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Freitag, 10. Oktober 2014

Der kleine große Unterschied

Ich habe mir Ärger eingehandelt. Ein Kollege bat mich vor ein paar Tagen um Rat und Unterstützung bei der Bedienung unseres Multifunktionskopierers. Der ist brandneu, ständig auf Standby und kann nicht nur bunt, sondern auch scannen, emailen und USB… Und fährt nach Beendigung eines Auftrags binnen weniger Sekunden in den Schlafmodus.
Um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen, muss man ganz exakte Befehle und genaue Vorgaben eingeben. Er schlummert sofort ein, wenn man nichts von ihm will. Will man ihn wieder nutzen, muss man auf eine grüne Lampe drücken und geduldig warten, bis er wieder richtig wach ist. 

Der Kopierer funktioniert wie ein Mann, sage ich immer.
Es ist die beste und kürzeste Erklärung für dieses hochfunktionale Gerät. Als mich besagter Kollege vor ein paar Tagen um Schützenhilfe bei einigen Scans bat, habe ich auch ihm diese Kurzanleitung gegeben. Da ich seit frühester Kindheit, eigentlich von Geburt an, in einer stark testosteronhaltigen Umgebung lebe, und inzwischen selbst einige Vertreter der Gattung Homo masculinus produziert habe, bin ich Männer-Fachmann. Oder Fachfrau? Egal. Auf jeden Fall bin ich – ganz neutral – Experte. Und bisher haben alle Ratsuchenden meine "Bedienungsanleitung" für unsere Hightech-Maschine richtig verstanden. Nicht dass Sie mich falsch verstehen. Ich mag Männer. Man muss lediglich wissen, wie sie funktionieren („komm nackt, bring Essen mit“). Und keine falschen Forderungen stellen wie mitdenken, ohne Aufforderung putzen, Bettwäsche wechseln, Socken wegräumen… Klare Statements funktionieren am besten: Du! Jetzt! Aufräumen! (Oder so ähnlich.) Hey, Jasper Jul, warum sind Belohnungen nicht gut?? Die wirken wahre Wunder.

Aber ich gebe ganz offen zu, es gibt Dinge, für die ich Männer gänzlich ungeeignet halte bzw. Bereiche, in denen Männer und Frauen einfach nicht kompatibel sind.
Frauenärzte sind ein sehr gutes Beispiel: Hinlegen und Beine breitmachen für einen Mann? Beim Sex jaaaa, beim Arzt: Aaaaargh! Schlimm, ganz, ganz schlimm. Ganz ehrlich. Man, also Frau, kann dann endlich genau nachfühlen, wie sich ein totes Rind beim Zerlegen fühlt. Wenn es noch dazu fähig wäre. Aber wollen wir das so genau wissen?

Eigentlich ist es verständlich: Der Kerl hat schließlich keine Ahnung, wie sich seine Finger an und in meinen Geschlechtsteilen anfühlen müssen, damit es neutral rüberkommt. Gestreichelt werden sollte bei dieser Gelegenheit definitiv nicht. Also gibt es nur grob oder sehr grob. Ganz ehrlich, und ohne böse Gedanken: Frauen sollten zu Frauen und Männer zu Männern, wenn es um die geschlechtsspezifischen Körperteile geht. (Meine Gynäkologin ist übrigens der gleichen Meinung.)  Ich kann auch nicht beurteilen, wie schmerzempfindlich Testikel sind. (Es reicht völlig, zu wissen,       d a s s  sie es sind...)

Das zweite Beispiel ist Workout. Ich liebe Sport, ich liebe Workout – aber mit Männern kann ich nicht trainieren. Sie mögen es mal gelernt haben, theoretisch. Vielleicht hat es sogar einer kapiert: Frauen und Männer sind verschieden. Auch körperlich. Und  nicht nur bei den Geschlechtsorganen. Aber als Frau bei einem Mann ein Workout-Training zu absolvieren ist wie Kraulen üben im Beachvolleyballfeld: es funktioniert nicht, frustriert, und man, also Frau, fühlt sich dabei einfach nur lächerlich. Der eine Instructor nimmt den Begriff „Powerworkout“ besonders ernst und zieht ein GSG-9-Programm durch, dass man nach 90 Minuten vor Erschöpfung zum Kotzen aufs Klo rennt. (Entschuldigung, aber schöner lässt sich das leider nicht beschreiben.) Der nächste versucht die verständnisvolle Softvariante („geht’s euch noch gut“ im Minutentakt), während die Gruppe verzweifelt gegen die SSS (Steh-Schlaf-Symptome) kämpft. Und der dritte macht einfach das ganz normale Training, das er sonst mit seinen Jungs durchzieht. Spritzige Musik – wer braucht den Scheiß. Problemzonen? Hat man mit regelmäßigem Training keine! Was die bisherige Trainerin gemacht hat? Mir doch egal. Ich mach mein Ding, und das ist gut so. (Danke Wowi. Du bist also doch ein Mann.) Yep, genau diesen Typus habe ich heute genossen: Eigentlich ist er Boxtrainer. Gut, dass er's gesagt hat, wir hätten es fast nicht gemerkt... Die ersten 45 (von 60) Minuten bestanden aus mehrere Varianten von Oberarmtraining im Ausfallschritt. Die letzten 15 Minuten habe ich mir erspart. Er hatte sie in der Vorstellung angesprochen: tänzeln und dabei abwechselnd die Arme nach vorn boxen. Wie überaus phantasievoll. Das wäre übrigens der Konditionsteil gewesen. Der Konditionsteil, der den Abschluss der Workout-Session darstellt.

Ich bin 40 Jahre alt und kämpfe wie jede andere Frau gegen die üblichen Begleiterscheinungen. Ich lege also weder besonders großen Wert auf die Kräftigung meiner Oberarme und Oberschenkel noch auf ein Konditionstraining "auf der Stelle laufen", um nebenher – total abwechslungsreich – die Oberarme zu trainieren. Außerdem sollte dem guten Mann dringend mal jemand erklären, dass Rocky längst in Rente ist. Verdient und zu recht und hoffentlich für immer! Das gleiche gilt für den Trainingsstil der 70er Jahre. Ist nicht böse gemeint, ehrlich nicht. Aber, und damit sind wir wieder beim Kopierer, Männern etwas zu erklären ist, vorsichtig gesagt, ziemlich schwierig. Ungefähr so schwierig, wie einem Kopierer etwas zu erklären.
Mein Kollege hat gestern gesagt, er überlege sich, zum Gleichstellungsbeauftragten zu gehen. Er fühle sich diskriminiert. Ein bisschen tut er mir leid. Gleich am Montag sage ich es ihm:

Wir haben keinen Gleichstellungsbeauftragten. Nur eine Frauenbeauftragte.  

Sonntag, 21. September 2014

Urlaub für immer - jedenfalls fast


Die fieseste Einrichtung für Arbeitnehmer ist nicht die Zeiterfassung oder die Leistungsbeurteilung. Es ist auch nicht die Abschaffung des Raucherzimmers oder die Einführung der kostenpflichtigen Parkplätze. Es ist: der Sommerurlaub!

Bei der Planung der Reisezeit verscherzt man sich die Sympathien sämtlicher Kollegen und des Chefs sowieso. Monatelang fiebert man den zwei oder drei schönsten Wochen des Jahres entgegen. Die Planung geht über viele Wochen, Flüge und Hotels werden gebucht, Fähren reserviert, Touren und Mietfahrzeuge geplant. Die Kinder platzen schier vor Ungeduld. Doch nicht umsonst heißt es, Vorfreude sei die schönste Freude. Die allerbeste Moment (manche meinen gar, der schönste des Urlaubs) ist der, in dem der Motor des vollgepackten Autos anspringt, der Flieger von der Startbahn abhebt, die Signalpfeife das Anfahren des Zugs einleitet.

Just in diesem Augenblick beginnt das Abenteuer - und geht damit seinem unweigerlichen Ende entgegen.

Wir erleben eine angehme Zeit, versuchen sie mit allen Poren und jede Minute zu genießen. Und doch ist der Urlaub jedes Mal viel zu kurz, viel zu schnell vorbei. Es kommt einem vor, als hätte man eben erst ausgepackt, während man ratlos im Hotelzimmer vor seinem überfüllten Koffer steht mit all den Souvenirs, den tollen Schuhen vom Markt, den schicken Kleidern, die es in der Hotelboutique zum Schnäppchenpreis gab, und fragt sich, wo die Zeit geblieben ist und was man schweren Herzens unterm Bett/ hinter der Badezimmertür/ im obersten Schrankfach „liegen“ lässt, damit der Koffer überhaupt wieder zu schließen geht.

Unser diesjähriges Ziel im Sommer war Schweden. Wir haben eine Rundreise durch Astrid Lindgrens Smaland gewagt, von Trelleborg über Ystad an der Ostküste nach oben, vorbei an Vimmerby und zurück zur Küste über Malmö. Tatsächlich fühlt es sich eher an, als ob man von Bullerbü nach Katthult fährt. Jeden Moment rechnet man damit, dass Rasmus mit dem Landstreicher Oskar aus einer Scheune heraustritt. Wir haben viel gesehen und erlebt. Regelmäßig - und nicht immer zur Freude der Kinder - wurden morgens alle Schlafsäcke, Kleider und sonstiger Kleinkram verstaut, und am gleichen Abend war das Zelt in einer anderen Ecke Südschwedens aufgeschlagen. Da die Reise von Bayern aus lang ist und wir nicht wissen, wie schnell uns wieder der Weg dorthin führt, wollten wir möglichst viel Eindrücke mitnehmen. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, ist die Zeit wie im Flug vergangen, und hastenichgesehn waren wir auf der Fähre, die uns zurück nach Deutschland brachte. Ein bisschen wehmütig fährt man auf das große Schiff und überlegt, was man künftig wohl vermissen wird: Für mich sind das vor allem die freien Straßen. Selbst auf den Hauptstraßen zu Stoßzeiten gibt es kaum Verkehr. Die wunderschönen roten Häuser mit den weißen Fenstern und Türen werden mir fehlen. Und, da ich gern esse, die unvermeidlichen Zimtschnecken und die leckere Kaviarcreme, die in Schweden als Brotaufstrich verwendet wird. Ich habe mir einen kleinen Vorrat mitgebracht (Kaviarcreme, nicht Zimtschnecken - dafür gibt's schließlich Google, Stichwort "Rezepte"), doch die Haltbarkeit entspricht leider nicht der von Zwergenbrot. Nun ja, auch Wehmut gehört zum Urlaub - dachte ich.

Gestern waren wir ein einem großen schwedischen Möbelhaus in der Nähe. (Wir waren auch in Schweden in einem großen schwedischen Möbelhaus, das sah genauso aus wie hier. Sogar die Produkte haben die gleichen Namen.)

Jedenfalls mussten wir einige der üblichen Kleinigkeiten besorgen wie Duschvorhang, Teller, Servietten und ein paar Pflanzen. Gekrönt wurde dieser Samstagsausflug zum Abschluss mit einem Hotdog-Menü am Ausgang. Und was erblickten meine müden Augen beim Bezahlen unserer Hotdog- und Kindertüten-Menüs? Eine Zimtschnecke. Warm! Und dazu Kaffee, soviel man möchte. "Sssssst" hat es gemacht, und ich war wieder im Urlaub.

Während die Mannen unsere Errungenschaften Richtung Parkplatz manövrierten, habe ich noch eine Runde durch den Shop gedreht. Das allererste Mal. Und war gleich wieder im Urlaub - und werde auch immer wieder ganz schnell dort sein können! Es gibt in diesem Schweden-Shop nämlich Kaviaraufstrich zu kaufen. Und kleine Buchstabenkekse. Preiselbeeressig. Karamellen. Elchwürstchen. Marabu-Schokolade. Dillsenf. Rezeptbücher mit Zimtschnecken... Leider habe ich keine Tochter; ich müsste sie sofort umtaufen lassen: "Maaaaaalin" (sprich Mooooorlin)!

Donnerstag, 7. August 2014

Frauengrauen

Erwähnte ich bereits, dass wir Frauen in den Vierzigern die Arschkarte gezogen haben? Männer gründen jetzt ihre erste oder zweite Familie, werden in Führungspositionen beordert und laufen nebenher locker den einen oder anderen Marathon.

Wir Frauen haben zeitgleich die picklige, pöbelnde, pubertierende Brut am Hals und kämpfen mit der Hormonschleuder Menopause. Beruflich sind wir seit unserem dreißigsten Lebensjahr ohnehin dem Untergang geweiht, und ebene jene Erzeuger unserer Teenager-Kinder, dynamisch und beflügelt vom beruflichen Erfolg, wirken mit Nachwuchs und grauen Schläfen geradezu magnetisch auf bindungswillige Endzwanzigerinnen mit Fortpflanzungsbedarf.

Tja Mädels, so ist das. Und was unternehmen wir dagegen? Nichts! Jede kämpft und leidet für sich alleine. Jungs lernen Mannschaftsverhalten und Teamgeist schon mit den ersten Schritten: Im Kindergarten spielt man Fußball, in der Grundschule rottet man sich zusammen und verdrischt gemeinsam einen Kleineren, Schwächeren: Das nennt man dann Überlebensinstinkt. Nur so war die Büffeljagd erfolgreich. An den genetischen Merkmalen aus der Steinzeit ist die Evolution schlichtweg vorbeigerannt.

Wir Frauen finden uns ab der magischen Vier in einem Dilemma, wo wir nur verlieren können: Es geht abwärts. Und es gibt weder die ewige Jugend, noch eine Reservebank für verpasste Gelegenheiten, auch wenn uns das diverse Ratgeber und Frauenmagazine weismachen. Obwohl wir es eigentlich besser wissen müssten, sitzen viele dem Ammenmärchen "50 sind die neuen 30" auf. Den ertappten Gläubigen zum Trost: Backwahn hatte auch viele Schafe, äh, Anhänger. Im Bekanntenkreis jedenfalls nimmt das Bedürfnis, wieder möglichst jung und frei zu sein, bisweilen kuriose Züge an:

Eine gute Freundin war in jungen Jahren sehr ambitioniert. Studium, High Professional, eigene Villa..., wie es sich gehört, alles nach Plan. Irgendwann kam der Nachwuchs. Anfangs Karrierefrau mit Kind, irgendwann nur noch Kind, Kinder, noch mehr Kinder, Supermutti war geboren. Arbeiten? Vielleicht irgendwann mal wieder.
Tatsächlich war die Lust  am Gluckendasein etwa eine Dekade später weg, und zwar von heute auf morgen, und sowas von vollständig! Der Job schrie "komm zurück", der Chef auch, und die Kinder hatten gefälligst groß zu sein. Nach über zehn Jahren Verwöhnprogramm heißt es für die Kinder heute DIY. Dass das älteste fast erwachsen und das jüngste im frühen Grundschulalter ist, kann man vernachlässigen. Sollen doch zusehen, wie sie klar kommen. Schulbesichtigung mit dem Jüngsten? Keine Zeit! Muss er eben mit Freunden mit. Mama hat Wichtigeres zu tun: Sie muss Bachblüten sammeln. Das geht eben nur nach einer Vollmondnacht. Für die anderen hat sie schließlich auch keine Zeit. Gleiches Recht für alle nennt sich das, egal ob 18 oder 8. Wenn die ehemalige Turboglucke nachmittags von der Arbeit heimfährt und ihr Kind an der Bushaltestelle sieht, fährt sie möglichst schnell vorbei, um zuhause noch ausgiebig die Ruhe zu genießen.

Eine andere Freundin startet seit der Geburt des vierten Kindes als Profisportlerin voll durch. In ihrem früheren Leben war sie Bankkauffrau, dann wurde sie Mutter. Und mit vierzig Lenzen erwachte der Ehrgeiz, die Leichtathleten aufzumischen. Aktuelles Ziel: die zwanzig Jahre alten Stadionrekorde sämtlicher Laufdisziplinen zu knacken. Mit Trainings- und Ernährungsplan arbeitet sie seit über drei Jahren akribisch darauf hin, endlich in die bayerischen Bestenlisten vorzudringen. Die Stadionrekorde zittern schon.
Immerhin, sie hat Zeit für ihre Kinder. Dafür verzichtet sie auf so dröge und zeitraubende Dinge wie arbeiten zu gehen.

Ich warne regelmäßig meinen Mann davor, was mir bei einer Midlife-Crisis alles einfallen könnte. Ganz oben auf der Wunschliste steht noch immer die Kreuzfahrt auf einem Partyschiff, all inclusive. Deutlich billiger und gut für mein Gemüt ist es, Kaffee zu trinken und über andere von der Schote zu ziehen. Leider lässt sich damit kaum Geld verdienen, aber billiger als eine Therapie, eine Scheidung oder die Besteigung des Mount Everest (wird auch gern genommen) ist das allemal.

Obwohl ... ein Ausflug nach Tibet ... mit einem Esel ...

=== Frauengrauen ===

Sonntag, 22. Juni 2014

Psychofolter Alltag

Unsere Gefängnisse sind voll. Mit Dieben, Lügnern, Vergewaltigern, Mördern, Steuerschuldnern... Alle, oder wenigstens die meisten davon wurden rechtmäßig entsprechend unserem BGB geahndet und verurteilt. Natürlich finde ich es völlig in Ordnung, dass ein Kinderschänder hinter Schloss und Riegel landet. Ich könnte noch besser damit leben, müsste er mit ein paar Rockern als Bettnachbarn einsitzen. Von einigen Ausnahmen abgesehen funktioniert der Arm des Gesetzes bei uns ganz gut, und Kapitalverbrecher werden oftmals als solche dingfest gemacht und weggesperrt.

Aber was ist mit den Verbrechern, die mein tägliches Leben zur Hölle machen? Welche Strafe bekommt der unselige Erfinder weißer Küchenfronten mit Zierleisten? Schmort der schon längt im Gefängnis? Oder noch besser im Fegefeuer? Denn da gehört er hin. So etwas kann sich nur ein Sadist ausdenken. Haben Sie eine Küche mit weißen Fronten und Zierleisten? Ich schon. Sie gehört zu unserer Wohnung. Allerdings sind die Fronten und vor allem die Kanten der Zierleisten nicht wirklich weiß. Sie sind gelb (Eigelb, Breie, Säfte), schwarz (angeklebter Staub), braun (Kaffee, Kaba, sonstige dunkle Flüssigkeiten). Und sie sind niemals sauber zu bekommen. Weder mit Akopads noch mit der Zahnbürste. Keine Chance, die lebenden Beweise unserer Nahrungszubereitung jemals rückstandslos zu entfernen.

Fehlgeleitete Produktentwickler und -Designer machen mir - und vielen anderen - das Leben schwer. Täglich! Es gibt so viele gute, aber in ihrer aktuellen Beschaffenheit zum Folterwerkzeug mutierte Erfindungen, die mich an scharfe, spitze Gegenstände und weiche Körperteile denken lassen. Eigentlich müsste ich dankbar sein, dass es Waschmaschinen und Wäschetrockner gibt. Eigentlich... Statt dessen empfinde ich blanke Aggression gegen die Schöpfer dieser Dinge, die meine Oma als Erfindung des Teufels bezeichnete. Meine Oma war eine kluge Frau. Ein Standard-Waschgang dauert bei meiner Maschine über eine Stunde. Dazu kommen mindestens 90 Minuten Trockenzeit. Das sind mit Ein-, Um- und Ausladen gut drei Stunden für eine Ladung Wäsche. Bei einem Fünf-Personen-Haushalt sind wöchentlich etwa vier bis fünf Waschladungen fällig, also 15 Stunden Wäsche pro Woche! Was für eine Verschwendung. Warum gibt es keinen Express-Waschgang, der in 20 Minuten alles fix durchschleudert? Ich fürchte, es liegt (auch) daran, dass Waschmaschinen von Frauen bedient werden (Single-Männer ausgeschlossen), aber von Männern entwickelt. Keine Frau, die bei klarem Verstand ist, überlässt freiwillig ihrem Mann die Wasch-Programmierung von Kaschmirpullovern, Seidenschals und Dessous. Wir haben den Selbst-Versuch gewagt: Mein Mann, eine Waschmaschine und meine weißen T-Shirts. Den Rest überlasse ich Ihrer Fantasie. Derzeit verbringe ich gefühlt den größten Teil meiner Freizeit in unserer Waschküche. Ganz ehrlich, ich wüsste durchaus was Besseres mit meiner Zeit anzufangen. Das ist ein klarer Fall von Freiheitsberaubung! Millionen von Frauen opfern täglich wertvolle Lebenszeit. Die lästige Bügelei habe ich dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Als ob die Arbeit selbst noch nicht schlimm genug ist, sind die dazu nötigen Geräte meistens auch noch abgrundtief hässlich. Ästhetik, doch nicht für langweilige Hausarbeiten! Bleiben wir beim Bügeln: Gibt es irgendwo coole Werbeplakate mit „Haben-Wollen-Bügeleisen“? Diesen seltsamen Trendbegriff belassen wir mal hübsch bei passenden Autos und Smartphones. Der Red-Dot-Award für ein Bügelbrett? Glatte Verschwendung: Ein Bügelbrett ist nicht sexy.

Viele weitere Gebrauchsgegenstände beleidigen mein Auge täglich aufs Neue: Fahrrad-Kindersitze zum Beispiel. Kein Mann, der diesen Namen verdient, schnallt sich freiwillig einen Griechen auf sein 4.000-€-Hightech-Mountainbike. Mutti schon. Zum Glück sind Fahrräder ohnehin ein frauenfeindliches Ressort. Da macht der hässliche Sitz den Kohl nicht fett. Seit frühester Teenie-Zeit fahre ich am liebsten Herrenmodelle. Damenräder sind weniger stabil wegen des tiefen Einstiegs. Als wäre das nicht schlimm genug, kann man ästhetisch ansprechende Damenmodelle an einer Hand abzählen. Für Männer gibt es sämtliche Varianten in erträglichem bis wunderschönem Design. Schicke Damenmodelle habe ich genau drei gefunden. Und dafür habe ich stundenlang am Laptop sämtliche europäischen Suchmaschinen durchforstet. Wo die Dinger verkauft werden, weiß ich noch immer nicht.
Bei Motorrädern wundere ich mich schon gar nicht mehr, dass deren Entwicklung konträr zur weiblichen Physiognomie verläuft. Motorräder sind Fahrzeuge und Fahrzeuge werden von Männern gemacht. Andererseits liegt der Frauenanteil beim Führerschein bei 50 %. Ein leichtes Motorrad wiegt heute knapp 200 Kilogramm. Ich absolute Durchschnittsfrau komme nicht einmal auf ein Drittel dessen. Fahren geht gut, aber zwischendurch sollte ich das Ding doch auch mal ohne Motor bewegen können. Nur wie?

Warum wurde eigentlich der Pranger abgeschafft? Wäre doch ganz nett, die Verursacher, diese Sadisten und Quälgeister, die unser Leben zur Hölle machen, dort ab und zu dem Frust der Betroffenen auszuliefern. Wir hätten garantiert ein paar weniger valium- und prozacabhängige Mitbürger. Vielleicht würde sogar mancher Platz in der Nervenheilanstalt frei.

Und wo ich gerade so schön in Fahrt bin: Wer wagt es, sich über eine Frauenquote von 3 % aufzuregen? Von mir aus wird die Geschlechtsklausel auf 100% erhöht, gleich morgen. Gern in Verbinden mit der Bedingung, dass die weiblichen Entscheider mindestens zwei Kinder haben müssen, besser noch drei oder vier, und pflegebedürftige Angehörige. Ausschlusskriterien sind Haushaltshilfen und ein sechsstelliges Jahresgehalt.
Wetten, dass künftig zur Grundausstattung von Häusern neben Türen und Fenstern Wäscherutschen aus jeder Wohnung direkt in den Keller gehören und Tiefgaragen mit Tor-Automatik. Es gäbe optisch ansprechende UND praktische Fahrräder, Kindersitze, Kinderwagen usw. zu einem bezahlbaren Preis. Geschmackvolle Designer-Rollatoren, -Rollstühle und -Krankenhausbetten, Waschmaschinen mit Express-Programm, und Küchenfronten, die keinen Schmutz annehmen.
Für Autos gibt es das längst!

Dienstag, 13. Mai 2014

Odel auf den Mai


Eigentlich wollte ich jetzt über den jüngsten Grand Prix d’Eurovision sprechen und das König der europäischen Schlagerschlacht. Weil La Wurst derzeit praktisch über die alleinige Medienhoheit verfügt, verzichte ich vorerst darauf. Sorry, Elaiza, eure Musik ist super und der Eurovision Song Contest so berechenbar wie - genau - wie das aktuelle Wetter.

Dimmer, Rolladen und Glühbirnen hauchen derzeit reihenweise ihr Leben aus, weil sie permanent überlastet sind. D a s Smalltalk-Thema schlechthin liefert im Minutentakt Stoff für die nächsten Monate: Standard-Situation jeden Telefonats mit Eltern, Tanten, Freunden, Lehrern, dem Dachdecker, der Verkäuferin im Sex-Shop, im Wartezimmer beim Zahnarzt, bei Tagungen, Polit-Sendungen und Fake-Hartz 4-Shows ist ein ausführlicher Dialog über die Witterung. Dummerweise herrscht hier in Mitteleuropa ein Klima, das innerhalb weniger Stunden locker Material für tagelange Diskussionen liefert. In den Tropen erschöpft sich eine vergleichbare Unterhaltung deutlich schneller als bei uns. Ich persönlich finde es ermüdend, gefühlte fünfzig Mal am Tag die Wolken von vorgestern zu analysieren. Erstens nützt es nichts, zweitens lebe ich in einem zivilisierten Land mit guter Kleidung, beheizten Häusern und hervorragenden Autos, drittens bin ich kein Landwirt. Fällt die Spargelernte aus, esse ich etwas anderes.

Warum ich mich heute trotzdem über den Zustand unserer Atmosphäre hermache ist ein lange gehegter Groll gegen den Ausdruck „April-Wetter“. Leute, habt ihr in den letzten Tagen aus dem Fenster gesehen? Wonnemonat Mai, dass ich nicht lache. Besonders beliebt vor allem bei jungen Frauen, die ab frühester Kindheit minutiös ihre Hochzeit in diesem Zeitraum planen. Ausführliche Spaziergänge am Wochenende? Vergiss es! Am Muttertag, ließen Kinder Drachen steigen. Mir war‘s zu windig, deshalb haben wir unseren Ausflug abgekürzt, wodurch uns eine Regendusche mit anschließender Hagelmassage erspart blieb. Heute ist es so eklig wie die Tage zuvor und den Rest der Woche. Unmittelbar danach soll angeblich der Sommer bei uns einkehren. Das bedeutet dann wieder von 5 auf 35°C - Achterbahn umsonst und gratis.

Also warum zum Henker heißt es „April, April, der macht, was er will“? Jeder andere Monat hat meteorologisch betrachtet mehr Launen. Achten Sie mal darauf! Wie war bei Ihnen zum Beispiel der Muttertag. Oder der erste Mai? Und nicht nur in diesem Jahr. Warum wohl sind die Eisheiligen im Mai zu finden. Eisige Erna klänge phonetisch ansprechender als kalte Sophie. Die Dame wurde wohl als Schlusslicht der kalten Jahreszeit ausgewählt, bevor der Hype auf den Mai begann. Mir gefällt das Frühjahr am besten , und April ist d e r Frühlingsmonat schlechthin. Niemand erwartet Badetemperaturen oder meterhohen Schnee oder was sonst immer die Besonderheiten der Jahreszeit sein mögen. Wir haben wunderschöne Wiesen mit Schlüsselblumen, nehmen gewohnheitsmäßig immer noch, auch bei Sonnenschein, eine Jacke mit, manchmal sogar den Regenschirm - und meistens umsonst. Ich bin im April geboren. Seit vielen Jahren beobachte ich die April-Verleumdung, anfangs kritisch, inzwischen mit stetig steigendem Missfallen: Keine Orkanböen mit Hagelstürmen, weder Eisregen noch Schneetreiben. Hingegen im ach so schönen Mai? Zieht man Winterjacke und Schneeschippe raus.

Achten Sie mal darauf. Und dann überlegen wir gemeinsam, wie wir so richtig übles Mistwetter in Zukunft politisch korrekt nennen.

P. S.: Gibt es in Island eigentlich auch einen Jahreszeitenbeauftragten?

Donnerstag, 20. März 2014

Penis-Neid

Es gibt viele Gründe, warum ich Männer um ihr Geschlecht beneide. Haha, genau, der auch: beim Pinkeln im Freien. Aber abgesehen von der Vorrichtung bei der Verrichtung gewisser Bedürfnisse gibt es noch etliche andere Dinge, die für uns Frauen unendlich viel anstrengender sind.

Das Haus verlassen zum Beispiel. Das ist etwas, bei dem es in meiner Beziehung regelmäßig, nennen wir es mal vorsichtig, Verstimmungen gibt. Mein Partner zieht Jacke und Schuhe an, schnappt seinen Schlüssel und geht raus. Ich ziehe mich um, schminke mich, richte die Haare, gehe in die Garderobe auf Schuhsuche, stelle fest, dass Witterung, Sohlenbeschaffenheit und Kleidung nicht optimal konvergieren, ziehe mich nochmals um, werfe eine letzten, prüfenden Blick in den Spiegel, auf die Heizkörper, die Fenster, den Herd, das Bügeleisen, in den Mülleimer, in den Kühlschrank, den Wäschekorb und so weiter. Daraus resultieren diverse Erledigungen, die auf dem Weg zum Auto oder an die frische Luft liegen, wie Abfall wegbringen, Trockner einschalten, Kartons in den Keller räumen...

Inzwischen sind zu unserem lustigen Reigen drei weitere Personen unter achtzehn dazugestoßen. Bei meinem Partner läuft es nun wie folgt: Er zieht die Schuhe an, schnappt Jacke und Schlüssel, manchmal noch ein bis drei Kinder, und geht. Und ich mache - siehe oben. Hinzu kommt der Generalcheck: Sind für jedes Kind Jacke/ Mütze/ Handschuhe dabei? Eine Trinkflasche, was zu Essen, was zum Umziehen, der Windelrucksack, die Kekse, was zum Lesen und zum Spielen für alle Fälle? Dann mache ich mich auf den Weg, vorbei an Mülleimern, Wäschekammern etc.

Mit etwa zwanzigminütigem Rückstand auf meine Jungs krieche ich verschwitzt ins Auto, das mit laufendem Motor schon halb auf der Straße steht. Vom Fahrersitz ertönt leicht genervt die Frage: „Warum brauchst du immer so lange?“ Meine erste Frage nach dem Einsteigen differiert von Mal zu Mal: Haben wir die Eintrittskarten/ die Geschenke für die Familie, etwas zum Lesen/ Essen/ Trinken/ Wickeln/ Spielen dabei? Haben alle ihre Mütze/ ihre Handschuhe/ ihre Jacke? Oder, in einem Anflug von Galgenhumor: „Sind alle da?“ Sie glauben nicht, wie oft ich dann nochmal aussteigen und zurück in die Wohnung muss.

Eine Möglichkeit, künftig deutlich schneller zu sein, wäre das Ende meiner Bemühungen um mein äußeres Erscheinungsbild. Womit wir bei einem weiteren triftigen Grund sind, im nächsten Leben ein Zipfelchen zu bekommen. Frauen werden nach der Optik beurteilt. Immer, überall und von jedem! Was nichts anderes bedeutet als: Wir müssen perfekt sein!

Ein Mann kann aussehen und tragen, was und wie er will. Wenn das kein Grund ist, neidisch zu werden. Dick, ungewaschen, mit alten, schlabbrigen Klamotten - es interessiert keine alte Bache, was ER beim Einkaufen trägt. Ausnahme Brautschau. Und selbst dann sind wir Frauen erstaunlich schmerzfrei. Geht SIE hingegen in ausgebeulten Trainingshosen und unfrisiert zum Supermarkt oder zum Tanken, ist sie eine - na, was? Genau. Schlampe! Das sagt vielleicht nicht jeder laut, aber der Gedanke drängt sich unwillkürlich auf. Frauen, und sind sie noch so unwichtig und unscheinbar, werden gescannt: Alter, Figur, Größe, Gewicht, Outfit - mit anderen Worten: „Taugt was“/ „Taugt nichts“. Derber ausgedrückt könnte man wohl die Prüfung auch reduzieren auf „Fickmaterial“ oder „Fluchtgrund“. Und diese Beurteilung erfolgt nicht nur durch Männer, bei denen sich die Taxierung vielleicht noch evolutionstechnisch begründen lässt. Warum sind wir Frauen mindestens ebenso kritisch gegenüber der Konkurrenz? Immer mal wieder ertappe ich mich selbst dabei. Jetzt haben wir eine coole, neue, erfrischende Frauenband, die uns beim Eurovision Song Contest vertreten wird. Die drei jungen Mädels aus Berlin trumpfen auf mit einem fantastischen Song, guten Live-Stimmen und echten Musikinstrumenten. Sie sehen nett aus und können auch richtig was. Aber was ist mein erster Gedanke, als ich die Vorauswahl sehe? Wer hat ihnen diese schrecklichen weißen Anzüge verschafft? Dabei ist das eigentlich sowas von egal. Erinnert sich jemand, was der geigende Gewinner aus Norwegen 2009 am Leib trug? Nein. Dafür ist die ukrainische Amazone mit den Lederfetzen (2004) noch jedem in Erinnerung. Wir müssen gar nicht so tief in die Vergangenheit. Welches Outfit trug Ihr Chef gestern? Oder der Nachrichtenmoderator?

Es gibt genau einen Vertreter der XY-Fraktion, dessen Kleidung regelmäßig Erwähnung findet: Thomas Gottschalk. Der kleine Narziss hat dafür dreißig lange Jahre mit allen Mitteln verbissen gekämpft.

Huch, mir rennt die Zeit davon. In einer halben Stunde muss ich meinen Sohn vom Kindergarten abholen. Sie wissen ja, was das bedeutet: Showtime!

Donnerstag, 20. Februar 2014

Rätsel

1. Was ist das?

Ein Parkplatz für 5½ Autos, belegt von drei Kleinwagen - was ist das?

Lösung: Abholzeit am Kindergarten!

2. Wie lange benötigen zwei Personen, ein Erwachsener und ein Kind, um während der Parkplatz-Rushhour in ein fünftüriges Auto einzusteigen und wegzufahren?

Sehr, sehr lange: Während des Weges zum Auto werden Vögel beobachtet, Schnecken gezählt und Spielverabredungen mit mindestens vier Kindern getroffen. Auch die Durchsicht des vierseitigen Elternbriefes sowie der heute erstellten dreißig Gemälde lässt sich am besten in der Kurzparkzone erledigen, während andere Eltern mit laufendem Motor auf einen freien Stellplatz lauern. Gefühlte Stunden später folgt der große Augenblick. Das Kind steigt ein, die Mutter zählt noch Ameisen am Boden und in der Luft - und dann klopft Mama an die Scheibe des voreiligen Sprosses, öffnet die bereits geschlossene Tür, lässt Junior wieder aussteigen, WEIL...  Da hat Mama ja so was Spannendes und totaaal Wichtiges zu zeigen, Bildung zum Anfassen quasi: Gemeinsam betrachten beide andächtig den Sahara-Staub, der sich beim letzten Regen sichtbar auf Straßen, Häusern, Fenstern, und natürlich den Autos unserer Stadt niedergeschlagen hat. Ich sehe ein, das hat höchste Priorität. Der gelbe Dreck ist ja erst seit zwei Tagen zu sehen und zuhause unmöglich zu erkennen. Überhaupt, Bäume, Vögel, Sahara-Staub, alles ist daheim weg; und das Telefon als Kommunikationshilfe wurde auch noch nicht erfunden. Gut, dass es vernünftige Kinder gibt, die irgendwann sagen, "Mammaaaa, wann fahren wir endlich los?"

3. Wie viel Zeit benötigt eine Person, ein Auto zu verlassen?

Noch länger! Eine andere Kfz-Lenkerin will ihr Auto verlassen. Oder auch nicht. Vielleicht leidet sie unter psychomotorischen Verlustängsten oder Park-Panik-Attacken. Jedenfalls steigt sie aus, geht zur Heckklappe ihres Fahrzeugs und öffnet diese. Darin sind eine große Tasche und mehrere kleine Kistchen. Achtung, es geht los:

Die Fahrerin hängt sich als erstes die große, gut gefüllte Tragetasche um. Dann fängt sie an, im Kofferraum herumzuräumen. Die schicke Tote Bag stört. Sie lässt sie von der Schulter gleiten, stopft etwas aus einem der Kistchen hinein, und hängt den Beutel ordentlich über den rechten Arm. Die Sortieraktion unter der Hecktür wird fortgesetzt. Irgendwie passt es noch nicht. Sie nimmt den Shopper erneut ab, stellt ihn in den Kofferraum, kramt darin herum, holt etwas heraus, tut was hinein, hängt ihn wieder auf die Schulter. Dann wird die große Räumaktion in den kleinen Kistchen fortgesetzt. Ich staune, wie kompliziert die Verwaltung von Handtasche und Kistchen sein kann. Oder ist das eine Zwangsneurose, die als Zeichen von Hyperintelligenz gilt? Es geht weiter: Abermals wird gekramt, bis die Henkel oberarmabwärts rutschen. Nochmals wird abgestellt, gekramt. Raschel, such, räum, Tasche hoch, Tasche runter - der Comic setzt sich fort, und mich beschleicht das ungute Gefühl, ich bin in einer Zeitschleife gelandet! Soll ich weitererzählen?

Und wenn sie nicht gestorben sind, stehen sie heute noch in der Kurzparkzone und sorgen dafür, dass die geschlossene Abteilung des hiesigen Krankenhauses gut ausgelastet ist.

Donnerstag, 13. Februar 2014

Mut zur Séance!

Mein PC zuhause schält sich regelmäßig selbständig ab. Es passiert stets nach dem gleichen Schema: Er rauscht laut auf, fiept einmal kurz, der Bildschirm wird schwarz, und dann ist er aus. Einfach so. Ohne Rücksicht darauf, ob der Film, der gerade im DVD-Laufwerk liegt, an einer superspannenden Stelle ist (hört Adrienne ihren Rocky?) oder ob im Sport-Livestream der Herren-Abfahrt gerade ein Athlet zu stürzen beginnt... Der Rest ist schwarzes Schweigen. Kein Update, keine Defragmentierung hilft, nur geduldiges Warten und dem Gerät gut zureden. Erst dann lässt er sich wieder hochfahren.

Ja, richtig gelesen: gutes Zureden hilft.

Hiermit oute ich mich offiziell als Feenistin: Ich bin der festen Überzeugung, Maschinen haben eine Seele - oder es sitzt jemand drin mit einer solchen. Am Anfang meines Erwachsenenalters habe ich das für mich behalten; man gilt schnell als überspannt, wenn die eigene Überzeugung nicht der gängigen BILDung entspricht. Heute weiß ich, ich bin nicht allein. Manchmal höre ich nach einem vertraulichen Dialog mit dem Multifunktionskopierer im Büro erleichtertes Seufzen und das geflüsterte Bekenntnis, dass noch mehr Angehörige der Gattung Homo sapiens sapiens mit Geräten kommunizieren. Nicht mithilfe von Geräten, sondern mit den angeblich seelenlosen, toten Instrumenten unserer Zivilisation selbst. Bin ich verrückt?

Sehen wir doch mal bei unseren Nachbarländern in die (Aber-)Glaubensschublade. Die Naturvölker sind außen vor. Wer an das Seelenleben von Tieren und Pflanzen glaubt, wird im Zeitalter von Problembär Bruno und Eisbär Knut selbst bei uns kaum noch als Spinner abgetan. Ganz im Gegenteil: Es gibt Pflanzenflüsterer und Floristik-Ratgeber, die mit Mozarts Unterstützung die schwächelnde Zimmerpalme zum Wachstum animieren. Die Praxis der hiesigen Hunde-Psychologin liegt in der teuersten Ladenmeile. Und Pferdeflüsterer sind dank Robert Redford so angesehen wie Mitglieder des Hochadels. Aber wer gibt schon eine Abneigung gegen einen Drucker zu? Existieren launische Kopierer? Oder gar Verkehrsampeln mit Eigenleben? Wer an Feen, Zwerge, Trolle oder sonstige mythische Figuren glaubt, ist fein raus. Der Ire beschuldigt einen Leprechaun, wenn das Auto an der roten Ampel aus- und nicht wieder angeht. In Schweden und Dänemark kann man Trollen etwaige Missgeschicke anlasten. Und 60 Prozent der Isländer glauben an Elfen, weitere 30 Prozent halten ihre Existenz immerhin für möglich. Das Bauamt von Reykjavik hat deshalb sogar eine Elfenbeauftragte.
Leider ist die germanische Mythologie bei uns fast komplett aus der Kultur gerutscht. Im europäischen Kontext gesehen bin ich ganz normal, wenn ich an kleine Geister glaube, die in Computern, Kameras, Autos und sonstigen Apparaten sitzen und gelegentlich unsere Aufmerksamkeit einfordern.
Und meine Erfahrung ist: Reden hilft! Ein längjähriger Feldversuch hat ergeben, bei technischen Instrumenten funktioniert es sogar besser als bei Menschen. Will mein Auto partout nicht anspringen, hilft ein bisschen Geduld und gutes Zureden fast immer. Hat irgendjemand schon mal erfolgreich ein bockiges Kind durch gutes Zureden kuriert???


„Warum druckt der jetzt nicht“, ist einer der häufigsten Sätze in deutschen Schreibkammern. Fragen Sie den Drucker beim nächsten Mal doch einfach direkt, warum er den Dienst verweigert. Ich lasse mich auch nicht gern bevormunden. Und sagen Sie viele Grüße von mir.