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Montag, 15. November 2010

An Niederlagen wachsen..

... klingt unglaublich toll und erwachsen und was weiß ich nicht alles. Reinhold Messner, Boris Becker, wahrscheinlich auch Kanzlerin und Katzenbergerin, sind sich einig, dass das, was uns im Leben wirklich weiter bringt, nicht die Erfolge sind, sondern die Niederlagen. Daniela Katzenberger löst bei Frauen, Männern und Jugendlichen gleichermaßen Begeisterung aus (ich weiß es, ich habe sie getroffen), die Kanzlerin ist die erste Frau in diesem Staat, und besagte Herren haben Maßstäbe in ihren jeweiligen Sportarten gesetzt. Was uns Normalos an diesen Menschen fasziniert, sind gewiss nicht die Geschichten, bei denen sie jämmerlich versagt haben. Was soll dieses Gedöns um das "wir wachsen an unseren Niederlagen"? Das ist doch wirklich billigstes Trostpflater. Klosterfraumelissengeist fürs Volk.
Ich gebe es zu: Ich käme ganz wunderbar klar ohne all diese bitteren Pillen, die man ständig schlucken muss. Sei es der vergebliche Gang zum Chef um mehr Geld, eine Absage für den heiß ersehnten neuen Job oder die leuchtende Erkenntnis, dass der Mann/ die Frau der Träume nicht seit Jahrzehnten auf einen wartet. Ich glaube, ich könnte es verkraften, auf Anhieb den einen oder anderen Erfolg zu haben. Ohne den mühsamen wie zermürbenden Umweg über all die bedauernswerterweise leider Neins. Im Endeffekt ist es nichts anderes als eine Watschn. Und wer möchte die freiwillig kassieren?
Warum verkaufen die uns das alle? Prügel zu beziehen, auch seelische, ist doch schön. Ich kann dem nichts abgewinnen. Nicht heute, nicht morgen. Ich kann auch nicht sagen, dass diverse Tiefschläge wichtige Reifeprozesse in meinem Leben ausgelöst hätten. Vielmehr entsteht eine immer dickere Mauer, die immer weniger Emotionen durchlässt. In beide Richtungen wohlgemerkt. Denn Niederlagen sind, was sie sind: Bitter, unangenehm und, je nachdem, traurig oder empörend. Vielleicht sollte das mal jemand unseren Vorbildern sagen. Genauso schlimm wie die Fotomontage von Personen für ein besseres Aussehen, möglicherweise sogar noch schlimmer, sind doch solche Sprüche. Was empfindet zum Beispiel ein pubertierender Teenie? Er kassiert eine Abfuhr, sieht sein pickliges, verheultes Gesicht im Spiegel. In dieser Situation milde lächelnd reifen - das ist doch blanker Zynismus.
Political Correctness: ich pfeif drauf. Und wenn ich mal wieder irgendwo die A-Karte ziehe, werde ich schimpfen und schreien und toben. Neue Idole braucht das Land: Rumpelstilzchen, komm an mein Herz!

Sonntag, 7. November 2010

Eine Frage des Humors

Erinnern Sie sich noch an das erste populäre Programm von Michael Mittermeier, in dem eine Dicke und eine Dünne zusammen laufen und die Dicke heult: "Buhuhu, keiner will mich ficken!" So ähnlich geht es mir auch ständig. Also nicht exakt, das ist (noch) nicht das Problem... Der Hormonhaushalt ist ausgegleichen. Naja, zu wenig Sex hat man ja eigentlich immer. Aber ich schweife ab. Mein vordringliches Problem lautet: Buhuhu, keiner versteht meine Witze!" Wahrscheinlich ging es besagtem "Comedian", wie es neuhochdeutsch so schön heißt, ähnlich. In jenem Programm war der Humor hintersinnig und mit reichlich Zwischentönen versehen, eine ordentliche Allgemeinbildung voraussetzend. Inzwischen tituliert er ohne Sinn und Zweck harmlose Besucher seiner Vorstellungen mit berühmt-berüchtigten männlichen Vornamen. Reichlich platt, aber alle (anderen) Besucher brüllen vor Lachen. Meine Witze sind harmloser, von der Art "na, darfst du mit deinen 19 Jahren jetzt schon allein Auto fahren". Sind meine Äußerungen zu kompliziert? Oder schlimmer noch, ist es nicht mehr üblich, Scherze zu machen? Ich bin im Zweifel bezüglich meiner Wirkung auf andere Menschen! Geht es nur mir so? Ich habe Angst, eines Tages versteht mich niemand mehr auf dieser Welt. Ich sehe die Szene deutlich vor mir: Ich sage etwas und ernte bei den einen mitleidiges Kopfschütteln und bei den anderen böse Beschimpfungen. Wenn ich erklären will, dass das alles gar nicht  wörtlich gemeint war, drehen sich die wütenden Menschen um mich herum weg und lassen mich einsam und verlassen stehen. Buhuhu, keiner versteht meine Witze! Vielleicht sollte ich die Bibel meiner Kollegen, die B...-Zeitung, auch zu meiner Offenbarung machen und mein Niveau um geschätze 1.000 Punkte senken. Mir Jungle-Camp und Tine Wittler als Endlosschleife reinziehen und meine körperlichen Bedürfnisse den Werbepausen anpassen. Dann, ich bin sicher, versteht mich diese Welt wieder. Oder ich sie. Vielleicht. Es gibt nur einen Haken: Ich bin seit 17 Jahren glücklich ohne TV, und jedesmal, wenn ich etwas vom gebotenen Programm mitbekomme, weiß ich, das ist nicht meine Kultur. Und die Moral von der Geschichte? Ich finde mich damit ab, dass ich niemals zur breiten Masse gehöre und nicht jeder meinen Humor teilt. Immerhin, es gibt sie. Die Ausnahmen!

Mittwoch, 3. November 2010

High Noon in Deutschland

Die Uhr nähert sich der zwölften Stunde. Die Unruhe im Raum steigt überproportional zum vorrückenden Sekundenzeiger an. Der Geräuschpegel schwillt vom üblichen Summen an zu lautem Rufen und Kreischen. Nein, es ist nicht die Geisterstunde. Es ist Mittagszeit in deutschen Büros. Dabei ist es völlig wurscht, ob in einer Bank, in einer Spedition, in einer Agentur oder in einem Verlag. Ich habe Hunger und darf nicht mit. Das ist das harte Los der Teilzeitkräft. Schnief. Dafür verschwinde ich unter den neidischen Blicken meiner Kollegen am frühen Nachmittag. Was zwar grundsätzlich eine schöne Sache ist, die eigentliche Problematik jedoch nicht entschärft: Alles geht zum Essen - nur ich nicht. Ich darbe an meinem Arbeitsplatz und beobachte den Sekundenzeiger, der für mich im gefühlten Minutentakt vorwärts marschiert. Zeit ist eine merkwürdige Einrichtung. Jeder hat seine eigene, Stunden werden nach Bedarf hin- und hergeschoben und das Foucaultsche Pendel ist doch eigentlich der einzig zuverlässige Zeitmesser. Nur: Welcher Zeit? Meine Zeit jedenfalls ist fast um. In welcher Hinsicht lasse ich jetzt dahingestellt, das weiß man ohnehin nie genau. Als dann: Gute Zeit.