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Donnerstag, 25. August 2011

Abstruse Theorien - leider unerforscht

„Gelangweilte Forscher haben herausgefunden ...“ lautet unser privater Running Gag bei Schlagzeilen wie: „Warum Stress krank macht“ (huch), „Kein Sex schadet der Beziehung“ (Sex???), oder auch „Der Zensus 2011 hat ergeben: Alleinerziehende in D haben am wenigsten Geld zur Verfügung“ (heißer Kandidat für die „Erkenntnis des Jahrhunderts“). Es bedarf ohne Frage vieler Millionen oder gar Milliarden Euro (spendiert von wem eigentlich?), um zu solch bahnbrechenden Weisheiten zu gelangen. Hochbezahlte Fachkräfte befassen sich ausführlich mit sinnfreien Überlegungen, mit Theorien, die bereits Kindergartenkinder logisch beantworten könnten - wäre Sex und Stress in diesem Alter ein Thema. 

Mich interessieren ganz andere Rätsel der Menschheit:
Zum Beispiel: Warum fallen begabte Kinder mit dem falschen sozialen Hintergrund in unserer Gesellschaft durch? Wer die falschen Eltern hat, bekommt keine Chance auf gute Noten. Warum kann man den Schulablauf in Deutschland nicht so gestalten, dass es Chancengleichheit gibt auf eine anständige Schul- und Ausbildung? Warum bleiben über zehn Prozent ohne Schulabschluss auf der Strecke und unzählige andere hoffnungslos unter ihren Möglichkeiten?
Oder: Beinahe jeder Erwachsene hat Knieprobleme. Liegt es womöglich daran, dass unser Skelett mit der Industrialisierung nicht Schritt halten konnte? Dass unsere Gelenke den asphaltierten Wegen nicht gewachsen sind, auf denen wir seit ungefähr vierzig Jahren allerorts wandeln? Nicht der teuerste Schuh mit der besten Dämpfung kann die Schläge absorbieren, die unsere Knochen und Bänder bei jedem Schritt auf Gehwegen, Straßen, betonierten Terrassen und Höfen malträtieren. Vielleicht wäre es höchste Zeit, von der Betonierwut abzukehren und wieder mehr weichen Untergrund zuzulassen.
Oder: Was zieht Menschen in überfüllte Hotels, Freibäder und Fußballstadien? Finden sie es schön, Handtuch an Handtuch am Strand oder Haut an Haut in einem geschlossenen Raum, wie - pardon - bei der Massentierhaltung?
Oder: Warum gilt Urlaub erst dann als solcher, wenn man ein paar Tausend Kilometer im Flieger zurückgelegt, unruhige Nächte in fremden, verunreinigten Betten und halbe Tage im Nahkampf an einem überfüllten Buffet verbracht hat (s. o.)?
Oder: Wie wirkt sich Fernsehen auf unsere Gesellschaft aus? Was passiert mit Kindern, die ohne TV groß werden? Womit beschäftigen sich Erwachsene, falls die Dauerberieselung „live“ aus dem Dschungel, von der Alm oder aus der Gosse ersatzlos gestrichen wird?

Und warum ist die Papierrolle im Halter grundsätzlich dann leer, wenn i c h auf Toilette gehe? Wenigstens hier kenne ich die Antwort: Männer glauben an nachwachsende Rohstoffe!

Freitag, 19. August 2011

Ja, aber...

Ich hatte sie, die beste Idee des Jahres. Innovativ, zeit- und energiesparend. Würdig, den Nobelpreis zu gewinnen. Zumindest die Auszeichnung "Mitarbeiter des Jahres". Bis mein Chef nach meinem Vortrag derselben gedankenverloren den Kopf schüttelte und ansetzte zu einem gedehnten "jaaa, aber".
Das lange gehegte Traumauto, eisern erspart, heiß ersehnt. Man erzählt vom geplanten Kauf der Vertrauensperson No. 1, der älteren Schwester, dem Freund, der Oma. Und sie freut sich mit, lächelt, nickt. Tätschelt einem den Arm. Macht den Mund auf und sagt: "Ja, aber...".

Das Vorstellungsgespräch für den Traumjob läuft fantastisch. Die Vorbereitung war perfekt, das Outfit entspricht dem Dresscode, keine Frage blieb unbeantwortet. Das Gegenüber schiebt die Unterlagen zusammen, fasst den guten Eindruck in Worte und leitet die Verabschiedung ein - mit "ja, aber".
Die Wohnungsbesichtigung ist beendet. Größe und Schnitt ein Highlight moderner Architektur, in zentraler Lage zu einem moderaten Preis. Die Selbstauskunft könnte nicht vorteilhafter ausfallen. Der Makler liest aufmerksam, steckt die Dokumente in seine Aktenmappe und streckt die Hand aus. Der Sieg ist greifbar. Da folgt ein kleiner Satz vom Vertreter des Eigentümers. Er beginnt mit den Worten "ja, aber". Das Leben könnte so schön sein, ohne diese beiden Worte.

Gestern sah ich wie jeden Abend nach meinen schlafenden Kindern, bevor ich zu Bett ging. Mein ältester Sohn träumte. Er wältzte sich auf die andere Seite, seufzte und sagte laut und vernehmlich: "Ja! Aber".

Dienstag, 16. August 2011

Der Fluch der Realitätsflucht

Meinem Mann war langweilig. Ich habe ihn in der letzten Zeit wohl zu wenig in Atem gehalten. Möglicherweise sind auch die Kinder zu brav. Er surfte in den letzten Wochen stundenlang im weltweiten Spinnennetz und verglich und rechnete so lange, bis er einen neuen Handy-Anbieter gefunden hat, mit dem er seine horrenden monatlichen Rechnungen von einem Euro zwanzig und ähnlichen Beträgen unterbieten kann. (Ich bediene das Klischee der schwatzhaften Frau: Meine Handy-Rechnung bewegt sich zwischen drei und acht Euro.)
Jedenfalls bringt uns der neue Handy-Vertag - sonst verdiente ein Mann diese Bezeichnung nicht - natürlich noch jede Menge Extras ein. Eine neue Fritz-Box, ein neues Festnetztelefon, neue Handys zum Sonderpreis, neue Kabel, Batterien und Kabelbinder und, das Beste zum Schluss, den Zugang zu einem Internet-Filmportal.
Wir sind übrigens überzeugte Fernsehverweigerer, falls ich das bisher nicht erwähnte. Ich finde das TV-Programm so erbärmlich schlecht, dass der Totalausfall sämtlicher Antennen und Sendemasten weltweit nach meinem Empfinden ein größerer Segen für die Menschheit wäre als die Erfindung des Penicillin. Deshalb besitze ich seit meinem neunzehnten Lebensjahr keinen Empfänger mehr. Schöne Filme gibt es zuhauf, die sehe ich mir auf DVD an, bequem am Laptop oder seit neuestem in unserem Hauskino per Beamer. Der Vorteil dieser Scheiben ist, dass man sehr genau selektiert, was man kauft oder leiht. Immerhin geht es um viel Geld, jedenfalls für mich als Schwabe.
Das Internet-Filmportal hingegen ist gratis, zumindest bei manchen Filmen. Aktuell befinde ich mich in der Testphase: Seit fast eineinhalb Stunden rege ich mich bis zur Weißglut darüber auf, dass es dermaßen schlechte Filme gibt. (Richtig geraten: Es ist eine Produktion für Beelzebub Fernsehen.) Jeden Dialog kann man fünf Minuten im Voraus soufflieren. Von der Handlung ganz zu schweigen. Das Traumschiff erscheint einem dagegen als reinster Nibelungenring. Zumindest gibte es dort Schauspieler, die diese Bezeichnung verdienen. In dieser typischen Sat- oder Pro-Produktion tänzeln blonde Zicken mit operierter Nase und unüberhörbarem Bidderfälder Akzent durchs Bild, wechselweise zickig oder hysterisch, aber immer endlos naiv, der Held lispelnd und mit Halbglatze, die unvermeidliche gute Seele verständnisvoll bis zum Erbrechen. Zum Schluss erfolgt der Heiratsantrag, natürlich! vor Publikum. Gähn.
Mehrere Gläser Sekt später, als ich über diese knapp zwei Stunden vergeudete Zeit philosophiere, finde ich doch einen Vorteil: Die Darsteller gehen einer bezahlten Beschäftigung nach, nicht betteln.

Zum Glück schlafen meine Söhne tief und fest und werden nicht Zeuge, wie sich Mutti in intellektuelle Niederungen der untersten Schublade begibt. Morgen dürfen sie auf DVD ansehen, was ich ihnen heute verwehrt habe: Muppetshow. Die Schlümpfe. Teletubbies. Und Friedhof der Kuscheltiere. Oder Carrie. Nur paar Minuten ...

Dienstag, 9. August 2011

Hunde, wollt ihr ewig leben?

Deutschland hat eine neue Mission: Wir retten nach diversen Banken, Katalog-Shops, sämtlichen europäischen Mitgliedstaaten und der Ozonschicht, griechischen, slowenischen und tschechischen Hunden jetzt auch noch die mallorquinischen. Wenigstens einen großen Vorteil bringen sie gegenüber den anderen mit: Sie beherrschen bereits die Landessprache.
Klingt verwirrt? Nein, ist es nicht. Eine Vermittlung kontaktiert Radiosender auf der Suche nach Unterstützung für dieses Unternehmen. Und sie haben ja recht! Wir müssen die armen, verwahrlosten Tiere retten. Hier gibt es schließlich nicht genug davon. Wir haben auch jede Menge Geld übrig, das man dringend für verlauste, verwurmte, krebskranke und psychisch gestörte Tiere aus dem Ausland aufwenden kann, bevor es anderweitig nutzlos rausgepulvert wird. Warum ist eigentlich noch keiner auf die Idee gekommen, herrenlose Katzen aus Rom zu holen?
Unsere Kinder werden abgeschafft, und zwar schnell! Dann bleibt noch viel mehr übrig für die Banken und die Versicherungen, die Politiker und Vorstände. Alle Probleme sind gelöst. Zumal man Tiere einschläfern kann, wird man ihrer überdrüssig. Im Gegensatz zu Menschen.

Obwohl, wenn ich es mir recht überlege, warum eigentlich nicht? Frau Merkel und ihre Taten missfallen derzeit einem Großteil der deutschen Bevölkerung. Vielleicht wäre Einschläfern gar keine schlechte Lösung. Haben nicht ihre Kollegen darselbst den passenden Begriff geschaffen? Sozialverträgliches Frühableben – da könnte sie endlich mit bestem Beispiel voran gehen. Und ich hätte noch mehr Kandidaten, die prädestiniert sind. Wie wärs mit den Herren Grube und Ramsauer. Die müssten wir sogar ganz schnell entsorgen, bevor sie das Straßen- und Schienennetz von Gesamtdeutschland komplett verrecken lassen zugunsten einiger nutzloser Prestigeobjekte, die noch dazu angesichts der aktuellen Euro-Krise schon bald als Bauruinen zu verenden drohen.

Andererseits kann man es als Wiedergutmachung verstehen. Das letzte Ressort der deutschen Imperialisten rächt sich mit biologischen Waffen. Wuff!

Donnerstag, 4. August 2011

Die schöne neue Welt der Zauberkünstler

Wochenlang zittern und bibbern die USA und die Finanzmärkte weltweit, weil der Kollaps droht. Eine Staatsverschuldung von über vierzehn Billionen Dollar (ca. 10 Billionen Euro) ist nicht von Pappe. Und die USA sind kein Bananenstaat in der Karibik, mit zwanzig Ureinwohnern und zweitausend Touristen jährlich. Ganz Europa, selbst arg gebeutelt und umsegelt vom Pleitegeier, sieht wie üblich ehrfürchtig und mit bangem Herzen zum gelobten Vorbild über den großen Teich hinüber. Banken und Regierungen rechnen, telefonieren, rechnen wieder, telefonieren noch mal. Da plötzlich, simsalabim, geschieht das Wunder. Ein unschuldiges weißes Kaninchen schlüpft aus Mr Obamas Hut: Der Senat hat abgestimmt, die Einigung ist erzielt, das Schulden-Limit wird erhöht, das Finanzdebakel verhindert. Ist es nicht zauberhaft, wie sich alles zum Guten fügt?
Die EU, natürlich, macht es ähnlich: Es wird ein finanzieller Regenschirm, äh, Rettungsschirm für die angeschlagenen Mitgliedsländer Griechenland und Irland geschaffen. Die anderen Staaten nicken den Vorschlag ab. Alles wird gut, der Euro bleibt stabil. Und zack, schon wieder ein weißes Kaninchen, dieses Mal für Angela Merkelfield und all die anderen.
Innerhalb kurzer Zeit stellt sich heraus, Überraschung, dass einige europäische Länder mehr in enormen finanziellen Schwierigkeiten stecken. Was mich irgendwie stutzig werden lässt. Wenn ich kein Geld mehr habe, mein Konto im Minus ist und die Bank alle Überweisungen und Schecks platzen lässt, dann kommt ein starker Mann und holt meine Wohnungseinrichtung ab. Nicht so bei Staaten. Kein Mensch will Berlusconi einkassieren oder auch nur seinen Stuhl. Wer weiß, was der darauf getrieben hat und mit wem. Es gibt eine viel bessere Lösung: wir zaubern wieder ein bisschen. Simsalabim, der Rettungsschirm wird erhöht. Hallo, wer bist denn du? Ein weißes Kaninchen!
Zum Glück haben wir jede Menge Geld, da kann nichts passieren. Und sollte es doch ausgehen, dann – abrakadabra – drucken wir einfach neues. Weiße Kaninchen soweit das Auge reicht. Wir haben’s ja, in Hülle und Fülle. Die Politiker sind jedenfalls ausgesprochen großzügig bei den Ausgaben für Rüstung, Bankenrettungen und diversen Subventionen für Milch, die keiner braucht und Weizen, den keiner will. Alles alternativlos, da muss unbedingt immer weiter reingebuttert werden, was geht. Zum Glück kein Problem, ein Kaninchen nach dem anderen erscheint. Für Schulen, Kindergärten und Hochschulen dagegen plant man am besten gar nichts mehr ein. Unsere Zukunft kommt aus Indien und China.
Übrigens sind Kaninchen fortpflanzungsfreudig, daher auch als Frühlingssymbol sehr geschätzt. Wenn sich nun das erste Griechenland-Rettungsschirm-Kaninchen mit dem dritten der HRE-Konkursverhinderung paart, gibt es dann vielleicht vier Rettungsschirm-Kaninchenbabys samt zugehöriger Zinseszinsen?
Ich bin sehr gespannt, wie groß die Kaninchenzucht wird, bevor das Futter ausgeht. Was passiert eigentlich, wenn Kaninchen nicht mehr genug zu fressen haben? Werden sie dann zu Kannibalen? Fallen sie die Zauberer an, denen sie ihre unglückliche Existenz verdanken?

Hoffentlich platzen nicht alle gleichzeitig, wie Illusionen das für gewöhnlich tun. Das gäbe eine ganz üble Sauerei.