit meinem Bedürfnis nach wenigstens „sechzig Minuten Harmonie pro Tag“. Womit ich endlich auch ein Motto für das Jahr 2012 habe.
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