Ich habe heute einen Katalog bekommen. Mit aktueller Frühlingsmode, pünktlich zum schönen Wetter. „Für klasse Frauen“, wie auf dem Titel vollmundig in Großdruck angepriesen wird. Doch, oh weh, einmal durchgeblättert staunt der Betrachter über gar seltsame Szenen: Eine hübsche junge Frau sitzt auf einer Gartenbank, strahlt in die Kamera und streichelt das Huhn, das auf ihrem Schoß sitzt. Mir stellen sich drei Fragen: 1. Warum hat die Frau ein Huhn auf dem Schoß? 2. Ist es das signifikante Merkmal einer Klasse-Frau, Hühner zu streicheln? 3. Ich habe kein Huhn. Ein Manko?
Es wird auf den folgenden Seiten nicht besser: Cocktailtrinkende Frauen im Ökolook stehen auf einer Bank in einer verwaisten Beach-Bar. Mein Favorit ist jedoch die aparte Dame, die perfekt geschminkt vor einer Reihe Waschmaschinen mit verlegenem Gesichtsausdruck ein kleines T-Shirt in die Kamera hält. Ihren Look vervollständigen rosa und lila Lockenwickler. Ah ja. Ich fürchte, ich bin keine klasse Frau. Ich gehöre nicht zur Zielgruppe.
Dieses Gefühl habe ich in letzter Zeit häufig: Wenn ich eine strahlende Mutti mit süßem Zwerg auf dem Arm sehe, die mir via Werbeplakat erklärt, dass sie mit Papi nicht das Konto, sondern den Akku leer telefoniert. Ist das nicht prima? Für alle Väter, die ihre Familie fast nie sehen. Und umgekehrt. Das freut einen doch. Welches Kind braucht schon die physische Anwesenheit von Eltern. Meine Lieblings-Radiowerbung läuft leider nicht mehr. Eine fröhliche Frau besingt darin ihr Glück, sich zwischen Bügeln, Kochen und Waschen immer mal wieder ein Fläschchen Sekt hinter die Binde zu kippen. Ich werde jetzt nachsehen, ob ich den Spot noch irgendwo finde. Die Untiefen von Google & Co. verbergen viele Juwelen. Und ich bin heilfroh, dass ich auch hier NICHT DIE ZIELGRUPPE BIN!
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