Der Witz des Tages: Christian Lindner tritt von seinem Amt als Generalsekretär der FDP zurück und stürzt seine Partei damit in eine tiefe Krise.
Den Höhenflug davor habe ich wohl verpasst. Ich jedenfalls freue mich. Möge der heiße Erdkern die Gewinnmaximierungsfreunde zerschmelzen, dass nichts mehr übrig bleibt. Es kann nur besser werden ohne sie. Gut, dass der schlimmste den Anfang macht, würde ich meinen. Vielleicht eifert er Herrn Mappus nach, der sein Glück in der freien Wirtschaft suchen und nicht finden konnte. Seinen Porsche hatte er ohnehin schon mit zwanzig, was soll da noch Besseres kommen?
Herrn Wulff kann er bei der Gelegenheit übrigens gleich mitnehmen. Unser Bundespräsident macht Urlaub in den Ferienhäusern deutscher Steuerflüchtlinge. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Natürlich ist der Eigentümer der Luxusdomizile ein väterlicher Freund (ebenso wie der Chef der Luftlinie mit den kostenlosen Upgrades), und die werte Gattin hat einen Kredit zu Sonderkonditionen nur vergeben, weil sie gerade das Geld übrig hatte, während Herr Wulff in einer teuren Scheidung steckte. Wie rührend. Warum hatte sie das Geld eigentlich übrig? War es Schwarzgeld? Oder wäre es andernfalls der bösen Steuer anheimgefallen? Ach nein, geht ja nicht. Vor der Schweiz war ihr Wohnsitz Monaco.
Warum habe ich eigentlich keine väterlichen Freunde, die so viel Geld übrig haben, dass sie mir einen Hauskauf und ein paar schöne Urlaubsreisen finanzieren? Interessenten mögen sich bitte melden! Mütterliche Freunde nehme ich selbstverständlich auch. Ich muss zwar keine Scheidung bezahlen, aber zwei Kinder großziehen kostet auch viel Geld und Nerven. Nachdem die Supernanny jetzt arbeitslos ist, könnte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: eine versierte Kinderfrau zum Wohle meines Nachwuchses einstellen und die Arbeitslosenquote reduzieren. Aber wie gesagt, das geht nur mit einer kleinen Finanzspritze. Denn ich lebe nicht nur in Deutschland, ich habe hier sogar meinen Wohnsitz angemeldet und dummerweise auch noch meine Lohnsteuerkarte hinterlegt. Die Betonung liegt hierbei auf „noch“. Leider hat sich bisher keine wirklich gute Alternative gefunden.
Vielleicht sollte ich mich bei der FDP bewerben. Da gibt es jede Menge freier Stellen, täglich werden es mehr, und bald sind sie froh um jeden, der überhaupt weiß, wofür die drei Buchstaben stehen: Freaks dominieren Proleten. Oder Flaschen drehen Pfosten? Flug der Plauzen? Ach, jetzt weiß ich es: Flaneure, Demagogen, Plagiate.
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Mittwoch, 14. Dezember 2011
Donnerstag, 8. Dezember 2011
Vom O-Gott zum iGod
Wo soll ich nun anfangen, wenn nicht beim Ende? Heute haben wir, meine Kollegen und ich, per Karte unseren bisherigen Redaktions-Boss verabschiedet. Es fand sogar jene Person warme Worte, die den Abschied herbeigeführt und sich dann beim offiziellen Ausstand vornehm zurückgehalten und ausgiebig ausgeschwiegen hatte. Kein Wort, keine Silbe des Dankes für einen Mitarbeiter, der im zweistelligen Jahresbereich mehr als die Hälfte der Mannschaft tapfer durch gute wie schlechte Tage gelotst hat. Dass die Ergebnisse nicht gut genug waren hat bis vor drei Monaten keine Rolle gespielt. Dann jedoch war es plötzlich "allerhöchste Zeit", ein paar wichtige personelle Änderungen vorzunehmen. Umstrukturierung nennt man das im Fachjargon; die politisch korrekte Umschreibung für Schikanieren und Rausscheißen. Der Entsorgungsprozess findet seit einigen Wochen etappenweise statt: Erst werden die Leute kalt-, dann vor die Tür gestellt. Zuerst musste ein externer Mitarbeiter über die Planke, doch der fällt weich, würde ich meinen. Dicht gefolgt vom Redaktionsleiter: Jener war vor einem halben Jahr noch fest im Sattel und wohlversichert, jetzt ist er möglicherweise arbeitslos. Es haben sich nach anfänglichen Planungen einige Geschehnisse selbst überholt, so dass das Ende viel schneller da war als gedacht. Natürlich ist er nicht der Letzte. Weitere Kameraden, äh, Kollegen werden in den kommenden Wochen aussortiert. Das an sich ist schlimm genug und nur mit viel Galgenhumor zu ertragen.
Doch eigentlich wollte ich von der Abschiedskarte erzählen: Alle anwesenden (und noch beschäftigten) Kollegen haben mit netten Worten und zahlreichen Dankeschöns Adieu gesagt. Nach so vielen Jahren der Zusammenarbeit dürfen dabei auch persönliche Anmerkungen nicht fehlen. So etwas wie: „Der Sex mit dir auf den Betriebsfeiern war immer sensationell.“ Das scheidet in diesem Fall zwar aus mehreren Gründen aus, aber Sie wissen, was ich meine.
Die meisten persönlichen Statements in dieser besagten Karte lauteten wie folgt: „Und hol dir endlich dein iPhone“, „dein i-Ulli“, oder „wir bleiben in iPhone-Kontakt - sobald du eines hast“.
Der Mann hat kleine Kinder, ein neues Haus, seine Schwiegermutter ist sehr krank - und er hat seinen Job verloren. Ich denke nicht, dass ein Smartphone sein größtes Problem ist. Und es ist gewiss nicht das i-Tüpfelchen, das unsere Zusammenarbeit ausgemacht hat. Jedenfalls nicht für mich. Ich bin schrecklich altmodisch, ich weiß.
Auch wenn es arg pietätlos klingt: Vielleicht hat Gott Steve Jobs zu sich geholt, bevor er zum „iGod“wurde.
Doch eigentlich wollte ich von der Abschiedskarte erzählen: Alle anwesenden (und noch beschäftigten) Kollegen haben mit netten Worten und zahlreichen Dankeschöns Adieu gesagt. Nach so vielen Jahren der Zusammenarbeit dürfen dabei auch persönliche Anmerkungen nicht fehlen. So etwas wie: „Der Sex mit dir auf den Betriebsfeiern war immer sensationell.“ Das scheidet in diesem Fall zwar aus mehreren Gründen aus, aber Sie wissen, was ich meine.
Die meisten persönlichen Statements in dieser besagten Karte lauteten wie folgt: „Und hol dir endlich dein iPhone“, „dein i-Ulli“, oder „wir bleiben in iPhone-Kontakt - sobald du eines hast“.
Der Mann hat kleine Kinder, ein neues Haus, seine Schwiegermutter ist sehr krank - und er hat seinen Job verloren. Ich denke nicht, dass ein Smartphone sein größtes Problem ist. Und es ist gewiss nicht das i-Tüpfelchen, das unsere Zusammenarbeit ausgemacht hat. Jedenfalls nicht für mich. Ich bin schrecklich altmodisch, ich weiß.
Auch wenn es arg pietätlos klingt: Vielleicht hat Gott Steve Jobs zu sich geholt, bevor er zum „iGod“wurde.
Montag, 28. November 2011
Ein kleiner Schritt ...
... für S21, aber ein großer für die Demokratie. Ich glaube, das trifft am ehesten meine Empfindungen für den Wahlausgang der gestrigen Volksabstimmung in Baden-Württemberg. Leider, es war nicht das erhoffte Wunder. Und ich gebe zu, die Niederlage schmerzt mich als langjähriger Gegner, besser gesagt Ungläubiger von S21 sehr. Allerdings ist das Ergebnis keine Überraschung. Schon allein deshalb nicht, weil nicht entschieden werden konnte: Bauen - ja oder nein. Dafür ist es nach satten zwanzig Jahren Planungszeit zu spät. (Auch wenn es mich verwundert, wie man Pläne aus dem vorigen Jahrtausend als supermodern verkaufen kann.) Es ging gestern um die Finanzierung. Bekommt die Bahn einen Freibrief für endlose Kostensteigerungen? Nun ja, den hat sie dank der wunderbaren CDU-Regierung von einst längst. Jetzt ist er doppelt legitimiert. Was ich persönlich schade finde. Dafür entschädigt mich das Wissen, dass die betroffenen Bürger endlich direkt eingreifen durften in das Geschehen. Diese Chance hat jeder zweite Wahlberechtigte genutzt, mehr als bei manchen Wahlen. Dies allein ist ein großer Gewinn, ein Traum-Ergebnis jenes gewaltigen Politrucks, der durch die Bevölkerung ging, ausgelöst durch Demonstrationen und unterstützt durch eine öffentliche Schlichtung in zehn Teilen, die von Millionen Menschen europaweit mitverfolgt wurde. Nach dreißig Jahren gab es in Baden-Württemberg erstmals wieder ein Referendum. Sogar der Papst hat mitgefiebert.
Der zweite Teilerfolg ist das Wissen, dass alle Daten und Vorgänge der letzten Monate sauber und in zahlreichen Quellen dokumentiert sind. Meine Freunde von der Deutschen Bahn posaunen so laut ihre Begeisterung (oder Erleichterung?) durch die Gegend, dass sich erneut der Verdacht auf jede Menge Vertuschung, Verschleierung und geschönte Zahlen einstellt. Vielleicht spekulieren sie auf die nächste Währungsänderung: vom Euro zum Fränkli oder so. Mehrkosten? Niemals! Es war nur ein winziger Umrechnungsfehler, hihi.
Wir müssen beachten: Diesen Bahnhof werden einige von uns gar nicht mehr nutzen, wenn er denn jemals fertig gestellt wird, ganz zu schweigen von seinen Initiatoren. Er wird für unsere Kinder und Enkel gebaut. Und deshalb (dritter Teilerfolg) bin ich froh, dass es - falls die Sache in die Hosen geht - jede Menge Beweise dafür gibt, dass viele sich dagegen gewehrt haben, dass sie versucht haben, mit allen legalen Mitteln das Projekt zu verhindern.
Das sind drei Erkenntnisse, die es mir leichter machen, mit dem von mir hochgeschätzten Winfried Kretschmann zu sagen, man müsse die Niederlage sportlich nehmen.
Und vielleicht müssen wir den Sch..Bahnhof am Schluss doch nicht vergraben. Heute ist nicht aller Tage, die anderen Probleme der DB und des deutschen Staates kommen wieder, keine Frage.
Der zweite Teilerfolg ist das Wissen, dass alle Daten und Vorgänge der letzten Monate sauber und in zahlreichen Quellen dokumentiert sind. Meine Freunde von der Deutschen Bahn posaunen so laut ihre Begeisterung (oder Erleichterung?) durch die Gegend, dass sich erneut der Verdacht auf jede Menge Vertuschung, Verschleierung und geschönte Zahlen einstellt. Vielleicht spekulieren sie auf die nächste Währungsänderung: vom Euro zum Fränkli oder so. Mehrkosten? Niemals! Es war nur ein winziger Umrechnungsfehler, hihi.
Wir müssen beachten: Diesen Bahnhof werden einige von uns gar nicht mehr nutzen, wenn er denn jemals fertig gestellt wird, ganz zu schweigen von seinen Initiatoren. Er wird für unsere Kinder und Enkel gebaut. Und deshalb (dritter Teilerfolg) bin ich froh, dass es - falls die Sache in die Hosen geht - jede Menge Beweise dafür gibt, dass viele sich dagegen gewehrt haben, dass sie versucht haben, mit allen legalen Mitteln das Projekt zu verhindern.
Das sind drei Erkenntnisse, die es mir leichter machen, mit dem von mir hochgeschätzten Winfried Kretschmann zu sagen, man müsse die Niederlage sportlich nehmen.
Und vielleicht müssen wir den Sch..Bahnhof am Schluss doch nicht vergraben. Heute ist nicht aller Tage, die anderen Probleme der DB und des deutschen Staates kommen wieder, keine Frage.
Dienstag, 15. November 2011
Die Guten und die Bösen
Kennen Sie die Schlange Kaa aus dem Dschungelbuch? Sehen Sie sich die Szene einmal an, in der sie Mogli verzaubert. Am besten im Originalton. Sie windet sich gekonnt durch einen Baum und hypnotisiert ihr Gegenüber mit einem verwirrenden Blick. Dazu säuselt sie verführerisch „Trust in me“ - vertrau mir! Vertrau mir doch... Ich mache nichts. Entspann dich.
Genauso fühle ich mir zurzeit. Von kreiselnden Augen verschaukelt und von säuselnden Stimmen eingelullt, die mir erzählen, dass alles gut sei und ich ihnen getrost glauben könne. Schafft man es, sich aus der Starre zu lösen, reibt man sich verwundert die Augen ob der verkehrten Welt, in der wir leben.
Nehmen wir zum Beispiel ganz pauschal die Bank: Einst ein Hort der Seriosität und fast schon sakrosankt. Ehrfürchtig zog man gute Kleider an für einen Termin in den heiligen Hallen. Heute misstraut man sogar dem neuen Azubi, der einem freundlich die Tür öffnet. Ist mein Geld morgen noch auf meinem Konto? Oder existiert es inzwischen gar nicht mehr, weil die hohen Feldherren und Ackermänner wild damit spekuliert haben? Selbstredend nicht zu deren Ungunsten. Die Boni - jedenfalls die der obersten Etage - sind garantiert, wie wir aus der Vergangenheit wissen. Im Gegensatz zu den Einlagen des Durchschnittsanlegers - auch dies haben die meisten von uns in jüngerer Vergangenheit schmerzhaft erfahren müssen. Mein sauer Erspartes, ist es vielleicht schon lang beim Teufel, investiert in ukrainische Seidenplantagen, arabische Skihallen und die Grundsteinlegung des Mount Everest II mitten in Holland?
Die beste Kaa-Imitation vollbringen derzeit allerdings - wieder einmal unangefochten - unsere Politoberen. Jahrelang werden reihenweise Attentate verübt, Bomben gezündet, Imbissbuden-Betreiber und Polizisten kaltblütig hingerichtet. Lauter ungelöste Kriminalfälle verunsichern die Bevölkerung und jeder denkt, das kann auch mich treffen. Dann begehen ein paar geisteskranke Nazis Selbstmord und plötzlich stellt sich heraus, dass es eine Gruppe von braunen Terroristen war, die gänzlich unbehelligt von staatlicher Gewalt viele Jahre lang ihr Unwesen treiben konnte. Doch hiermit nicht genug. Sie wurden über irgendwelche dunklen Kanäle und V-Männer des Verfassungsschutzes, ja, was eigentlich? Ausspioniert? Überwacht? Wohl eher erfolgreich unterstützt. Bei sechs Morden war ein Verfassungsschützer etwa zur Tatzeit am Tatort gewesen. Was für ein Hohn für die Normalbürger und vor allem auch die Beamten, die jeden Tag ihr Leben aufs Spiel setzen! Verfassungsschutz - was ist das? Eine Einrichtung, die Schwerverbrechern die Arbeit erleichtert offensichtlich. Und was ist folglich unsere Verfassung? Das Grundgerüst unserer Demokratie. Das, worauf manche Menschen in unserem Land schwören. Unbestreitbar ist ein Verfassungsschützer jemand, der für die Einhaltung der Verfassung in Deutschland sorgen sollte.
Ich glaube, ich habe was nicht mitbekommen. Die säuselnde Schlange hat mich vollkommen davon abgelenkt, dass hinter dem Klappentext der deutschen Verfassung irgendwas von „unser Kampf“ steht. Oder so ähnlich.
Dass wir nach Strich und Faden belogen werden und unsere Politiker und die Wirtschaftsgrößen sich auf Vertragsrecht berufen, erscheint so in einem völlig neuen Licht. Wahrscheinlich steht hinter dem Buchdeckel „Vertragsrecht“ gleich auf der zweiten Seite, direkt hinter dem Einband, „das Recht, das bin ich“ oder so ähnlich. Warum nur empfinde ich keine Angst, obwohl man sich doch unwillkürlich fragt, was als nächstes kommt? Ach ja, die Folgen der Hypnose.
Ich überlege, einen Eigenversuch zu starten: Ich mache meinen Chef unschädlich. Möglicherweise trägt mir das den Verdienstorden 1. Klasse ein.
Es gibt nur ein Problem: Ich fürchte, ich bin nicht besonders gut im Hypnotisieren. Vielleicht sollte ich üben. Dringend sogar. Gibt es Kurse bei der VHS?
Wer sich nicht an Kaa erinnern kann, hier ist sie:
http://www.youtube.com/watch?v=sZurYr5qQEY
Genauso fühle ich mir zurzeit. Von kreiselnden Augen verschaukelt und von säuselnden Stimmen eingelullt, die mir erzählen, dass alles gut sei und ich ihnen getrost glauben könne. Schafft man es, sich aus der Starre zu lösen, reibt man sich verwundert die Augen ob der verkehrten Welt, in der wir leben.
Nehmen wir zum Beispiel ganz pauschal die Bank: Einst ein Hort der Seriosität und fast schon sakrosankt. Ehrfürchtig zog man gute Kleider an für einen Termin in den heiligen Hallen. Heute misstraut man sogar dem neuen Azubi, der einem freundlich die Tür öffnet. Ist mein Geld morgen noch auf meinem Konto? Oder existiert es inzwischen gar nicht mehr, weil die hohen Feldherren und Ackermänner wild damit spekuliert haben? Selbstredend nicht zu deren Ungunsten. Die Boni - jedenfalls die der obersten Etage - sind garantiert, wie wir aus der Vergangenheit wissen. Im Gegensatz zu den Einlagen des Durchschnittsanlegers - auch dies haben die meisten von uns in jüngerer Vergangenheit schmerzhaft erfahren müssen. Mein sauer Erspartes, ist es vielleicht schon lang beim Teufel, investiert in ukrainische Seidenplantagen, arabische Skihallen und die Grundsteinlegung des Mount Everest II mitten in Holland?
Die beste Kaa-Imitation vollbringen derzeit allerdings - wieder einmal unangefochten - unsere Politoberen. Jahrelang werden reihenweise Attentate verübt, Bomben gezündet, Imbissbuden-Betreiber und Polizisten kaltblütig hingerichtet. Lauter ungelöste Kriminalfälle verunsichern die Bevölkerung und jeder denkt, das kann auch mich treffen. Dann begehen ein paar geisteskranke Nazis Selbstmord und plötzlich stellt sich heraus, dass es eine Gruppe von braunen Terroristen war, die gänzlich unbehelligt von staatlicher Gewalt viele Jahre lang ihr Unwesen treiben konnte. Doch hiermit nicht genug. Sie wurden über irgendwelche dunklen Kanäle und V-Männer des Verfassungsschutzes, ja, was eigentlich? Ausspioniert? Überwacht? Wohl eher erfolgreich unterstützt. Bei sechs Morden war ein Verfassungsschützer etwa zur Tatzeit am Tatort gewesen. Was für ein Hohn für die Normalbürger und vor allem auch die Beamten, die jeden Tag ihr Leben aufs Spiel setzen! Verfassungsschutz - was ist das? Eine Einrichtung, die Schwerverbrechern die Arbeit erleichtert offensichtlich. Und was ist folglich unsere Verfassung? Das Grundgerüst unserer Demokratie. Das, worauf manche Menschen in unserem Land schwören. Unbestreitbar ist ein Verfassungsschützer jemand, der für die Einhaltung der Verfassung in Deutschland sorgen sollte.
Ich glaube, ich habe was nicht mitbekommen. Die säuselnde Schlange hat mich vollkommen davon abgelenkt, dass hinter dem Klappentext der deutschen Verfassung irgendwas von „unser Kampf“ steht. Oder so ähnlich.
Dass wir nach Strich und Faden belogen werden und unsere Politiker und die Wirtschaftsgrößen sich auf Vertragsrecht berufen, erscheint so in einem völlig neuen Licht. Wahrscheinlich steht hinter dem Buchdeckel „Vertragsrecht“ gleich auf der zweiten Seite, direkt hinter dem Einband, „das Recht, das bin ich“ oder so ähnlich. Warum nur empfinde ich keine Angst, obwohl man sich doch unwillkürlich fragt, was als nächstes kommt? Ach ja, die Folgen der Hypnose.
Ich überlege, einen Eigenversuch zu starten: Ich mache meinen Chef unschädlich. Möglicherweise trägt mir das den Verdienstorden 1. Klasse ein.
Es gibt nur ein Problem: Ich fürchte, ich bin nicht besonders gut im Hypnotisieren. Vielleicht sollte ich üben. Dringend sogar. Gibt es Kurse bei der VHS?
Wer sich nicht an Kaa erinnern kann, hier ist sie:
http://www.youtube.com/watch?v=sZurYr5qQEY
Dienstag, 8. November 2011
Flinke Finger
Kennen Sie Yuja Wang? Ich auch nicht, jedenfalls nicht persönlich. Aber es gibt sie wohl wirklich. Ich habe sie gesehen. Und gehört: auf YouTube. Man findet kaum Informationen über die Frau, dafür jede Menge Musikvideos ihrer Live-Auftritte. Es handelt sich um eine chinesisch-stämmige Pianistin, vierundzwanzig Jahre jung und einfach grandios.
Als ich die ersten Aufnahmen gesehen habe, war ich mir sicher, es sei noch ein zweiter Flügel im Einsatz. Kein Mensch kann allein alle diese Tonfolgen und Harmonien spielen. Auf nur einem Instrument. Dachte ich. Mehrere Videos später gelangte ich zu dem Schluss: vielleicht doch. Wie, ist mir allerdings nach wie vor ein Rätsel. Verglichen mit dieser Fingerfertigkeit ist die Bezeichnung „stümperhaft“ für das, was ich gelegentlich am Klavier fabriziere, noch Lobhudelei. Yuja Wang spielt, als hätte sie zwei Finger mehr als andere Menschen, und doppelt so lange außerdem.
Musiker sind für mich schon immer die Künstler gewesen, die ich am meisten bewundere. Ein Instrument derart zu beherrschen, dass es stundenlang unterhält, ohne langweilig oder nervtötend zu werden, ist etwas, was einem keiner beibringen kann, wenn die nötige Begabung fehlt. Man muss dazu geboren sein, sonst bleibt man immer nur zweitklassig - bestenfalls. Übung macht den Meister, ohne Frage. Aber fehlendes Talent kann in der Musik nicht kompensiert werden. Niemals. Sehen Sie sich Yuja an, dann wissen Sie, was ich meine. Bei solchen Menschen bin ich nicht mehr zu Neid fähig, da staune ich einfach nur noch, was man mit achtundachtzig Tasten vollbringen kann. Ich sehe meine Hände an und frage mich, ob wir wirklich zur selben Gattung gehören, sie und ich. Warum sind manche Menschen so unglaublich begnadet? Haben wir wirklich die gleiche Grundausstattung?
Vielleicht ist das die Ursache für meine Faszination: Auf Musiker bin ich tatsächlich ein wenig eifersüchtig; diese Begabung hätte ich auch gern. Es müsste gar nicht die Riesenportion sein. Ein Teil davon wäre schon eine immense Verbesserung zu jetzt. Statt dessen bin ich hundert Prozent Durchschnitt, ein Teil der grauen Masse.
Es gibt viele herausragende Begabungen, nicht nur im musischen Bereich. Doch die anderen empfinde ich bei weitem nicht derart fesselnd.
Irgendwann dieser Tage spielt Yuja in München, praktisch vor meiner Haustür. Leider sind Konzerte für mich derzeit beim besten Willen nicht drin. Mein Wecker klingelt um sechs, die Kinder wollen um halb sieben Frühstück - ich würde irgendwann schlichtweg einschlafen, und sei der Vortrag noch so wild.
Gut, dass es Menschen gibt, die frühzeitig erkannt haben, wie dieser Überschuss an Können der einen uns anderen, den Normalos, zugutekommt, ohne dass wir uns die Nächte um die Ohren schlagen und extra durch die Welt jetten. Früher in Form von Schallplatten, heute digital, kann ich mir solch unglaubliches Talent ganz entspannt und höchst aufmerksam zuhause anhören. Immer und immer wieder. Ach ja, und Weihnachten ist auch bald. Da ich ohnehin nie bekomme, was ich mir wünsche (sondern Fahrradpumpen, Werkzeuge oder unförmige Männer-Shirts), beschenke ich mich einfach selbst. Zum Beispiel mit einer CD. Raten Sie mal, von wem.
Als ich die ersten Aufnahmen gesehen habe, war ich mir sicher, es sei noch ein zweiter Flügel im Einsatz. Kein Mensch kann allein alle diese Tonfolgen und Harmonien spielen. Auf nur einem Instrument. Dachte ich. Mehrere Videos später gelangte ich zu dem Schluss: vielleicht doch. Wie, ist mir allerdings nach wie vor ein Rätsel. Verglichen mit dieser Fingerfertigkeit ist die Bezeichnung „stümperhaft“ für das, was ich gelegentlich am Klavier fabriziere, noch Lobhudelei. Yuja Wang spielt, als hätte sie zwei Finger mehr als andere Menschen, und doppelt so lange außerdem.
Musiker sind für mich schon immer die Künstler gewesen, die ich am meisten bewundere. Ein Instrument derart zu beherrschen, dass es stundenlang unterhält, ohne langweilig oder nervtötend zu werden, ist etwas, was einem keiner beibringen kann, wenn die nötige Begabung fehlt. Man muss dazu geboren sein, sonst bleibt man immer nur zweitklassig - bestenfalls. Übung macht den Meister, ohne Frage. Aber fehlendes Talent kann in der Musik nicht kompensiert werden. Niemals. Sehen Sie sich Yuja an, dann wissen Sie, was ich meine. Bei solchen Menschen bin ich nicht mehr zu Neid fähig, da staune ich einfach nur noch, was man mit achtundachtzig Tasten vollbringen kann. Ich sehe meine Hände an und frage mich, ob wir wirklich zur selben Gattung gehören, sie und ich. Warum sind manche Menschen so unglaublich begnadet? Haben wir wirklich die gleiche Grundausstattung?
Vielleicht ist das die Ursache für meine Faszination: Auf Musiker bin ich tatsächlich ein wenig eifersüchtig; diese Begabung hätte ich auch gern. Es müsste gar nicht die Riesenportion sein. Ein Teil davon wäre schon eine immense Verbesserung zu jetzt. Statt dessen bin ich hundert Prozent Durchschnitt, ein Teil der grauen Masse.
Es gibt viele herausragende Begabungen, nicht nur im musischen Bereich. Doch die anderen empfinde ich bei weitem nicht derart fesselnd.
Irgendwann dieser Tage spielt Yuja in München, praktisch vor meiner Haustür. Leider sind Konzerte für mich derzeit beim besten Willen nicht drin. Mein Wecker klingelt um sechs, die Kinder wollen um halb sieben Frühstück - ich würde irgendwann schlichtweg einschlafen, und sei der Vortrag noch so wild.
Gut, dass es Menschen gibt, die frühzeitig erkannt haben, wie dieser Überschuss an Können der einen uns anderen, den Normalos, zugutekommt, ohne dass wir uns die Nächte um die Ohren schlagen und extra durch die Welt jetten. Früher in Form von Schallplatten, heute digital, kann ich mir solch unglaubliches Talent ganz entspannt und höchst aufmerksam zuhause anhören. Immer und immer wieder. Ach ja, und Weihnachten ist auch bald. Da ich ohnehin nie bekomme, was ich mir wünsche (sondern Fahrradpumpen, Werkzeuge oder unförmige Männer-Shirts), beschenke ich mich einfach selbst. Zum Beispiel mit einer CD. Raten Sie mal, von wem.
Freitag, 28. Oktober 2011
Mit Kaffee und mit Humor …
... beugt man Stress erfolgreich vor... steht im Innenrand der Kaffeetasse, die mich durch den Arbeitsalltag bringt. Hätte ich mal leichter lesen sollen, bevor ich wegen meines ältesten Sohnes heute früh ausgetickt bin. Obwohl zu diesem Zeitpunkt schon die erste Tasse des Tages auf dem Tisch stand. Darf man Kinder eigentlich schlagen, weil sie sich die Hände nicht waschen? Klingt ziemlich grausig. Im Kontext vieler Jahre Darauf-Hinweisens und Immer-wieder-Nachfragens wird es vielleicht verständlicher: Irgendwann fällt die stabilste Seele dem Wahnsinn anheim. So stelle ich mir chinesische Folter vor. Gebetsmühlenartig sagt man: „Wasch dir die Hände!“ Zum Beispiel, bevor es zum Essen geht. Nach jedem Toilettengang lautet die Frage: „Hast du die Hände gewaschen?“ Und regelmäßig stellt sich heraus: nein! Gespült ist natürlich auch nicht.
So geht das Tag um Tag, Jahr um Jahr. Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo Eltern sich die Frage stellen: Wie lange noch? Es ist zermürbend, immer wieder dieselben Sätze zu sagen ohne gehört zu werden. Abgesehen davon, dass es mit zunehmendem Alter des Nachwuchses ausgeprochen unhygienisch wird. Wenn zum Beispiel am gedeckten Esstisch Hände in Schüsseln und Teller greifen, die tagsüber in der Schule, im Hort, in einem Kaufhaus und weiß Gott wo überall am Boden, in Bedürfnisanstalten und sonstigen geheimnisvollen Ecken und Löchern herumgefasst haben. Zumal mein Sohn gerne mal in meinen Teller fasst, weil er etwas Leckeres herausholen will oder (für ihn) weniger Leckeres hineinlegen.
Hinter mir liegen mittlerweile gut sieben Jahre vergebliche Erziehungsversuche, eine Explosion war unvermeidlich. Das Frühstück aus der Küche balacierend finde ich meinen lesenden Sohn am Esstisch vor. Die Morgentoilette war bereits verrichtet. Ohne weitere Maßnahmen. Meine Frage, ob er sich wenigstens die Hände gewaschen habe, bevor er an den Tisch kam, beantwortete er mit einem mürrischen „jaaa, habe ich“. Nach einer letzten Warnung ("ich sehe nach!"), ging ich nochmals ins Bad. Siehe da, das Waschbecken war trocken wie die Wüste Gobi. In diesem Moment machte es „ping“. Zuerst bekam er sein Buch auf den Kopf und dann, im Badezimmer, zweimal Wasser ins Gesicht geschüttet. Trotz allen Zorn und Ärgers weigert sich mein Mutterherz, ihm richtig weh zu tun. Wobei ich weiß, dass selbst die Wasser-Aktion der Alptraum aller Pädagogen sein dürfte. Hilfe, ich bin ein Fall für die Super-Nanny, jene Frau, die anderen Müttern den Job erklärt, den sie bei ihren eigenen Kinder mangels Zeit Fremden überlässt.
So geht das Tag um Tag, Jahr um Jahr. Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo Eltern sich die Frage stellen: Wie lange noch? Es ist zermürbend, immer wieder dieselben Sätze zu sagen ohne gehört zu werden. Abgesehen davon, dass es mit zunehmendem Alter des Nachwuchses ausgeprochen unhygienisch wird. Wenn zum Beispiel am gedeckten Esstisch Hände in Schüsseln und Teller greifen, die tagsüber in der Schule, im Hort, in einem Kaufhaus und weiß Gott wo überall am Boden, in Bedürfnisanstalten und sonstigen geheimnisvollen Ecken und Löchern herumgefasst haben. Zumal mein Sohn gerne mal in meinen Teller fasst, weil er etwas Leckeres herausholen will oder (für ihn) weniger Leckeres hineinlegen.
Hinter mir liegen mittlerweile gut sieben Jahre vergebliche Erziehungsversuche, eine Explosion war unvermeidlich. Das Frühstück aus der Küche balacierend finde ich meinen lesenden Sohn am Esstisch vor. Die Morgentoilette war bereits verrichtet. Ohne weitere Maßnahmen. Meine Frage, ob er sich wenigstens die Hände gewaschen habe, bevor er an den Tisch kam, beantwortete er mit einem mürrischen „jaaa, habe ich“. Nach einer letzten Warnung ("ich sehe nach!"), ging ich nochmals ins Bad. Siehe da, das Waschbecken war trocken wie die Wüste Gobi. In diesem Moment machte es „ping“. Zuerst bekam er sein Buch auf den Kopf und dann, im Badezimmer, zweimal Wasser ins Gesicht geschüttet. Trotz allen Zorn und Ärgers weigert sich mein Mutterherz, ihm richtig weh zu tun. Wobei ich weiß, dass selbst die Wasser-Aktion der Alptraum aller Pädagogen sein dürfte. Hilfe, ich bin ein Fall für die Super-Nanny, jene Frau, die anderen Müttern den Job erklärt, den sie bei ihren eigenen Kinder mangels Zeit Fremden überlässt.
Wie gern würde ich das auch manchmal!!! Ganz ehrlich, hätte ich ein paar Kinderfrauen, Putzfrauen, Au-pairs, Butler und Chauffeure zur Verfügung, ich wäre die Geduld in Person. Würde niemals schimpfen, meine Jungs ständig kosen und drücken und loben und motivieren. Ich wäre Super-Mutti! Leider fehlt der Mitarbeiter-Stab. Meine Kinder bringe ich selbst in den Kindergarten und hole sie wieder ab. Ich gehe mit ihnen zum Sport, richte ihr Essen und übernehme die Gänge zur Waschmaschine. Deshalb werden sich meine Kinder mit mir arrangieren und irgendwann lernen müssen, dass konsequentes Ignorieren von Regeln nicht unbedingt die beste Strategie für Erfolg ist. So wie ich selbst, meine Geschwister, mein Mann, meine Eltern, die Großeltern und sämtliche Generationen vorher.
Für Mutti gibt es jetzt noch einen Trotst-Kaffee und später wird der Große fest geknuddelt. Der darf heute übrigens ganz viel lernen und Klavier spielen und im Haushalt helfen. Habe ich ihm heute morgen versprochen…
Sonntag, 16. Oktober 2011
Neuer Trend zu alten Hüten
Mein neues Lieblings-Hobby ist Stricken. Keine Ahnung, warum, jedenfalls hat es mich schon einige Zeit in den Fingern gejuckt, nach langer Zeit wieder ein Kleidungsstück selbst zu schaffen. Früher habe ich mit einer Freundin um die Wette Pullover angefertigt. Es folgten zwanzig Jahre hemmungslose Konsumsucht. Irgendwann kennt man alle Online-Shops auswendig und findet doch nicht das Gewünschte. Jedenfalls nicht käuflich zu erwerben. Also wird man selbst aktiv.
Vielleicht liegen die Gründe aber auch viel tiefer, geboren aus der unterschwelligen Angst, demnächst vor dem kalten Nichts zu stehen, mitten in einer Wirtschaftskrise, in der Geld wertlos ist und die Regale in den Geschäften leer. Manchmal sehe ich die Szenerie vor mir: die Straßen wie nach einem Krieg leergefegt, die Häuser mit zerbrochenen Fensterscheiben, und die Bevölkerung kämpft ums Überleben. Man schachert mit Nachbarn und Bekannten, der Bauer wird bezahlt mit Omas altem Ehering, und die Kinder tragen umgearbeitete Kleider von Mama, Papa oder sonst wem, weil es keine neuen zu kaufen gibt.
Vielleicht tendiere ich deshalb derzeit zu Investitionen in dauerhafte Produkte. Ich kaufe nur noch ganz klassische Sachen, die garantiert die kommenden dreißig Jahre halten werden. Ich versuche, soviel wie möglich selbst zu machen, auch Brot. Und sollte ich demnächst ein paar Euro übrig haben, gibt es eine schöne Halskette vom Juwelier. Schmuck war in Krisenzeiten doch immer ein gutes Handelsobjekt. Ob das mit Wein funktioniert, weiß ich nicht. Auf jeden Fall bietet er die Möglichkeit, sich zwischendurch die Welt schön zu trinken.
Tatsächlich habe ich keine Ahnung, ob eine Krise bevorsteht. Geschweige denn, ob sich ein finanzieller Zusammenbruch überhaupt so dramatisch auswirken könnte. Vielleicht bin ich durch gewisse persönliche Umstände einfach überspannt und hypernervös. Das kann durchaus sein. Mein Seelenleben ist alles anders als stabil, da neige ich gern zu einem leichten Pessimismus. Wenn man drei Wochen lang jeden Tag mindestens fünfzehn Minuten zu spät zur Arbeit kommt, weil die S-Bahn inzwischen nach Rasputins Mondkalender fährt, dann liegen die Nerven blank. Also durchaus denkbar, dass ich weiße Mäuse sehe, die es nicht gibt. Oder drohende Versorgungsengpässe, die nie eintreten werden.
Tröstlich ist: ich bin nicht allein mit meinem Bedürfnis nach Autarkie. Im Radio erzählen Schüler, wie sie in VHS-Kursen Nähen lernen, die Bestseller-Listen werden nicht mehr von Krimis gefüllt, sondern von Ratgebern wie „Neue Möbel - selbst geschreinert“, „Der sichere Weg zur Selbstdiagnose“ oder „Überleben im heimischen Dschungel: Essbare Pflanzen der Großstadt“. DIY, der aktuelle Trend, ist übrigens die Abkürzung von „Do it yourself“, wie ich vor wenigen Tagen herausbekam. Da führte eine bekannte Frauenzeitschrift eine neue Rubrik zu genau diesem Thema ein. Es ging darum, wie man auf einem Balkon einen richtigen kleinen Garten anpflanzen kann. Mit Mini-Gewächshaus und der zeitlich optimalen An- und Aufzucht von nahrhaftem Gemüse.
Nun, ich habe einen kleinen Balkon, und eigenes Obst und Gemüse wollte ich schon immer. Andererseits: Man sollte sich nicht verrückt machen lassen. Es gibt keinen Grund zur Panik! „Sen“iore Bunga-Bunga-B. hat einen Pakt mit dem Teufel, das finanzielle Luftschluss wird noch viele Jahre stehen. Außerdem habe ich gar keine Zeit für Gartenarbeit. Auf mich warten fünf Kilogramm Wolle, die ich vorige Woche erworben habe. Daraus mache ich Schals, Mützen, Handschuhe und Pullover für meine Kinder, mich - und vielleicht auch für meinen Mann. Wenn er mir zu Weihnachten eine Perlenkette schenkt. Oder Anteile an einer Schafherde, einem Windpark oder einem Biobauernhof. Panik? Kenne ich nicht!
Vielleicht liegen die Gründe aber auch viel tiefer, geboren aus der unterschwelligen Angst, demnächst vor dem kalten Nichts zu stehen, mitten in einer Wirtschaftskrise, in der Geld wertlos ist und die Regale in den Geschäften leer. Manchmal sehe ich die Szenerie vor mir: die Straßen wie nach einem Krieg leergefegt, die Häuser mit zerbrochenen Fensterscheiben, und die Bevölkerung kämpft ums Überleben. Man schachert mit Nachbarn und Bekannten, der Bauer wird bezahlt mit Omas altem Ehering, und die Kinder tragen umgearbeitete Kleider von Mama, Papa oder sonst wem, weil es keine neuen zu kaufen gibt.
Vielleicht tendiere ich deshalb derzeit zu Investitionen in dauerhafte Produkte. Ich kaufe nur noch ganz klassische Sachen, die garantiert die kommenden dreißig Jahre halten werden. Ich versuche, soviel wie möglich selbst zu machen, auch Brot. Und sollte ich demnächst ein paar Euro übrig haben, gibt es eine schöne Halskette vom Juwelier. Schmuck war in Krisenzeiten doch immer ein gutes Handelsobjekt. Ob das mit Wein funktioniert, weiß ich nicht. Auf jeden Fall bietet er die Möglichkeit, sich zwischendurch die Welt schön zu trinken.
Tatsächlich habe ich keine Ahnung, ob eine Krise bevorsteht. Geschweige denn, ob sich ein finanzieller Zusammenbruch überhaupt so dramatisch auswirken könnte. Vielleicht bin ich durch gewisse persönliche Umstände einfach überspannt und hypernervös. Das kann durchaus sein. Mein Seelenleben ist alles anders als stabil, da neige ich gern zu einem leichten Pessimismus. Wenn man drei Wochen lang jeden Tag mindestens fünfzehn Minuten zu spät zur Arbeit kommt, weil die S-Bahn inzwischen nach Rasputins Mondkalender fährt, dann liegen die Nerven blank. Also durchaus denkbar, dass ich weiße Mäuse sehe, die es nicht gibt. Oder drohende Versorgungsengpässe, die nie eintreten werden.
Tröstlich ist: ich bin nicht allein mit meinem Bedürfnis nach Autarkie. Im Radio erzählen Schüler, wie sie in VHS-Kursen Nähen lernen, die Bestseller-Listen werden nicht mehr von Krimis gefüllt, sondern von Ratgebern wie „Neue Möbel - selbst geschreinert“, „Der sichere Weg zur Selbstdiagnose“ oder „Überleben im heimischen Dschungel: Essbare Pflanzen der Großstadt“. DIY, der aktuelle Trend, ist übrigens die Abkürzung von „Do it yourself“, wie ich vor wenigen Tagen herausbekam. Da führte eine bekannte Frauenzeitschrift eine neue Rubrik zu genau diesem Thema ein. Es ging darum, wie man auf einem Balkon einen richtigen kleinen Garten anpflanzen kann. Mit Mini-Gewächshaus und der zeitlich optimalen An- und Aufzucht von nahrhaftem Gemüse.
Nun, ich habe einen kleinen Balkon, und eigenes Obst und Gemüse wollte ich schon immer. Andererseits: Man sollte sich nicht verrückt machen lassen. Es gibt keinen Grund zur Panik! „Sen“iore Bunga-Bunga-B. hat einen Pakt mit dem Teufel, das finanzielle Luftschluss wird noch viele Jahre stehen. Außerdem habe ich gar keine Zeit für Gartenarbeit. Auf mich warten fünf Kilogramm Wolle, die ich vorige Woche erworben habe. Daraus mache ich Schals, Mützen, Handschuhe und Pullover für meine Kinder, mich - und vielleicht auch für meinen Mann. Wenn er mir zu Weihnachten eine Perlenkette schenkt. Oder Anteile an einer Schafherde, einem Windpark oder einem Biobauernhof. Panik? Kenne ich nicht!
Donnerstag, 6. Oktober 2011
Zivilisationskrankheiten
Diese Woche ist Weltstillwoche! Unter dem Motto: „Stille und rede darüber“ wird für mehr und längeres Stillen geworben. Wer überlegt sich so was? Ich habe im Zeitraum weniger Monate Schwangerschaft so viele Schilderungen blutender Brustwarzen, schmerzhafter Entzündungen und vor Hunger schreiender Kinder ertragen, dass es für dieses und das nächste Leben reicht. Anlass für die Aktion ist übrigens die erschreckende Tatsache, dass direkt nach der Geburt fast alle Säuglinge gestillt werden, nach sechs Monate jedoch nur noch 50%. Dann ungefähr bekommen die lieben Kleinen Zähne, beginnen sich fortzubewegen und zu sprechen. Säuglinge sollen sie bitteschön trotzdem bleiben! Was wäre nach Meinung der Still-Faschisten die korrekte Dauer? Sechs Jahre, bis zur Einschulung? Oder benötigen Kinder bis zum Eintritt ins Erwachsenenalter die mütterliche Brust?
Klänge es nicht arg sarkastisch, könnte man in Sachen artgerechter Haltung und falsch verstandenem Enthusiasmus einen Vergleich zum Umgang mit unseren Haustieren ziehen. Der hiesige Tierschutzverein hat jüngst ein Katzenhaus beantragt. Für die inzwischen mehr als einhundert beherbergten Katzen. Vermittelt können die armen Tiere nämlich nicht werden. Die Hürden für Interessenten sind zu hoch: ausschließlich Wohnungshaltung (Stubentiger!), keine Kinder, keine anderen Tiere, kein Eigenheim (weil meist mit Garten und somit Gefahr von Freigang), wahrscheinlich am besten auch keine weiteren Personen im Haushalt. Warum? Weil Katzen draußen von Autos überfahren werden können. Straßen lauern überall. Und weil Katzen die alleinige Aufmerksamkeit des Besitzers und dessen uneingeschränkte Zuwendung brauchen. Am besten rund um die Uhr. Also keine Bewegung im Freien und ständig jemand um sich. Wird bestimmt ein tolles Katzen-Leben.... Bei Hunden läuft es ganz ähnlich. Ein Schelm, wer auf den Gedanken verfällt, die Betreiber nähmen den Begriff „Tierheim“ wörtlich und die Vermittlung sei nur mehr ein Vorwand, um an staatliche Fördergelder zu kommen. Spenden werden auch gern genommen! Ein Tier bekommt man trotzdem nicht (Eigenheim, Garten). Sie sind absolut unbestechlich.
Was mag nächste Woche unseren unsterblichen Weltverbesserern einfallen? „Lasse Wasser und rede darüber“?
„Mach einen Einlauf vor Publikum“ ist leider schon vergeben. Das hat in den neunziger Jahren ein Performance-Künstler ausprobiert. Mit blauer Farbe. Waren das noch Zeiten!
Klänge es nicht arg sarkastisch, könnte man in Sachen artgerechter Haltung und falsch verstandenem Enthusiasmus einen Vergleich zum Umgang mit unseren Haustieren ziehen. Der hiesige Tierschutzverein hat jüngst ein Katzenhaus beantragt. Für die inzwischen mehr als einhundert beherbergten Katzen. Vermittelt können die armen Tiere nämlich nicht werden. Die Hürden für Interessenten sind zu hoch: ausschließlich Wohnungshaltung (Stubentiger!), keine Kinder, keine anderen Tiere, kein Eigenheim (weil meist mit Garten und somit Gefahr von Freigang), wahrscheinlich am besten auch keine weiteren Personen im Haushalt. Warum? Weil Katzen draußen von Autos überfahren werden können. Straßen lauern überall. Und weil Katzen die alleinige Aufmerksamkeit des Besitzers und dessen uneingeschränkte Zuwendung brauchen. Am besten rund um die Uhr. Also keine Bewegung im Freien und ständig jemand um sich. Wird bestimmt ein tolles Katzen-Leben.... Bei Hunden läuft es ganz ähnlich. Ein Schelm, wer auf den Gedanken verfällt, die Betreiber nähmen den Begriff „Tierheim“ wörtlich und die Vermittlung sei nur mehr ein Vorwand, um an staatliche Fördergelder zu kommen. Spenden werden auch gern genommen! Ein Tier bekommt man trotzdem nicht (Eigenheim, Garten). Sie sind absolut unbestechlich.
Was mag nächste Woche unseren unsterblichen Weltverbesserern einfallen? „Lasse Wasser und rede darüber“?
„Mach einen Einlauf vor Publikum“ ist leider schon vergeben. Das hat in den neunziger Jahren ein Performance-Künstler ausprobiert. Mit blauer Farbe. Waren das noch Zeiten!
Freitag, 30. September 2011
Die segensreiche Erfindung des Fahrradhelms
Es gibt Dinge, die ändern sich nie. Meinen Eltern habe ich früher den einen oder anderen Schnitzer verschwiegen. Um ihnen Kummer zu ersparen. Und mir den Ärger.
Inzwischen bin ich erwachsen. Und nach wie vor ein Gegner der totalen Offenheit. Ich halte es da mit den östlichen Ländern. Warum soll ich meine Umwelt unnötig in Angst, Schrecken oder Ärger versetzen? Meine Kinder müssen nicht wissen, dass ich ab und zu (pssst!) rauche. Ganz heimlich und äußerst selten, vielleicht dreimal im Jahr. Was mein Mann alles nicht unbedingt zu wissen braucht, sprengt den Rahmen dieses Posts. Zumal es keine schlimmen Sachen sind. Weder Banküberfälle noch ermordete Großmütter oder die Affäre mit dem Musiklehrer meines Sohnes. Davon weiß er längst. Ich meine die kleinen Zwischenfälle, die, nun ja, praktisch folgenlos bleiben, niemandem Schmerzen verursachen und beim Entdecken nur unnötige Auseinandersetzungen hervorrufen. Mit dieser Philosophie bin ich übrigens nicht allein. Mein Bruder zum Beispiel erzählt zuhause grundsätzlich nicht, wenn er zum Eisklettern geht. Ein Bekannter verschweigt seit Jahrzehnten seiner Umwelt erfolgreich, dass er schwul ist, und Merkel & Co verheimlichen vor uns so gut wie alles.
Heute habe ich meinen Sport vorzeitig abgebrochen. Die Trainingseinheit nennt sich Power-Workout und lebt von und mit schneller, lauter Musik und viel Bewegung. Was genau meinen Bedürfnissen Freitag abends nach einer stressigen Woche entspricht. Richtig austoben nannte man das früher. Als Frau über dreißig ist das mit dem täglichen Fangen und Verstecken spielen leider aus verschiedenen Gründen vorbei. Deshalb fließt mein Schweiß nur freitags, und dann in Strömen. Heute war unsere Trainerin verhindert und der Ersatz, eine groß gewachsene Mittfünfzigerin, ging direkt nach der Aufwärmrunde zum Pilatesprogramm am Boden über. Samt Meditationsmusik. An dieser Stelle sei erwähnt: Pilates erregt in mir ähnliche Gefühle wie morgendlicher Stop-and-Go-Verkehr. Ja, es ist effektiv und schonend und überhaupt ganz wundervoll - mich macht es jedoch nur furchtbar aggressiv. Unzählige Haltungsangaben, verschiedene Atemtechniken, auf die man achten soll, und bewegt wird dazu abwechselnd der rechte große Zeh oder das linke Knie.
Nach zehn Minuten bin ich also geflüchtet. Es folgte der übliche Wortwechsel: Warum ich ginge (weil ich Workout machen will und keine Zeitlupengymnastik), dass Pilates aber minnnn-destens genauso gut sei (ich mag es aber nicht; genau deshalb gehe ich zum Workout und nicht in Pilates). Ja, und dann stand ich da, mit all meiner überschüssigen Energie und einer enormen Wut im Bauch angesichts dieser blödsinnigen Diskussion. Erstens bin ich erwachsen und zweitens bezahle ich für diesen Sport. Warum muss mich rechtfertigen, wenn ich statt der erhofften Entspannung nur weiteren Ärger erlebe und deshalb vorzeitig aufhöre? Da die Halle direkt an einen großen Wald grenzt, wollte ich mich ersatzweise noch ein wenig mit dem Fahrrad austoben. Allerdings stellte ich schnell fest, dass angesichts der Dunkelheit auch dieses Programm wenig glückverheißend war. Frustriert machte ich mich auf den Heimweg, grummelnd und brummelnd und sinnierend - und fast forward, wie immer. Eine meiner Eigenheiten: Ich kann mich nicht langsam bewegen. Ich brauche Speed!
Schnell durch eine Stadt radeln und nebenher im Kopf diverse Kämpfe und Diskussionen ausfechten ist, man ahnt es, keine gute Kombination. An einer Kreuzung stieß ich mit einer anderen Radlerin zusammen. Ich bemerkte sie just in dem Moment, als wir, Räder und Pedale ineinander verhakt, abrupt zum Stehen kamen. Keinem von uns war etwas passiert. Ich entschuldigte mich mehrmals, weil ich dermaßen gepennt hatte. Und sie fragte mich netterweise, ob ich okay sei. So eine versponnene Mid-Agerin, mag sie gedacht haben.
Sie trug übrigens einen Fahrradhelm. Genauso wie ich. Und obwohl wir nicht gestürzt sind, bin ich im Nachhinein ausgesprochen froh über den Kopfschutz. Über ihren nebenbei bemerkt ebenso wie über meinen.
Den Unfall selbst habe ich zuhause bisher erfolgreich verschwiegen. Es gibt Dinge, die behält man besser für sich. Aber ich glaube, das erwähnte ich bereits.
Inzwischen bin ich erwachsen. Und nach wie vor ein Gegner der totalen Offenheit. Ich halte es da mit den östlichen Ländern. Warum soll ich meine Umwelt unnötig in Angst, Schrecken oder Ärger versetzen? Meine Kinder müssen nicht wissen, dass ich ab und zu (pssst!) rauche. Ganz heimlich und äußerst selten, vielleicht dreimal im Jahr. Was mein Mann alles nicht unbedingt zu wissen braucht, sprengt den Rahmen dieses Posts. Zumal es keine schlimmen Sachen sind. Weder Banküberfälle noch ermordete Großmütter oder die Affäre mit dem Musiklehrer meines Sohnes. Davon weiß er längst. Ich meine die kleinen Zwischenfälle, die, nun ja, praktisch folgenlos bleiben, niemandem Schmerzen verursachen und beim Entdecken nur unnötige Auseinandersetzungen hervorrufen. Mit dieser Philosophie bin ich übrigens nicht allein. Mein Bruder zum Beispiel erzählt zuhause grundsätzlich nicht, wenn er zum Eisklettern geht. Ein Bekannter verschweigt seit Jahrzehnten seiner Umwelt erfolgreich, dass er schwul ist, und Merkel & Co verheimlichen vor uns so gut wie alles.
Heute habe ich meinen Sport vorzeitig abgebrochen. Die Trainingseinheit nennt sich Power-Workout und lebt von und mit schneller, lauter Musik und viel Bewegung. Was genau meinen Bedürfnissen Freitag abends nach einer stressigen Woche entspricht. Richtig austoben nannte man das früher. Als Frau über dreißig ist das mit dem täglichen Fangen und Verstecken spielen leider aus verschiedenen Gründen vorbei. Deshalb fließt mein Schweiß nur freitags, und dann in Strömen. Heute war unsere Trainerin verhindert und der Ersatz, eine groß gewachsene Mittfünfzigerin, ging direkt nach der Aufwärmrunde zum Pilatesprogramm am Boden über. Samt Meditationsmusik. An dieser Stelle sei erwähnt: Pilates erregt in mir ähnliche Gefühle wie morgendlicher Stop-and-Go-Verkehr. Ja, es ist effektiv und schonend und überhaupt ganz wundervoll - mich macht es jedoch nur furchtbar aggressiv. Unzählige Haltungsangaben, verschiedene Atemtechniken, auf die man achten soll, und bewegt wird dazu abwechselnd der rechte große Zeh oder das linke Knie.
Nach zehn Minuten bin ich also geflüchtet. Es folgte der übliche Wortwechsel: Warum ich ginge (weil ich Workout machen will und keine Zeitlupengymnastik), dass Pilates aber minnnn-destens genauso gut sei (ich mag es aber nicht; genau deshalb gehe ich zum Workout und nicht in Pilates). Ja, und dann stand ich da, mit all meiner überschüssigen Energie und einer enormen Wut im Bauch angesichts dieser blödsinnigen Diskussion. Erstens bin ich erwachsen und zweitens bezahle ich für diesen Sport. Warum muss mich rechtfertigen, wenn ich statt der erhofften Entspannung nur weiteren Ärger erlebe und deshalb vorzeitig aufhöre? Da die Halle direkt an einen großen Wald grenzt, wollte ich mich ersatzweise noch ein wenig mit dem Fahrrad austoben. Allerdings stellte ich schnell fest, dass angesichts der Dunkelheit auch dieses Programm wenig glückverheißend war. Frustriert machte ich mich auf den Heimweg, grummelnd und brummelnd und sinnierend - und fast forward, wie immer. Eine meiner Eigenheiten: Ich kann mich nicht langsam bewegen. Ich brauche Speed!
Schnell durch eine Stadt radeln und nebenher im Kopf diverse Kämpfe und Diskussionen ausfechten ist, man ahnt es, keine gute Kombination. An einer Kreuzung stieß ich mit einer anderen Radlerin zusammen. Ich bemerkte sie just in dem Moment, als wir, Räder und Pedale ineinander verhakt, abrupt zum Stehen kamen. Keinem von uns war etwas passiert. Ich entschuldigte mich mehrmals, weil ich dermaßen gepennt hatte. Und sie fragte mich netterweise, ob ich okay sei. So eine versponnene Mid-Agerin, mag sie gedacht haben.
Sie trug übrigens einen Fahrradhelm. Genauso wie ich. Und obwohl wir nicht gestürzt sind, bin ich im Nachhinein ausgesprochen froh über den Kopfschutz. Über ihren nebenbei bemerkt ebenso wie über meinen.
Den Unfall selbst habe ich zuhause bisher erfolgreich verschwiegen. Es gibt Dinge, die behält man besser für sich. Aber ich glaube, das erwähnte ich bereits.
Montag, 26. September 2011
Volksfest in Petropawlowsk-Kamtschatki
Die Russen sind bekanntlich ein trinkfreudiges Volk. Ich habe einen slawischen Nachnamen - nicht ganz zufällig, sondern als Ergebnis verschiedener historischer und ethymologischer Entwicklungen. Und ich lebe in einer Gegend, wo ein Bier früh morgens um zehn völlig normal ist. Es gibt Momente im Leben, da habe ich das Gefühl, diese Konstellation ist nicht gut. Andererseits ist Alkohol in meiner Wahlheimat nicht gerade billig, insbesondere Ende September, Anfang Oktober. So kommen mir die schwäbischen Wurzeln meiner Ahnen zugute. Einhundert Euro investiere ich lieber in Urlaub als in ein Besäufnis. Im Übrigen bevorzuge ich Wein. Was es nicht besser macht.
Ist doch gerade alles so verzwickt und vertrackt, dass ich bezweifle, ob solche Menge an Alkohol überhaupt existieren, um sich diese Welt schön zu trinken. Wo habe ich meine Kinder nur ausgesetzt?
Wir erhöhen die finanzielle Unterstützung eines bankrotten Landes mit der Begründung, wir profitierten später selbst von diesen Krediten - wenn auch unsere Liquidität nach vielen verpufften Milliarden zum Teufel geht. Um eine höhergestellte Person zu zitieren, die nicht namentlich genannt werden will: Wir zahlen unsere Schulden später mit unserer Kreditkarte. Super! Ich bin in einem überdimensionalen Monopoly gelandet. Noch eine Schlossallee, noch eine Zusatzsteuer, nur ins Gefängnis wandert schon lang keiner mehr. Statt dessen gibt es Boni, Abfindungen, Prämien - nur für die Guten, also die Bösen versteht sich.
Ergänzend dazu hat die WHO (vielleicht war es auch WWF oder CERN) festgestellt, dass Jugendliche von heute weltweit weniger über Sex und dessen Folgen aufgeklärt sind als vor zwanzig Jahren. Vielleicht hätte das jemand dem Heiligen Vater beim Heimatbesuch erzählen sollen. Als gute Nachricht der Woche quasi. Ich bin sicher, aus lauter Freude und Erleichterung wären gleich noch ein paar Hexen verbrannt worden. Ein Großinquisitor versteht sich hervorragend auf solche Dinge, das wissen wir. Allein schon die Stimme! Hat ihn jemand gehört? Der lässt Wasser zu Eis gefrieren, so kalt klingen seine Worte.
Aber nein, ich will hier keine persönlichen Ressentiments einfließen lassen. WIR sind Papst, das allein zählt. WIR tragen knallrote Designerschuhe für eintausend Euro. Könnten sich die meisten von uns sonst doch gar nicht leisten! Dass der gute Mann samt seiner kruden Ansichten direkt aus dem Mittelalter zu uns emporgestiegen ist? Da sehen wir lässig drüber weg.
Wenigstens passt er hervorragend zu den übrigen Granden neo-germanischen Ursprungs. Das Merkel, „Ich-Wolfgang-Kaiser-und-Gott“, der Rollende, all die Middelhoffs und Mehdorns und sonstigen Maximierungsspezialisten, was den eigenen Nutzen angeht. Monopoly-Monarchen par exellence.
Letzte Woche, die Woche davor und diese Woche stand ich mit meiner S-Bahn beinahe täglich irgendwo zwischen hier und dort auf den Gleisen. Stellwerkstörung, Signalstörung, die Geleise vom vorigen Zug belegt, gähn. Eine extra Tapferkeitspreis verdient der Fahrer, der per Lautsprecher morgens um acht einigen hundert Leuten erklären musste, dass „dieser Zug abgestellt“ würde. Zu viel los auf den Schienen, hieß es. Richtig kuschelig wurde es, als wir alle aus- und später in die nächste, leider schon vollbesetzte Bahn einsteigen mussten. Ich bin sicher, die DB, geritten, pardon geführt von Herrn Loch oder Falle oder wie er heißt, löst auch dieses Problem in naher Zukunft gewohnt gründlich, um nicht zu sagen bestgeplant: Die dritte Klasse wird ihr Revival erleben. Außen ein paar Trittbretter angeschraubt und aufs Dach Kissen und Taue. Die Logenplätze sind ganz vorn, im Ochsengeschirr vor dem Triebwagen. „Kein Pferd kann so tot sein, das wir es nicht mehr reiten können.”
Ein dreifaches Prosit der Gemütlichkeit! In nomine Santa Mafia, et Opus Dei et Spiritus Sanctus, damit's besser brennt. Amen.
Ist doch gerade alles so verzwickt und vertrackt, dass ich bezweifle, ob solche Menge an Alkohol überhaupt existieren, um sich diese Welt schön zu trinken. Wo habe ich meine Kinder nur ausgesetzt?
Wir erhöhen die finanzielle Unterstützung eines bankrotten Landes mit der Begründung, wir profitierten später selbst von diesen Krediten - wenn auch unsere Liquidität nach vielen verpufften Milliarden zum Teufel geht. Um eine höhergestellte Person zu zitieren, die nicht namentlich genannt werden will: Wir zahlen unsere Schulden später mit unserer Kreditkarte. Super! Ich bin in einem überdimensionalen Monopoly gelandet. Noch eine Schlossallee, noch eine Zusatzsteuer, nur ins Gefängnis wandert schon lang keiner mehr. Statt dessen gibt es Boni, Abfindungen, Prämien - nur für die Guten, also die Bösen versteht sich.
Ergänzend dazu hat die WHO (vielleicht war es auch WWF oder CERN) festgestellt, dass Jugendliche von heute weltweit weniger über Sex und dessen Folgen aufgeklärt sind als vor zwanzig Jahren. Vielleicht hätte das jemand dem Heiligen Vater beim Heimatbesuch erzählen sollen. Als gute Nachricht der Woche quasi. Ich bin sicher, aus lauter Freude und Erleichterung wären gleich noch ein paar Hexen verbrannt worden. Ein Großinquisitor versteht sich hervorragend auf solche Dinge, das wissen wir. Allein schon die Stimme! Hat ihn jemand gehört? Der lässt Wasser zu Eis gefrieren, so kalt klingen seine Worte.
Aber nein, ich will hier keine persönlichen Ressentiments einfließen lassen. WIR sind Papst, das allein zählt. WIR tragen knallrote Designerschuhe für eintausend Euro. Könnten sich die meisten von uns sonst doch gar nicht leisten! Dass der gute Mann samt seiner kruden Ansichten direkt aus dem Mittelalter zu uns emporgestiegen ist? Da sehen wir lässig drüber weg.
Wenigstens passt er hervorragend zu den übrigen Granden neo-germanischen Ursprungs. Das Merkel, „Ich-Wolfgang-Kaiser-und-Gott“, der Rollende, all die Middelhoffs und Mehdorns und sonstigen Maximierungsspezialisten, was den eigenen Nutzen angeht. Monopoly-Monarchen par exellence.
Letzte Woche, die Woche davor und diese Woche stand ich mit meiner S-Bahn beinahe täglich irgendwo zwischen hier und dort auf den Gleisen. Stellwerkstörung, Signalstörung, die Geleise vom vorigen Zug belegt, gähn. Eine extra Tapferkeitspreis verdient der Fahrer, der per Lautsprecher morgens um acht einigen hundert Leuten erklären musste, dass „dieser Zug abgestellt“ würde. Zu viel los auf den Schienen, hieß es. Richtig kuschelig wurde es, als wir alle aus- und später in die nächste, leider schon vollbesetzte Bahn einsteigen mussten. Ich bin sicher, die DB, geritten, pardon geführt von Herrn Loch oder Falle oder wie er heißt, löst auch dieses Problem in naher Zukunft gewohnt gründlich, um nicht zu sagen bestgeplant: Die dritte Klasse wird ihr Revival erleben. Außen ein paar Trittbretter angeschraubt und aufs Dach Kissen und Taue. Die Logenplätze sind ganz vorn, im Ochsengeschirr vor dem Triebwagen. „Kein Pferd kann so tot sein, das wir es nicht mehr reiten können.”
Ein dreifaches Prosit der Gemütlichkeit! In nomine Santa Mafia, et Opus Dei et Spiritus Sanctus, damit's besser brennt. Amen.
Donnerstag, 22. September 2011
... Urlaub heute
Als ich volljährig war, konnte ich endlich reisen, in die Welt hinaus, wohin der Wind mich trug, wie lange ich wollte. Und das Geld reichte. Wir schreiben die frühen neunziger Jahre, es gab noch keine Zwanzig-Euro-Flüge und das Internet steckte in Babyschühchen. Also ging es im Sommer für ein paar Tage nach Südtirol. Meine Freundin war schon mit eigenem Auto mobil. Und es wurde immer ein Erlebnis! Fahrradtouren, Wanderungen, Bummeln und Disco-Besuche, wir hatten unseren Spaß und kamen braun gebrannt und glücklich heim.
Später, mit meinem Mann, unternahm ich Motorradtouren. Die Distanzen wurden größer: Unsere Reiseziele hießen Elba, Sardinien oder Südfrankreich; die Unterbringung erfolgte im Zelt oder unter freiem Himmel. Wir fuhren irgendwann los, irgendwann weiter und irgendwann heim. Dazwischen lagen Tage mit viel Spritverbrauch und wenig Kultur. Geplant war bis auf die ungefähre Route gar nichts. Da wir in der Nebensaison reisten, stand uns für gewöhnlich überall die ganze Zeltwiese zur Verfügung, vom Bodensee bis Barcelona. Ruhe und Erholung pur!
In den letzten Jahren sind unserem exklusiven Freizeitclub zwei neue Mitglieder beigetreten. Die Urlaube finden in den Schulferien statt und Shoppingtouren mutieren zur vierfachen Null-Lösung. Ich gebe zu, das vermisse ich. Dafür residieren wir auf gut besuchten Campingplätzen mit jeder Menge anderer Familien und verbringen die Abende nurmehr selten einsam vor dem Zelt.
Am liebsten fahren wir zum Kalterer See. Dort erleben wir bei jedem Aufenthalt interessante und amüsante Begegnungen und faszinierende Momente. Im vergangenen Urlaub zum Beispiel ganze Kolonnen schwedischer Wohnmobile in Omnibus-Größe. Vielleicht wollten sie die Elche nicht allein zuhause lassen.
Warum man in Niederbayern den Saeco-Kaffeevollautomaten (und die vollständige Wohnungseinrichtung, Kinderzimmer inklusive) in einen Wohnwagen packt, wurde uns ausführlich bei einem Glas Wein erklärt. Verstanden haben wir es trotzdem nicht. Es gibt Dinge, die kann man nur staunend hinnehmen, hinterfragen ist zwecklos. Zwei Erwachsene, ein Kind, ein Renault Espace und ein Maxi-Caravan, eine zehnstündige Marathon-Fahrt und eine ebenso lange Aufbauzeit. (Vorzelt, Teppich für das Vorzelt, Schränke für das Vorzelt, Hängeregale für das Vorzelt, Küche für das Vorzelt, Einräumen der Möbel, Schränke, Regale und so weiter.) Seither wissen wir, wo man ganz in der Nähe den günstigsten Wein abgefüllt bekommt und - nicht ganz so nah - Espresso im Angebot, nämlich in einem Großmarkt am Gardasee. Was sind schon zweihundert Kilometer, wenn das Jahreskontingent an Kaffeepulver gedeckt werden muss.
Eigentlich ist Camping-Urlaub wie Schule, nur dass man fürs Leben lernt. Zum Beispiel Menschenkenntnis. Oder wie man sich ohne Eltern durchs Leben schlägt. (Lösung: Man lädt sich bei den Nachbarn ein.)
Und es gibt Highlights, die sind einmalig und nicht zu übertreffen. Lustige Abende mit Menschen, die man kaum kennt und trotzdem besser versteht als die eigenen Geschwister.
Eine Wagenburg von drei Familien hatte für den Nachwuchs ein extra Kinderzelt aufgebaut und dort einen Kino-Abend vorbereitet. Die Eltern besuchten eine nahe gelegene Hofschänke (die mit dem günstigen Abfüll-Wein), und das Kinderzelt war innerhalb weniger Minuten mit jeder Menge weiterer minderjähriger Besucher gefüllt, unter anderem auch den unsrigen und denen zweier Freundinnen. Die Kinder amüsierten sich bestens, gut versorgt mit Chips und Saft, wir Erwachsenen mit reichlich Wein und einer gewaltigen Kerze. Und alle, wirklich alle, waren zufrieden und glücklich. Wir diskutierten über die Schule, unser Rentensystem, Hochtouren im Gebirge und die Wirtschaftskrise. Thomas, ein temporärer Gast, bekam von Otto einen feuchten Kuss und versuchte beim Anblick unserer entsetzten Gesichter, uns von Ottos Kuschelqualitäten zu überzeugen. Es entspann sich eine lebhafte Diskussion. Thomas blieb allerdings in all seinen Versuchen, uns umzustimmen erfolglos. Ich fürchte, er war der Einzige, der später etwas frustriert zu Bett ging. Im Gegensatz zu uns. Und Otto, seiner neunzig Kilogramm schweren Dogge.
Unser Lieblings-Urlaubsstichwort zur Aufheiterung lautet „Kalterer See“.
Und nächstes Jahr geht‘s wieder hin. Spätestens!
Später, mit meinem Mann, unternahm ich Motorradtouren. Die Distanzen wurden größer: Unsere Reiseziele hießen Elba, Sardinien oder Südfrankreich; die Unterbringung erfolgte im Zelt oder unter freiem Himmel. Wir fuhren irgendwann los, irgendwann weiter und irgendwann heim. Dazwischen lagen Tage mit viel Spritverbrauch und wenig Kultur. Geplant war bis auf die ungefähre Route gar nichts. Da wir in der Nebensaison reisten, stand uns für gewöhnlich überall die ganze Zeltwiese zur Verfügung, vom Bodensee bis Barcelona. Ruhe und Erholung pur!
In den letzten Jahren sind unserem exklusiven Freizeitclub zwei neue Mitglieder beigetreten. Die Urlaube finden in den Schulferien statt und Shoppingtouren mutieren zur vierfachen Null-Lösung. Ich gebe zu, das vermisse ich. Dafür residieren wir auf gut besuchten Campingplätzen mit jeder Menge anderer Familien und verbringen die Abende nurmehr selten einsam vor dem Zelt.
Am liebsten fahren wir zum Kalterer See. Dort erleben wir bei jedem Aufenthalt interessante und amüsante Begegnungen und faszinierende Momente. Im vergangenen Urlaub zum Beispiel ganze Kolonnen schwedischer Wohnmobile in Omnibus-Größe. Vielleicht wollten sie die Elche nicht allein zuhause lassen.
Warum man in Niederbayern den Saeco-Kaffeevollautomaten (und die vollständige Wohnungseinrichtung, Kinderzimmer inklusive) in einen Wohnwagen packt, wurde uns ausführlich bei einem Glas Wein erklärt. Verstanden haben wir es trotzdem nicht. Es gibt Dinge, die kann man nur staunend hinnehmen, hinterfragen ist zwecklos. Zwei Erwachsene, ein Kind, ein Renault Espace und ein Maxi-Caravan, eine zehnstündige Marathon-Fahrt und eine ebenso lange Aufbauzeit. (Vorzelt, Teppich für das Vorzelt, Schränke für das Vorzelt, Hängeregale für das Vorzelt, Küche für das Vorzelt, Einräumen der Möbel, Schränke, Regale und so weiter.) Seither wissen wir, wo man ganz in der Nähe den günstigsten Wein abgefüllt bekommt und - nicht ganz so nah - Espresso im Angebot, nämlich in einem Großmarkt am Gardasee. Was sind schon zweihundert Kilometer, wenn das Jahreskontingent an Kaffeepulver gedeckt werden muss.
Eigentlich ist Camping-Urlaub wie Schule, nur dass man fürs Leben lernt. Zum Beispiel Menschenkenntnis. Oder wie man sich ohne Eltern durchs Leben schlägt. (Lösung: Man lädt sich bei den Nachbarn ein.)
Und es gibt Highlights, die sind einmalig und nicht zu übertreffen. Lustige Abende mit Menschen, die man kaum kennt und trotzdem besser versteht als die eigenen Geschwister.
Eine Wagenburg von drei Familien hatte für den Nachwuchs ein extra Kinderzelt aufgebaut und dort einen Kino-Abend vorbereitet. Die Eltern besuchten eine nahe gelegene Hofschänke (die mit dem günstigen Abfüll-Wein), und das Kinderzelt war innerhalb weniger Minuten mit jeder Menge weiterer minderjähriger Besucher gefüllt, unter anderem auch den unsrigen und denen zweier Freundinnen. Die Kinder amüsierten sich bestens, gut versorgt mit Chips und Saft, wir Erwachsenen mit reichlich Wein und einer gewaltigen Kerze. Und alle, wirklich alle, waren zufrieden und glücklich. Wir diskutierten über die Schule, unser Rentensystem, Hochtouren im Gebirge und die Wirtschaftskrise. Thomas, ein temporärer Gast, bekam von Otto einen feuchten Kuss und versuchte beim Anblick unserer entsetzten Gesichter, uns von Ottos Kuschelqualitäten zu überzeugen. Es entspann sich eine lebhafte Diskussion. Thomas blieb allerdings in all seinen Versuchen, uns umzustimmen erfolglos. Ich fürchte, er war der Einzige, der später etwas frustriert zu Bett ging. Im Gegensatz zu uns. Und Otto, seiner neunzig Kilogramm schweren Dogge.
Unser Lieblings-Urlaubsstichwort zur Aufheiterung lautet „Kalterer See“.
Und nächstes Jahr geht‘s wieder hin. Spätestens!
Dienstag, 13. September 2011
Urlaub früher ...
Ich kann mich an genau einen Familienurlaub in meiner Kindheit erinnern. Tatsächlich war es der Einzige: Er führte uns nach Südtirol, nach Lana bei Meran. Mein ältester Bruder war in der Lehre und mit achtzehn Jahren nicht mehr erpicht auf derartige Unternehmungen; er wollte lieber zuhause die Blumen gießen. Mit von der Partie waren mein mittlerer Bruder, meine Eltern und zwei Bundeswehrkollegen meines Vaters mit Gattinnen, zwei oder drei Teenagern und meiner besten Brieffreundin. Keine Hunde, keine Babys.
So fuhren wir im Sommer 1981 in einer Dreier-Kolonne über den Reschenpass.
Wer zu dieser Zeit (oder vorher) in Italien war, hat eine ungefähre Vorstellung, warum man für eine Fahrt von gut dreihundert Kilometern frühmorgens um drei starten musste. Erschwerend kam hinzu, dass zwei von drei Fahrern sich sonst ausschließlich in einem Aktionsradius von zehn Kilometern rund um ihr Heim bewegten und beim Schalten selten über den zweiten von vier Gängen hinauskamen. Der Zwischenstopp am gefluteten Kirchturm war um die Mittagszeit. Ich glaube aber, wir haben die Fahrt an einem Tag bewältigt.
Die Pension, unser aller Ziel, war etwas kleiner als das Einfamilienhaus, das sich ein bekanntes Arztehepaar hier vor kurzem gebaut hat. Darin wohnten die Eigentümer, Familie Clementi, ein Ehepaar mit drei Kindern, Patricia und Tomaso und einem Namenlosen, der sich nicht mit uns Gastkindern abgab - und wir elf (oder zwölf) Gäste. Es war Juli, es war heiß, tagsüber gab es kein Leitungswasser, weil es für den Obst- und Weinbau benötigt wurde. Die Gartenmöbel bestanden aus einer morschen Schaukel und einem wackligen Holzstuhl. Das nächste Schwimmbad war dreißig Kilometer weit weg, in einem ganz anderen Tal. Keiner der Erwachsenen interessierte sich auch nur geringfügig für Natur, Berge oder gar sportliche Betätigung in selbigen. Und täglich wurde der altersschwache Opa unserer Gastgeber aus dem Krankenhaus zurück erwartet. Für diesen musste wegen eines Erbschaftsstreits mit dem Bruder ein großes Zimmer freigehalten werden. Meine Eltern, mein Bruder und ich teilten uns dafür ein Gemach, das ungefähr so groß war wie die Besenkammer unserer Arztfreunde. Die anderen Familien waren besser dran. Nach heutigen Maßstäben entsprachen deren Räume dem knapp bemessenen Kinderzimmer im Zuhause der Arzthelferin.
Wir besuchten jeweils einmal die Seiser Alm und den Kalterer See, seinerzeit die beiden einzigen Attraktionen, von der Besuchermenge her zu schließen. Und wir gingen jeden Tag ins gleiche Restaurant. Nur dort gab es Schweinebraten, die unentbehrliche Existenzgrundlage einer übergewichtigen Exkursionsteilnehmerin. Wir hatten immer den gleichen Tisch und wussten somit, dass es hauptsächlich unsere Flecken waren, durch die das Tischtuch einer Speisekarte gleichkam. Zehn Tage Urlaub können lang sein. Auch für Kinder.
Einen richtigen Urlaub haben meine Eltern danach nicht mehr gemacht. Geschweige denn in Italien. Seit etwa zehn Jahren setzen sie sich gelegentlich in ihren Kleinbus, fahren an die Mosel oder zur Ostsee, nächtigen im Auto und gehen zum Frühstücken in kleine, lauschige Pensionen. Ich bevorzuge ebenfalls autarkes Reisen mit maximal einer erwachsenen Begleitperson.
Einzig mein Bruder hat keine bleibenden Schäden zurückbehalten. Er verreist mit Frau, den beiden erwachsenen Töchtern, deren Freunden, seiner Schwägerin nebst Gatten und gern auch noch mit dem einen oder anderen Kollegen, samt Anhang versteht sich. Er war damals sechzehn und wohl mit anderen Dingen beschäftigt. Aber das ist nur eine Vermutung. Jedenfalls gibt es zwischen uns ein paar Codewörter, die selbst bei einer Beerdigung die Stimmung heben. „Lana bei Meran“ ist eines davon.
Wie gesagt, wir machen das heute etwas anders. Was dabei heraus kommt, folgt in Kürze.
So fuhren wir im Sommer 1981 in einer Dreier-Kolonne über den Reschenpass.
Wer zu dieser Zeit (oder vorher) in Italien war, hat eine ungefähre Vorstellung, warum man für eine Fahrt von gut dreihundert Kilometern frühmorgens um drei starten musste. Erschwerend kam hinzu, dass zwei von drei Fahrern sich sonst ausschließlich in einem Aktionsradius von zehn Kilometern rund um ihr Heim bewegten und beim Schalten selten über den zweiten von vier Gängen hinauskamen. Der Zwischenstopp am gefluteten Kirchturm war um die Mittagszeit. Ich glaube aber, wir haben die Fahrt an einem Tag bewältigt.
Die Pension, unser aller Ziel, war etwas kleiner als das Einfamilienhaus, das sich ein bekanntes Arztehepaar hier vor kurzem gebaut hat. Darin wohnten die Eigentümer, Familie Clementi, ein Ehepaar mit drei Kindern, Patricia und Tomaso und einem Namenlosen, der sich nicht mit uns Gastkindern abgab - und wir elf (oder zwölf) Gäste. Es war Juli, es war heiß, tagsüber gab es kein Leitungswasser, weil es für den Obst- und Weinbau benötigt wurde. Die Gartenmöbel bestanden aus einer morschen Schaukel und einem wackligen Holzstuhl. Das nächste Schwimmbad war dreißig Kilometer weit weg, in einem ganz anderen Tal. Keiner der Erwachsenen interessierte sich auch nur geringfügig für Natur, Berge oder gar sportliche Betätigung in selbigen. Und täglich wurde der altersschwache Opa unserer Gastgeber aus dem Krankenhaus zurück erwartet. Für diesen musste wegen eines Erbschaftsstreits mit dem Bruder ein großes Zimmer freigehalten werden. Meine Eltern, mein Bruder und ich teilten uns dafür ein Gemach, das ungefähr so groß war wie die Besenkammer unserer Arztfreunde. Die anderen Familien waren besser dran. Nach heutigen Maßstäben entsprachen deren Räume dem knapp bemessenen Kinderzimmer im Zuhause der Arzthelferin.
Wir besuchten jeweils einmal die Seiser Alm und den Kalterer See, seinerzeit die beiden einzigen Attraktionen, von der Besuchermenge her zu schließen. Und wir gingen jeden Tag ins gleiche Restaurant. Nur dort gab es Schweinebraten, die unentbehrliche Existenzgrundlage einer übergewichtigen Exkursionsteilnehmerin. Wir hatten immer den gleichen Tisch und wussten somit, dass es hauptsächlich unsere Flecken waren, durch die das Tischtuch einer Speisekarte gleichkam. Zehn Tage Urlaub können lang sein. Auch für Kinder.
Einen richtigen Urlaub haben meine Eltern danach nicht mehr gemacht. Geschweige denn in Italien. Seit etwa zehn Jahren setzen sie sich gelegentlich in ihren Kleinbus, fahren an die Mosel oder zur Ostsee, nächtigen im Auto und gehen zum Frühstücken in kleine, lauschige Pensionen. Ich bevorzuge ebenfalls autarkes Reisen mit maximal einer erwachsenen Begleitperson.
Einzig mein Bruder hat keine bleibenden Schäden zurückbehalten. Er verreist mit Frau, den beiden erwachsenen Töchtern, deren Freunden, seiner Schwägerin nebst Gatten und gern auch noch mit dem einen oder anderen Kollegen, samt Anhang versteht sich. Er war damals sechzehn und wohl mit anderen Dingen beschäftigt. Aber das ist nur eine Vermutung. Jedenfalls gibt es zwischen uns ein paar Codewörter, die selbst bei einer Beerdigung die Stimmung heben. „Lana bei Meran“ ist eines davon.
Wie gesagt, wir machen das heute etwas anders. Was dabei heraus kommt, folgt in Kürze.
Donnerstag, 25. August 2011
Abstruse Theorien - leider unerforscht
„Gelangweilte Forscher haben herausgefunden ...“ lautet unser privater Running Gag bei Schlagzeilen wie: „Warum Stress krank macht“ (huch), „Kein Sex schadet der Beziehung“ (Sex???), oder auch „Der Zensus 2011 hat ergeben: Alleinerziehende in D haben am wenigsten Geld zur Verfügung“ (heißer Kandidat für die „Erkenntnis des Jahrhunderts“). Es bedarf ohne Frage vieler Millionen oder gar Milliarden Euro (spendiert von wem eigentlich?), um zu solch bahnbrechenden Weisheiten zu gelangen. Hochbezahlte Fachkräfte befassen sich ausführlich mit sinnfreien Überlegungen, mit Theorien, die bereits Kindergartenkinder logisch beantworten könnten - wäre Sex und Stress in diesem Alter ein Thema.
Mich interessieren ganz andere Rätsel der Menschheit:
Zum Beispiel: Warum fallen begabte Kinder mit dem falschen sozialen Hintergrund in unserer Gesellschaft durch? Wer die falschen Eltern hat, bekommt keine Chance auf gute Noten. Warum kann man den Schulablauf in Deutschland nicht so gestalten, dass es Chancengleichheit gibt auf eine anständige Schul- und Ausbildung? Warum bleiben über zehn Prozent ohne Schulabschluss auf der Strecke und unzählige andere hoffnungslos unter ihren Möglichkeiten?
Oder: Beinahe jeder Erwachsene hat Knieprobleme. Liegt es womöglich daran, dass unser Skelett mit der Industrialisierung nicht Schritt halten konnte? Dass unsere Gelenke den asphaltierten Wegen nicht gewachsen sind, auf denen wir seit ungefähr vierzig Jahren allerorts wandeln? Nicht der teuerste Schuh mit der besten Dämpfung kann die Schläge absorbieren, die unsere Knochen und Bänder bei jedem Schritt auf Gehwegen, Straßen, betonierten Terrassen und Höfen malträtieren. Vielleicht wäre es höchste Zeit, von der Betonierwut abzukehren und wieder mehr weichen Untergrund zuzulassen.
Oder: Was zieht Menschen in überfüllte Hotels, Freibäder und Fußballstadien? Finden sie es schön, Handtuch an Handtuch am Strand oder Haut an Haut in einem geschlossenen Raum, wie - pardon - bei der Massentierhaltung?
Oder: Warum gilt Urlaub erst dann als solcher, wenn man ein paar Tausend Kilometer im Flieger zurückgelegt, unruhige Nächte in fremden, verunreinigten Betten und halbe Tage im Nahkampf an einem überfüllten Buffet verbracht hat (s. o.)?
Oder: Wie wirkt sich Fernsehen auf unsere Gesellschaft aus? Was passiert mit Kindern, die ohne TV groß werden? Womit beschäftigen sich Erwachsene, falls die Dauerberieselung „live“ aus dem Dschungel, von der Alm oder aus der Gosse ersatzlos gestrichen wird?
Und warum ist die Papierrolle im Halter grundsätzlich dann leer, wenn i c h auf Toilette gehe? Wenigstens hier kenne ich die Antwort: Männer glauben an nachwachsende Rohstoffe!
Freitag, 19. August 2011
Ja, aber...
Ich hatte sie, die beste Idee des Jahres. Innovativ, zeit- und energiesparend. Würdig, den Nobelpreis zu gewinnen. Zumindest die Auszeichnung "Mitarbeiter des Jahres". Bis mein Chef nach meinem Vortrag derselben gedankenverloren den Kopf schüttelte und ansetzte zu einem gedehnten "jaaa, aber".
Das lange gehegte Traumauto, eisern erspart, heiß ersehnt. Man erzählt vom geplanten Kauf der Vertrauensperson No. 1, der älteren Schwester, dem Freund, der Oma. Und sie freut sich mit, lächelt, nickt. Tätschelt einem den Arm. Macht den Mund auf und sagt: "Ja, aber...".
Das Vorstellungsgespräch für den Traumjob läuft fantastisch. Die Vorbereitung war perfekt, das Outfit entspricht dem Dresscode, keine Frage blieb unbeantwortet. Das Gegenüber schiebt die Unterlagen zusammen, fasst den guten Eindruck in Worte und leitet die Verabschiedung ein - mit "ja, aber".
Die Wohnungsbesichtigung ist beendet. Größe und Schnitt ein Highlight moderner Architektur, in zentraler Lage zu einem moderaten Preis. Die Selbstauskunft könnte nicht vorteilhafter ausfallen. Der Makler liest aufmerksam, steckt die Dokumente in seine Aktenmappe und streckt die Hand aus. Der Sieg ist greifbar. Da folgt ein kleiner Satz vom Vertreter des Eigentümers. Er beginnt mit den Worten "ja, aber". Das Leben könnte so schön sein, ohne diese beiden Worte.
Gestern sah ich wie jeden Abend nach meinen schlafenden Kindern, bevor ich zu Bett ging. Mein ältester Sohn träumte. Er wältzte sich auf die andere Seite, seufzte und sagte laut und vernehmlich: "Ja! Aber".
Das lange gehegte Traumauto, eisern erspart, heiß ersehnt. Man erzählt vom geplanten Kauf der Vertrauensperson No. 1, der älteren Schwester, dem Freund, der Oma. Und sie freut sich mit, lächelt, nickt. Tätschelt einem den Arm. Macht den Mund auf und sagt: "Ja, aber...".
Das Vorstellungsgespräch für den Traumjob läuft fantastisch. Die Vorbereitung war perfekt, das Outfit entspricht dem Dresscode, keine Frage blieb unbeantwortet. Das Gegenüber schiebt die Unterlagen zusammen, fasst den guten Eindruck in Worte und leitet die Verabschiedung ein - mit "ja, aber".
Die Wohnungsbesichtigung ist beendet. Größe und Schnitt ein Highlight moderner Architektur, in zentraler Lage zu einem moderaten Preis. Die Selbstauskunft könnte nicht vorteilhafter ausfallen. Der Makler liest aufmerksam, steckt die Dokumente in seine Aktenmappe und streckt die Hand aus. Der Sieg ist greifbar. Da folgt ein kleiner Satz vom Vertreter des Eigentümers. Er beginnt mit den Worten "ja, aber". Das Leben könnte so schön sein, ohne diese beiden Worte.
Gestern sah ich wie jeden Abend nach meinen schlafenden Kindern, bevor ich zu Bett ging. Mein ältester Sohn träumte. Er wältzte sich auf die andere Seite, seufzte und sagte laut und vernehmlich: "Ja! Aber".
Dienstag, 16. August 2011
Der Fluch der Realitätsflucht
Meinem Mann war langweilig. Ich habe ihn in der letzten Zeit wohl zu wenig in Atem gehalten. Möglicherweise sind auch die Kinder zu brav. Er surfte in den letzten Wochen stundenlang im weltweiten Spinnennetz und verglich und rechnete so lange, bis er einen neuen Handy-Anbieter gefunden hat, mit dem er seine horrenden monatlichen Rechnungen von einem Euro zwanzig und ähnlichen Beträgen unterbieten kann. (Ich bediene das Klischee der schwatzhaften Frau: Meine Handy-Rechnung bewegt sich zwischen drei und acht Euro.)
Jedenfalls bringt uns der neue Handy-Vertag - sonst verdiente ein Mann diese Bezeichnung nicht - natürlich noch jede Menge Extras ein. Eine neue Fritz-Box, ein neues Festnetztelefon, neue Handys zum Sonderpreis, neue Kabel, Batterien und Kabelbinder und, das Beste zum Schluss, den Zugang zu einem Internet-Filmportal.
Wir sind übrigens überzeugte Fernsehverweigerer, falls ich das bisher nicht erwähnte. Ich finde das TV-Programm so erbärmlich schlecht, dass der Totalausfall sämtlicher Antennen und Sendemasten weltweit nach meinem Empfinden ein größerer Segen für die Menschheit wäre als die Erfindung des Penicillin. Deshalb besitze ich seit meinem neunzehnten Lebensjahr keinen Empfänger mehr. Schöne Filme gibt es zuhauf, die sehe ich mir auf DVD an, bequem am Laptop oder seit neuestem in unserem Hauskino per Beamer. Der Vorteil dieser Scheiben ist, dass man sehr genau selektiert, was man kauft oder leiht. Immerhin geht es um viel Geld, jedenfalls für mich als Schwabe.
Das Internet-Filmportal hingegen ist gratis, zumindest bei manchen Filmen. Aktuell befinde ich mich in der Testphase: Seit fast eineinhalb Stunden rege ich mich bis zur Weißglut darüber auf, dass es dermaßen schlechte Filme gibt. (Richtig geraten: Es ist eine Produktion für Beelzebub Fernsehen.) Jeden Dialog kann man fünf Minuten im Voraus soufflieren. Von der Handlung ganz zu schweigen. Das Traumschiff erscheint einem dagegen als reinster Nibelungenring. Zumindest gibte es dort Schauspieler, die diese Bezeichnung verdienen. In dieser typischen Sat- oder Pro-Produktion tänzeln blonde Zicken mit operierter Nase und unüberhörbarem Bidderfälder Akzent durchs Bild, wechselweise zickig oder hysterisch, aber immer endlos naiv, der Held lispelnd und mit Halbglatze, die unvermeidliche gute Seele verständnisvoll bis zum Erbrechen. Zum Schluss erfolgt der Heiratsantrag, natürlich! vor Publikum. Gähn.
Mehrere Gläser Sekt später, als ich über diese knapp zwei Stunden vergeudete Zeit philosophiere, finde ich doch einen Vorteil: Die Darsteller gehen einer bezahlten Beschäftigung nach, nicht betteln.
Zum Glück schlafen meine Söhne tief und fest und werden nicht Zeuge, wie sich Mutti in intellektuelle Niederungen der untersten Schublade begibt. Morgen dürfen sie auf DVD ansehen, was ich ihnen heute verwehrt habe: Muppetshow. Die Schlümpfe. Teletubbies. Und Friedhof der Kuscheltiere. Oder Carrie. Nur paar Minuten ...
Jedenfalls bringt uns der neue Handy-Vertag - sonst verdiente ein Mann diese Bezeichnung nicht - natürlich noch jede Menge Extras ein. Eine neue Fritz-Box, ein neues Festnetztelefon, neue Handys zum Sonderpreis, neue Kabel, Batterien und Kabelbinder und, das Beste zum Schluss, den Zugang zu einem Internet-Filmportal.
Wir sind übrigens überzeugte Fernsehverweigerer, falls ich das bisher nicht erwähnte. Ich finde das TV-Programm so erbärmlich schlecht, dass der Totalausfall sämtlicher Antennen und Sendemasten weltweit nach meinem Empfinden ein größerer Segen für die Menschheit wäre als die Erfindung des Penicillin. Deshalb besitze ich seit meinem neunzehnten Lebensjahr keinen Empfänger mehr. Schöne Filme gibt es zuhauf, die sehe ich mir auf DVD an, bequem am Laptop oder seit neuestem in unserem Hauskino per Beamer. Der Vorteil dieser Scheiben ist, dass man sehr genau selektiert, was man kauft oder leiht. Immerhin geht es um viel Geld, jedenfalls für mich als Schwabe.
Das Internet-Filmportal hingegen ist gratis, zumindest bei manchen Filmen. Aktuell befinde ich mich in der Testphase: Seit fast eineinhalb Stunden rege ich mich bis zur Weißglut darüber auf, dass es dermaßen schlechte Filme gibt. (Richtig geraten: Es ist eine Produktion für Beelzebub Fernsehen.) Jeden Dialog kann man fünf Minuten im Voraus soufflieren. Von der Handlung ganz zu schweigen. Das Traumschiff erscheint einem dagegen als reinster Nibelungenring. Zumindest gibte es dort Schauspieler, die diese Bezeichnung verdienen. In dieser typischen Sat- oder Pro-Produktion tänzeln blonde Zicken mit operierter Nase und unüberhörbarem Bidderfälder Akzent durchs Bild, wechselweise zickig oder hysterisch, aber immer endlos naiv, der Held lispelnd und mit Halbglatze, die unvermeidliche gute Seele verständnisvoll bis zum Erbrechen. Zum Schluss erfolgt der Heiratsantrag, natürlich! vor Publikum. Gähn.
Mehrere Gläser Sekt später, als ich über diese knapp zwei Stunden vergeudete Zeit philosophiere, finde ich doch einen Vorteil: Die Darsteller gehen einer bezahlten Beschäftigung nach, nicht betteln.
Zum Glück schlafen meine Söhne tief und fest und werden nicht Zeuge, wie sich Mutti in intellektuelle Niederungen der untersten Schublade begibt. Morgen dürfen sie auf DVD ansehen, was ich ihnen heute verwehrt habe: Muppetshow. Die Schlümpfe. Teletubbies. Und Friedhof der Kuscheltiere. Oder Carrie. Nur paar Minuten ...
Dienstag, 9. August 2011
Hunde, wollt ihr ewig leben?
Deutschland hat eine neue Mission: Wir retten nach diversen Banken, Katalog-Shops, sämtlichen europäischen Mitgliedstaaten und der Ozonschicht, griechischen, slowenischen und tschechischen Hunden jetzt auch noch die mallorquinischen. Wenigstens einen großen Vorteil bringen sie gegenüber den anderen mit: Sie beherrschen bereits die Landessprache.
Klingt verwirrt? Nein, ist es nicht. Eine Vermittlung kontaktiert Radiosender auf der Suche nach Unterstützung für dieses Unternehmen. Und sie haben ja recht! Wir müssen die armen, verwahrlosten Tiere retten. Hier gibt es schließlich nicht genug davon. Wir haben auch jede Menge Geld übrig, das man dringend für verlauste, verwurmte, krebskranke und psychisch gestörte Tiere aus dem Ausland aufwenden kann, bevor es anderweitig nutzlos rausgepulvert wird. Warum ist eigentlich noch keiner auf die Idee gekommen, herrenlose Katzen aus Rom zu holen?
Klingt verwirrt? Nein, ist es nicht. Eine Vermittlung kontaktiert Radiosender auf der Suche nach Unterstützung für dieses Unternehmen. Und sie haben ja recht! Wir müssen die armen, verwahrlosten Tiere retten. Hier gibt es schließlich nicht genug davon. Wir haben auch jede Menge Geld übrig, das man dringend für verlauste, verwurmte, krebskranke und psychisch gestörte Tiere aus dem Ausland aufwenden kann, bevor es anderweitig nutzlos rausgepulvert wird. Warum ist eigentlich noch keiner auf die Idee gekommen, herrenlose Katzen aus Rom zu holen?
Unsere Kinder werden abgeschafft, und zwar schnell! Dann bleibt noch viel mehr übrig für die Banken und die Versicherungen, die Politiker und Vorstände. Alle Probleme sind gelöst. Zumal man Tiere einschläfern kann, wird man ihrer überdrüssig. Im Gegensatz zu Menschen.
Obwohl, wenn ich es mir recht überlege, warum eigentlich nicht? Frau Merkel und ihre Taten missfallen derzeit einem Großteil der deutschen Bevölkerung. Vielleicht wäre Einschläfern gar keine schlechte Lösung. Haben nicht ihre Kollegen darselbst den passenden Begriff geschaffen? Sozialverträgliches Frühableben – da könnte sie endlich mit bestem Beispiel voran gehen. Und ich hätte noch mehr Kandidaten, die prädestiniert sind. Wie wärs mit den Herren Grube und Ramsauer. Die müssten wir sogar ganz schnell entsorgen, bevor sie das Straßen- und Schienennetz von Gesamtdeutschland komplett verrecken lassen zugunsten einiger nutzloser Prestigeobjekte, die noch dazu angesichts der aktuellen Euro-Krise schon bald als Bauruinen zu verenden drohen.
Andererseits kann man es als Wiedergutmachung verstehen. Das letzte Ressort der deutschen Imperialisten rächt sich mit biologischen Waffen. Wuff!
Donnerstag, 4. August 2011
Die schöne neue Welt der Zauberkünstler
Wochenlang zittern und bibbern die USA und die Finanzmärkte weltweit, weil der Kollaps droht. Eine Staatsverschuldung von über vierzehn Billionen Dollar (ca. 10 Billionen Euro) ist nicht von Pappe. Und die USA sind kein Bananenstaat in der Karibik, mit zwanzig Ureinwohnern und zweitausend Touristen jährlich. Ganz Europa, selbst arg gebeutelt und umsegelt vom Pleitegeier, sieht wie üblich ehrfürchtig und mit bangem Herzen zum gelobten Vorbild über den großen Teich hinüber. Banken und Regierungen rechnen, telefonieren, rechnen wieder, telefonieren noch mal. Da plötzlich, simsalabim, geschieht das Wunder. Ein unschuldiges weißes Kaninchen schlüpft aus Mr Obamas Hut: Der Senat hat abgestimmt, die Einigung ist erzielt, das Schulden-Limit wird erhöht, das Finanzdebakel verhindert. Ist es nicht zauberhaft, wie sich alles zum Guten fügt?
Die EU, natürlich, macht es ähnlich: Es wird ein finanzieller Regenschirm, äh, Rettungsschirm für die angeschlagenen Mitgliedsländer Griechenland und Irland geschaffen. Die anderen Staaten nicken den Vorschlag ab. Alles wird gut, der Euro bleibt stabil. Und zack, schon wieder ein weißes Kaninchen, dieses Mal für Angela Merkelfield und all die anderen.
Innerhalb kurzer Zeit stellt sich heraus, Überraschung, dass einige europäische Länder mehr in enormen finanziellen Schwierigkeiten stecken. Was mich irgendwie stutzig werden lässt. Wenn ich kein Geld mehr habe, mein Konto im Minus ist und die Bank alle Überweisungen und Schecks platzen lässt, dann kommt ein starker Mann und holt meine Wohnungseinrichtung ab. Nicht so bei Staaten. Kein Mensch will Berlusconi einkassieren oder auch nur seinen Stuhl. Wer weiß, was der darauf getrieben hat und mit wem. Es gibt eine viel bessere Lösung: wir zaubern wieder ein bisschen. Simsalabim, der Rettungsschirm wird erhöht. Hallo, wer bist denn du? Ein weißes Kaninchen!
Zum Glück haben wir jede Menge Geld, da kann nichts passieren. Und sollte es doch ausgehen, dann – abrakadabra – drucken wir einfach neues. Weiße Kaninchen soweit das Auge reicht. Wir haben’s ja, in Hülle und Fülle. Die Politiker sind jedenfalls ausgesprochen großzügig bei den Ausgaben für Rüstung, Bankenrettungen und diversen Subventionen für Milch, die keiner braucht und Weizen, den keiner will. Alles alternativlos, da muss unbedingt immer weiter reingebuttert werden, was geht. Zum Glück kein Problem, ein Kaninchen nach dem anderen erscheint. Für Schulen, Kindergärten und Hochschulen dagegen plant man am besten gar nichts mehr ein. Unsere Zukunft kommt aus Indien und China.
Übrigens sind Kaninchen fortpflanzungsfreudig, daher auch als Frühlingssymbol sehr geschätzt. Wenn sich nun das erste Griechenland-Rettungsschirm-Kaninchen mit dem dritten der HRE-Konkursverhinderung paart, gibt es dann vielleicht vier Rettungsschirm-Kaninchenbabys samt zugehöriger Zinseszinsen?
Ich bin sehr gespannt, wie groß die Kaninchenzucht wird, bevor das Futter ausgeht. Was passiert eigentlich, wenn Kaninchen nicht mehr genug zu fressen haben? Werden sie dann zu Kannibalen? Fallen sie die Zauberer an, denen sie ihre unglückliche Existenz verdanken?
Die EU, natürlich, macht es ähnlich: Es wird ein finanzieller Regenschirm, äh, Rettungsschirm für die angeschlagenen Mitgliedsländer Griechenland und Irland geschaffen. Die anderen Staaten nicken den Vorschlag ab. Alles wird gut, der Euro bleibt stabil. Und zack, schon wieder ein weißes Kaninchen, dieses Mal für Angela Merkelfield und all die anderen.
Innerhalb kurzer Zeit stellt sich heraus, Überraschung, dass einige europäische Länder mehr in enormen finanziellen Schwierigkeiten stecken. Was mich irgendwie stutzig werden lässt. Wenn ich kein Geld mehr habe, mein Konto im Minus ist und die Bank alle Überweisungen und Schecks platzen lässt, dann kommt ein starker Mann und holt meine Wohnungseinrichtung ab. Nicht so bei Staaten. Kein Mensch will Berlusconi einkassieren oder auch nur seinen Stuhl. Wer weiß, was der darauf getrieben hat und mit wem. Es gibt eine viel bessere Lösung: wir zaubern wieder ein bisschen. Simsalabim, der Rettungsschirm wird erhöht. Hallo, wer bist denn du? Ein weißes Kaninchen!
Zum Glück haben wir jede Menge Geld, da kann nichts passieren. Und sollte es doch ausgehen, dann – abrakadabra – drucken wir einfach neues. Weiße Kaninchen soweit das Auge reicht. Wir haben’s ja, in Hülle und Fülle. Die Politiker sind jedenfalls ausgesprochen großzügig bei den Ausgaben für Rüstung, Bankenrettungen und diversen Subventionen für Milch, die keiner braucht und Weizen, den keiner will. Alles alternativlos, da muss unbedingt immer weiter reingebuttert werden, was geht. Zum Glück kein Problem, ein Kaninchen nach dem anderen erscheint. Für Schulen, Kindergärten und Hochschulen dagegen plant man am besten gar nichts mehr ein. Unsere Zukunft kommt aus Indien und China.
Übrigens sind Kaninchen fortpflanzungsfreudig, daher auch als Frühlingssymbol sehr geschätzt. Wenn sich nun das erste Griechenland-Rettungsschirm-Kaninchen mit dem dritten der HRE-Konkursverhinderung paart, gibt es dann vielleicht vier Rettungsschirm-Kaninchenbabys samt zugehöriger Zinseszinsen?
Ich bin sehr gespannt, wie groß die Kaninchenzucht wird, bevor das Futter ausgeht. Was passiert eigentlich, wenn Kaninchen nicht mehr genug zu fressen haben? Werden sie dann zu Kannibalen? Fallen sie die Zauberer an, denen sie ihre unglückliche Existenz verdanken?
Hoffentlich platzen nicht alle gleichzeitig, wie Illusionen das für gewöhnlich tun. Das gäbe eine ganz üble Sauerei.
Donnerstag, 28. Juli 2011
Die Wikinger und ich
Kennen Sie Majestix, den Häuptling von Asterix und Obelix, der von seinen Schildträgern regelmäßig fallen gelassen wird und dann mit Sternchen vor den Augen resigniert am Boden liegt? Mir geht es ähnlich.
Diese Woche habe ich Gehaltsabrechnungen verteilt. Die erste Kollegin wollte von mir wissen, warum die Personalabteilung ihren Urlaub falsch berechnet hat. Der nächste beschwert sich, weil die Abrechnungen eine Woche vor der Überweisung kommen, das sei gesetzlich nicht zulässig. Sagt ein Mann, der seinen Acht-Stunden-Arbeitstag um elf Uhr beginnt und um fünf beendet. Und als ich bei einer anderen Kollegin zum fünften Mal um ihren nachträglichen Urlaubsantrag für vergangene Woche bitte, erhalte ich die Antwort, es hinge nicht an ihr, der Antrag läge bei ihrer Vorgesetzten, einer Frau, die praktisch alles verschusselt, was sie in die Hand bekommt. So etwas kostet Zeit. Als ich eine halbe Stunde nach meinem offiziellen Arbeitsende in den Hof komme und mein Auto abholen will, stehen zwei Ölfässer dahinter. Das ist der Lieblingssport unseres Hausmeisters: Wer seine Parkzeit überzieht, bekommt zur Strafe schwere Fässer hinter sein Auto gestellt. (Müßig zu erwähnen, dass er mit Stoppuhr bewaffnet den ganzen Tag über den Platz patroulliert.)
Als ich meinen Sohn vom Kindergarten abhole, weist mich ein Klagebrief im Foyer darauf hin, dass die schlimmen Kinder sich regelmäßig hinter einem Sessel verstecken, der dort für Besucher aufgestellt ist. Der Sessel wird deshalb abgeschafft. Ist der Kindergarten ein Showroom? Oder meint die Leitung, ich empfange dort meine privaten Gäste und vermisse diese Sitzgelegenheit?
Das schönste Erlebnis diese Woche passierte auf dem Bahnhofsparkplatz. Irgendwann kennt man ja die Menschen, die täglich etwa zur gleichen Zeit eintrudeln. Zum Glück! Wenige Minuten nach mir kommt ein roter Nissan Micra in „meine“ Reihe geschossen und parkt stets auf der gegenüberliegenden Seite. Der Fahrer ist ein klassischer Beamtentyp: mausbraune Haare, Seitenscheitel, Schnauzer, schmächtig, Quelle-Sakko, braune Aktentasche. Zwischen zwei Autos ist noch reichlich Platz, und er fährt rückwärts in diese Lücke. Allerdings nicht mittig, sondern extrem knapp neben das Auto rechts von ihm. Er steigt aus, besieht sich die Situation (auf seiner Fahrerseite sind etwa zwei Meter Platz zum nächsten Fahrzeug), öffnet nochmals die Fahrertür - und holt einen Fotoapparat aus dem Handschuhfach. Dann fotografiert er die beiden Autos nebeneinander mehrmals aus verschiedenen Perspektiven, packt das Gerät wieder weg und eilt zu seiner S-Bahn.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. So kann man diesen anstrengenden Zeitgenossen wenigstens gut aus dem Weg gehen. Was allerdings immer schwieriger wird, täglich werden es mehr. Und kein Schild weit und breit, das mich hoch über allem schweben lässt. Manchmal fühle ich mich einfach nur müde...
Diese Woche habe ich Gehaltsabrechnungen verteilt. Die erste Kollegin wollte von mir wissen, warum die Personalabteilung ihren Urlaub falsch berechnet hat. Der nächste beschwert sich, weil die Abrechnungen eine Woche vor der Überweisung kommen, das sei gesetzlich nicht zulässig. Sagt ein Mann, der seinen Acht-Stunden-Arbeitstag um elf Uhr beginnt und um fünf beendet. Und als ich bei einer anderen Kollegin zum fünften Mal um ihren nachträglichen Urlaubsantrag für vergangene Woche bitte, erhalte ich die Antwort, es hinge nicht an ihr, der Antrag läge bei ihrer Vorgesetzten, einer Frau, die praktisch alles verschusselt, was sie in die Hand bekommt. So etwas kostet Zeit. Als ich eine halbe Stunde nach meinem offiziellen Arbeitsende in den Hof komme und mein Auto abholen will, stehen zwei Ölfässer dahinter. Das ist der Lieblingssport unseres Hausmeisters: Wer seine Parkzeit überzieht, bekommt zur Strafe schwere Fässer hinter sein Auto gestellt. (Müßig zu erwähnen, dass er mit Stoppuhr bewaffnet den ganzen Tag über den Platz patroulliert.)
Als ich meinen Sohn vom Kindergarten abhole, weist mich ein Klagebrief im Foyer darauf hin, dass die schlimmen Kinder sich regelmäßig hinter einem Sessel verstecken, der dort für Besucher aufgestellt ist. Der Sessel wird deshalb abgeschafft. Ist der Kindergarten ein Showroom? Oder meint die Leitung, ich empfange dort meine privaten Gäste und vermisse diese Sitzgelegenheit?
Das schönste Erlebnis diese Woche passierte auf dem Bahnhofsparkplatz. Irgendwann kennt man ja die Menschen, die täglich etwa zur gleichen Zeit eintrudeln. Zum Glück! Wenige Minuten nach mir kommt ein roter Nissan Micra in „meine“ Reihe geschossen und parkt stets auf der gegenüberliegenden Seite. Der Fahrer ist ein klassischer Beamtentyp: mausbraune Haare, Seitenscheitel, Schnauzer, schmächtig, Quelle-Sakko, braune Aktentasche. Zwischen zwei Autos ist noch reichlich Platz, und er fährt rückwärts in diese Lücke. Allerdings nicht mittig, sondern extrem knapp neben das Auto rechts von ihm. Er steigt aus, besieht sich die Situation (auf seiner Fahrerseite sind etwa zwei Meter Platz zum nächsten Fahrzeug), öffnet nochmals die Fahrertür - und holt einen Fotoapparat aus dem Handschuhfach. Dann fotografiert er die beiden Autos nebeneinander mehrmals aus verschiedenen Perspektiven, packt das Gerät wieder weg und eilt zu seiner S-Bahn.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. So kann man diesen anstrengenden Zeitgenossen wenigstens gut aus dem Weg gehen. Was allerdings immer schwieriger wird, täglich werden es mehr. Und kein Schild weit und breit, das mich hoch über allem schweben lässt. Manchmal fühle ich mich einfach nur müde...
Freitag, 22. Juli 2011
Abenteuer Wildnis
Ich liebe Abenteuer. Nicht im Büro mit dem Chef und auch nicht im Bumsbomber gen Malle. Ich meine richtige Abenteuer: sich durch einen undurchdringlichen Dschungel schlagen, gegen Raubtiere kämpfen, in 16°C kaltem Wasser schwimmen. Klettertouren ohne Sicherungsseil, bei Dunkelheit in die Wildnis – ohne Licht, Wasser und Nahrung. Überschwemmungen, Hagelschauer, Gewitter unter freiem Himmel überstehen, das gefällt mir. Ich bin eine wilde Amazone, die ihr Fahrrad durch reißende Fluten ans andere Ufer eines Flusses trägt, weil dort der Weg weiter geht.
Und weiter ging es durch den Wald; die dunklen Wolken über mir wurden von den Bäumen verdeckt. Unzählige Trampelpfade, die ich fast alle in zwei Richtungen befuhr, weil der erste Versuch sich als Sackgasse entpuppte und der Weg genau in einem See, vor einem Zaun oder in eine gewaltige Kiesgrube mündete. Irgendwann hatte ich die Orientierung verloren und hinter den Gewitterwolken setzte die Dämmerung ein. Während ich mich aufs freie Feld flüchtete und leicht nervös den Maßstab groß genug zoomte, dass ich Ziel und richtige Richtung so ungefähr anvisieren konnte, setzte der Regen mit großen, schweren Tropfen ein. Höchste Zeit für den Endspurt, mit Brille, ohne Licht. (Für Menschen ohne Sehschwäche: Lassen Sie bei der nächsten Regenfahrt im Auto die Scheibenwischer weg. Das kommt dann etwa hin.) Im Blindflug schoss ich durch eine riesige Schrebergartenanlage, als aus meiner Hightech-Satteltasche der sanfte Klang meines „Old Phone“. ertönte. Eine wohlvertraute Stimme erklärte mir, dass es gerade zu regnen anfinge. Hätte ich fast nicht bemerkt. Just im gleichen Augenblick zuckte ein Blitz vor mir gen Erde.
Fünf Kilometer in zehn Minuten ist keine schlechte Zeit. Ich bin so fit wie lange nicht mehr. Das einzige Problem sind meine Turnschuhe, deren Schnürsenkel sich in der Trommel unserer Waschmaschine verheddert haben.
Und ich weiß genau: Das nächste Abenteuer kommt bestimmt!
Okay, es war ein Bach, und er war nicht reißend. Aber er floss, dafür verbürge ich mich, denn das Wasser war – zum Glück – glasklar. Allerdings war die feuchte Durchquerung nicht direkt geplant. Vielmehr sind das die üblichen Zwischenfälle, zu denen es bei meinen Unternehmungen regelmäßig kommt. Zum Beispiel bei der abendlichen Rad-Tour durchs Hinterland. Mein hellsichtiger Mann hat mich inzwischen gut ausgestattet: eine hochfunktionelle Satteltasche mit Fahrradpumpe, Flickzeug und einer Halterung für Navigationsgerät und Handy. Ich weiß allerdings nicht, ob aus Sorge um mich oder um zwei potentiell mutterlose Kinder.
Die Sache mit dem Bach passierte, als mein Weg laut Navi einen Bach überqueren sollte. Da war aber kein Weg, und auch keine Brücke. Ein paar dicke Äste verbanden die Uferseiten. Natürlich waren die Äste morsch und ich wenige Sekunden später nass bis zu den Knien. Auf der anderen Seite dann der Check: das Navi steckte noch fest in seiner Halterung und die Satteltasche (mitsamt dem teuren Handy) war trocken! Und weiter ging es durch den Wald; die dunklen Wolken über mir wurden von den Bäumen verdeckt. Unzählige Trampelpfade, die ich fast alle in zwei Richtungen befuhr, weil der erste Versuch sich als Sackgasse entpuppte und der Weg genau in einem See, vor einem Zaun oder in eine gewaltige Kiesgrube mündete. Irgendwann hatte ich die Orientierung verloren und hinter den Gewitterwolken setzte die Dämmerung ein. Während ich mich aufs freie Feld flüchtete und leicht nervös den Maßstab groß genug zoomte, dass ich Ziel und richtige Richtung so ungefähr anvisieren konnte, setzte der Regen mit großen, schweren Tropfen ein. Höchste Zeit für den Endspurt, mit Brille, ohne Licht. (Für Menschen ohne Sehschwäche: Lassen Sie bei der nächsten Regenfahrt im Auto die Scheibenwischer weg. Das kommt dann etwa hin.) Im Blindflug schoss ich durch eine riesige Schrebergartenanlage, als aus meiner Hightech-Satteltasche der sanfte Klang meines „Old Phone“. ertönte. Eine wohlvertraute Stimme erklärte mir, dass es gerade zu regnen anfinge. Hätte ich fast nicht bemerkt. Just im gleichen Augenblick zuckte ein Blitz vor mir gen Erde.
Fünf Kilometer in zehn Minuten ist keine schlechte Zeit. Ich bin so fit wie lange nicht mehr. Das einzige Problem sind meine Turnschuhe, deren Schnürsenkel sich in der Trommel unserer Waschmaschine verheddert haben.
Und ich weiß genau: Das nächste Abenteuer kommt bestimmt!
Donnerstag, 14. Juli 2011
Gelegte Eier
Bei uns zu Hause gibt es feste Zuständigkeitsbereiche. Meinem Mann obliegt die Beschaffung des nötigen Kleingelds, mir der Rest. Das lief einige Jahre ganz gut. Bis ich vor ein paar Monaten morgens ohne Essen für meine Kinder da stand. Der geschätzte Gatte war am Vorabend nach der Arbeit mit einem Kollegen beim Sport gewesen. Was machen zwei ehrgeizige Männer, die sonst körperlich nicht gefordert sind? Sie verausgaben sich bis knapp an den Kollaps. Und was machen sie hinterher? Sie fressen weg, was sie finden. In diesem Fall war es der essbare Inhalt unserer Küche. Wenige Stunden später stand ich ratlos vor dem leergeräumten Kühlschrank. Butter pur mag im Krieg wertvoll wie Gold sein, als Brotzeit für Kindergartenkinder taugt sie nicht. Die gefräßige Meute war natürlich längst über alle Berge. Mir blieb der hektische Not-Stopp beim Bäcker, inklusive Kavalierstart und einer unwesentlichen Verspätung in Kindergarten, Schule und Arbeit. Seither haben wir unsere Zuständigkeitsbereiche neu definiert: Mein Mann sorgt für Kohle und das Pausenbrot der Kinder, ich übernehme den Rest.
Doch bekanntlich bricht irgendwann jedem Krug der Henkel: Heute früh war im Kühlschrank keine einzige gut gefüllte Tupperdose zu finden, so genau ich auch suchte. Ein Telefonat mit dem Vater der Brut bestätigte die schlimmsten Befürchtungen. Ich habe mich artig für das gelegte Ei bedankt und fluchend Stullen geschmiert. Wenigstens war dieses Mal genügend Rohmaterial vorhanden. Multitaskingfähige Frauen schaffen (fast) alles. Wütende übrigens auch.
Das zweite Ei fand ich eine halbe Stunde später. Meine Kinder waren abgeliefert und ich auf dem Weg zum Bahnhof, als sintflutartiger Regen einsetzte. Kein Problem, ich bin bestens organisiert. In meinem Auto habe ich seit vielen Jahren auf der Beifahrerseite einen Schirm deponiert. Heute ging der Griff ins Leere! Ein weiteres Telefonat, noch mehr Freude meinerseits. (So viel sprechen wir sonst die ganze Woche nicht miteinander.) Die Krone der Schöpfung hatte den Schirm in den Kofferraum geräumt. Genauer gesagt, in den Stauraum unter dem Kofferraum. Noch genauer: In den Stauraum unter dem Kofferraum, unter der Kofferraumabdeckung unter der Schutzdecke unter dem Einkaufskorb. Der Niederschlagswert betrug zu diesem Zeitpunkt gefühlte einhundert Liter pro Quadratmeter und der Parkplatz stand in kürzester Zeit zentimeterhoch im Wasser. Zum Glück dauert meine S-Bahn-Fahrt bis zur Arbeit meist länger, so dass ich bis dahin fast wieder trocken war. Coke-Zero-süchtige Kollegen, Lieferengpässe seitens Coca Cola und eine durchrutschende Münze am Kaffeeautomaten (die nach Meinung der Münzeigentümerin eine sofortige Wartung des Kaffeeautomaten erfordert, denn an der Münze konnte es keinesfalls liegen) erwähne ich nur am Rande. Ebenso wie Kollegen, die im Fünf-Minuten-Takt nach ihrem Gehalt fragen, Vertragspartner, die einen Tag vor der Veranstaltung das ganze Programm umschmeißen und einen Chef, der sich wegen diverser Umzüge seiner Töchter nicht um die Belangen seiner Mitarbeiter kümmern kann.
Heute Abend gibt’s Kaiserschmarrn. Eier dafür habe ich genug!
Doch bekanntlich bricht irgendwann jedem Krug der Henkel: Heute früh war im Kühlschrank keine einzige gut gefüllte Tupperdose zu finden, so genau ich auch suchte. Ein Telefonat mit dem Vater der Brut bestätigte die schlimmsten Befürchtungen. Ich habe mich artig für das gelegte Ei bedankt und fluchend Stullen geschmiert. Wenigstens war dieses Mal genügend Rohmaterial vorhanden. Multitaskingfähige Frauen schaffen (fast) alles. Wütende übrigens auch.
Das zweite Ei fand ich eine halbe Stunde später. Meine Kinder waren abgeliefert und ich auf dem Weg zum Bahnhof, als sintflutartiger Regen einsetzte. Kein Problem, ich bin bestens organisiert. In meinem Auto habe ich seit vielen Jahren auf der Beifahrerseite einen Schirm deponiert. Heute ging der Griff ins Leere! Ein weiteres Telefonat, noch mehr Freude meinerseits. (So viel sprechen wir sonst die ganze Woche nicht miteinander.) Die Krone der Schöpfung hatte den Schirm in den Kofferraum geräumt. Genauer gesagt, in den Stauraum unter dem Kofferraum. Noch genauer: In den Stauraum unter dem Kofferraum, unter der Kofferraumabdeckung unter der Schutzdecke unter dem Einkaufskorb. Der Niederschlagswert betrug zu diesem Zeitpunkt gefühlte einhundert Liter pro Quadratmeter und der Parkplatz stand in kürzester Zeit zentimeterhoch im Wasser. Zum Glück dauert meine S-Bahn-Fahrt bis zur Arbeit meist länger, so dass ich bis dahin fast wieder trocken war. Coke-Zero-süchtige Kollegen, Lieferengpässe seitens Coca Cola und eine durchrutschende Münze am Kaffeeautomaten (die nach Meinung der Münzeigentümerin eine sofortige Wartung des Kaffeeautomaten erfordert, denn an der Münze konnte es keinesfalls liegen) erwähne ich nur am Rande. Ebenso wie Kollegen, die im Fünf-Minuten-Takt nach ihrem Gehalt fragen, Vertragspartner, die einen Tag vor der Veranstaltung das ganze Programm umschmeißen und einen Chef, der sich wegen diverser Umzüge seiner Töchter nicht um die Belangen seiner Mitarbeiter kümmern kann.
Heute Abend gibt’s Kaiserschmarrn. Eier dafür habe ich genug!
Nachtrag zu „Titanic XXL“
Stuttgart 21 und der Zusammenhang mit Staatspleiten
S21 ist „nur ein Bahnhof“ samt Neubaustrecke; nach aktuellem Stand werden sich die Gesamtkosten (laut Bahn) im zweistelligen Milliardenbereich befinden. Als Argumente für das Projekt werden von Bahn und Regierung siebzehn Jahre alte Verträge und die politische Legitimation angeführt. Nicht einmal mehr einschlägige Wirtschaftsmagazine finden noch warme Worte für die Unternehmung. Wie tot muss ein Pferd sein, das nur von rechtlichen Floskeln aufrecht erhalten wird? Und wenn schon ein kaum bis gar nicht nutzbringendes Bauvorhaben mit solcher Vehemenz durchgedrückt wird, wenn die Bundeskanzlerin sich aufregt über den "ausgeplauderten" Panzerdeal mit einem totalitären Staat, dann frage ich mich, was wird erfolgreich verschwiegen und mit sehr viel mehr Diskretion und juristischen Kunstgriffen gedreht und geschoben, wovon die Öffentlichkeit nicht erfährt?
Ich glaube kaum, dass ein Finanzcrash in Deutschland angekündigt werden wird.
S21 ist „nur ein Bahnhof“ samt Neubaustrecke; nach aktuellem Stand werden sich die Gesamtkosten (laut Bahn) im zweistelligen Milliardenbereich befinden. Als Argumente für das Projekt werden von Bahn und Regierung siebzehn Jahre alte Verträge und die politische Legitimation angeführt. Nicht einmal mehr einschlägige Wirtschaftsmagazine finden noch warme Worte für die Unternehmung. Wie tot muss ein Pferd sein, das nur von rechtlichen Floskeln aufrecht erhalten wird? Und wenn schon ein kaum bis gar nicht nutzbringendes Bauvorhaben mit solcher Vehemenz durchgedrückt wird, wenn die Bundeskanzlerin sich aufregt über den "ausgeplauderten" Panzerdeal mit einem totalitären Staat, dann frage ich mich, was wird erfolgreich verschwiegen und mit sehr viel mehr Diskretion und juristischen Kunstgriffen gedreht und geschoben, wovon die Öffentlichkeit nicht erfährt?
Ich glaube kaum, dass ein Finanzcrash in Deutschland angekündigt werden wird.
Montag, 11. Juli 2011
Titanic XXL
Ich habe einen neuen Lieblingsschriftsteller. Er heißt Wladimir Kaminer, und wer die Russen und deren Verhalten in Deutschland und der Welt nicht versteht, möge sich ein paar Seiten lang mit „Russendisko“ auseinandersetzen. Ich verspreche ganze Kronleuchter, was sage ich, Lasterstrahler, die dem Leser aufgehen und, bei richtig gezogenen Schlüssen, künftig das Zusammenleben mit der Hinterlassenschaft von CCCR erleichtern. Das Allerbeste jedoch ist, wir bekommen eine ungefähre Vorstellung davon, was uns in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren bevorstehen dürfte: Eine Volkspleite samt aller zugehöriger Nebenerscheinungen.
Wie ich darauf komme?
„Stuttgart 21: Das riskante Spiel der Deutschen Bahn“ oder „Drohkulisse der Bahn bröckelt“ sind Überschriften, die man seit Monaten liest und schon lange über hat (jedenfalls die nicht unmittelbar Betroffenen). Entnommen habe ich sie aber dieses Mal nicht dem Greenpeace-Magazin, nicht dem Stern, nicht der taz. Diese Artikel findet man derzeit in Wirtschaftswoche und Financial Times Deutschland. Die Arbeit subversiver Grüner? Wohl kaum. Euphorische Berichte über das Wunderwerk des einundzwanzigsten Jahrhunderts gibt es längst nicht mehr. Wie auch? Der Architekt ist bereits vor Beginn der großen Diskussion ausgestiegen, inzwischen außerdem noch Chefplaner, Sprecher und, wenn auch unfreiwillig, der zuständige MP.
Übrigens: Die stets lächelnden Gesichter von Heiner Geißler, Volker Kefer und Boris Palmer haben inzwischen bei sämtlichen chinesischen Politikern Depressionen ausgelöst. (Stehen Sie mal vor den Spiegel und grinsen sich eine Minute lang an, dann wissen Sie, was ich meine.)
Was das alles mit Sibirien zu tun hat? Ich fürchte, wir durchleben demnächst den Untergang der Titanic, nur in vergrößertem Maßstab. S21 ist die Spitze des Eisbergs. Darunter liegen ganz andere Probleme verborgen, die uns letztlich in kumulierter Form in den Untergang führen.
Es gibt sogar jede Menge Anzeichen dafür. Doch es ist verhext wie bei Harry Potter und seinem wunderbaren Nachtbus: Wir Muggels sehen einfach nicht, was wir nicht sehen wollen. Darin sind wir richtig, richtig gut!
Genau deshalb sollten wir uns unbedingt an die Russen halten: Die wissen, wie man sich in bürgerkriegsähnlichen Zuständen verhält, oder wenigstens überlebt. Ich habe schon immer gewusst: es sind Seelenverwandte. Ich muss jetzt los, eine Kalaschnikow kaufen.
Herzlich grüßt Irina aus P.-K.
Wie ich darauf komme?
„Stuttgart 21: Das riskante Spiel der Deutschen Bahn“ oder „Drohkulisse der Bahn bröckelt“ sind Überschriften, die man seit Monaten liest und schon lange über hat (jedenfalls die nicht unmittelbar Betroffenen). Entnommen habe ich sie aber dieses Mal nicht dem Greenpeace-Magazin, nicht dem Stern, nicht der taz. Diese Artikel findet man derzeit in Wirtschaftswoche und Financial Times Deutschland. Die Arbeit subversiver Grüner? Wohl kaum. Euphorische Berichte über das Wunderwerk des einundzwanzigsten Jahrhunderts gibt es längst nicht mehr. Wie auch? Der Architekt ist bereits vor Beginn der großen Diskussion ausgestiegen, inzwischen außerdem noch Chefplaner, Sprecher und, wenn auch unfreiwillig, der zuständige MP.
Übrigens: Die stets lächelnden Gesichter von Heiner Geißler, Volker Kefer und Boris Palmer haben inzwischen bei sämtlichen chinesischen Politikern Depressionen ausgelöst. (Stehen Sie mal vor den Spiegel und grinsen sich eine Minute lang an, dann wissen Sie, was ich meine.)
Was das alles mit Sibirien zu tun hat? Ich fürchte, wir durchleben demnächst den Untergang der Titanic, nur in vergrößertem Maßstab. S21 ist die Spitze des Eisbergs. Darunter liegen ganz andere Probleme verborgen, die uns letztlich in kumulierter Form in den Untergang führen.
Es gibt sogar jede Menge Anzeichen dafür. Doch es ist verhext wie bei Harry Potter und seinem wunderbaren Nachtbus: Wir Muggels sehen einfach nicht, was wir nicht sehen wollen. Darin sind wir richtig, richtig gut!
Genau deshalb sollten wir uns unbedingt an die Russen halten: Die wissen, wie man sich in bürgerkriegsähnlichen Zuständen verhält, oder wenigstens überlebt. Ich habe schon immer gewusst: es sind Seelenverwandte. Ich muss jetzt los, eine Kalaschnikow kaufen.
Herzlich grüßt Irina aus P.-K.
Freitag, 8. Juli 2011
Genetischer Abfall
Endlich ist sie gesetzlich erlaubt und für alle (reichen) Paare der Garant für das perfekte Kind: die Präimplantationsdiagnostik, kurz PID. Juhu, wir können unseren Nachwuchs künftig nicht nur nach dem Terminkalender zeugen und gebären, wir können ihn auch gemäß unseren Vorstellungen schon vor der Geburt wunschgemäß selektieren. Offiziell geht es vor allem um Gendefekte. Aber was wird tatsächlich selektiert, was ist hundertprozentig sicher, was ist wirklich nötig? Und was bringt uns das Ganze?
Deutschland mausert sich laut jüngster UNO-Studio in puncto Kindern zum Entwicklungsland. Betroffen sind beileibe nicht nur sozial schwache Familien, wo der Nachwuchs ohne Frühstück aus dem Haus muss. Ich lebe im reichen Oberbayern. Trotzdem hat mein Sohn von der ersten bis zur vierten Klasse keinen richtigen Sportunterricht. Es gibt nämlich keine Sporthalle an seiner Grundschule, auch nicht in der Nähe. Über 400 Schüler teilen sich einen kleinen Gymnastikraum, der wegen diverser Veranstaltungen (Feiern, Ausstellungen, Blutspenden, Bürgermeisterwahl, Schuhverkauf) überdies regelmäßig gesperrt wird. Zum Ausgleich gibt es gelegentliche Schwimmbadbesuche im Sommer respektive Eislaufen im Winter. Das wiederum bedeutet: eineinhalb Stunden Fahrtweg für dreißig Minuten körperliche Betätigung. Unsere Zukunft sind nun genetisch vollkommene Kinder. Der Aufwand, der für die Erzeugung getrieben wird, sinkt unmittelbar nach der Geburt auf Null. Groß wird der Nachwuchs mit Fernseher und Playstation. Übergewichtig und sprachbehindert, dafür garantiert nicht gefährdet, mit siebzig Hodenkrebs zu bekommen oder einen Schlaganfall mit achtzig.
Ich frage mich, wie die Gattung der Hominiden die letzten dreißigtausend Jahre überlebt hat.
Aber natürlich soll alles maßvoll ablaufen! „Man kann nicht eine Eigenschaft durch eine andere austauschen, sondern den Embryo nur so nehmen, wie er ist. Wer ein blondes Kind mit braunen Augen und mit einer hohen Intelligenz möchte, muss schon sehr viele Embryonen herstellen, um am Ende die gewünschte Kombination zu finden.“ (Hamburger Abendblatt)
Es gibt immer wieder Geschichten von gezüchteten Menschen und dabei entstehendem genetischen Abfall. Was 1997 in „Gattaca“ pure Science-Fiction war, ist seit wenigen Tagen amtlich genehmigt und zukunftsweisend. Allerdings stellt sich doch die Frage, ob die Anlage zu einer Krebserkrankung uns zu genetischem Abfall macht oder unser Verhalten. Ich bin sicher, Ärzte, die einer alleinerziehenden Mutter mit sechs Kindern zusätzlich noch ACHTLINGE ermöglichen, sind zu allem fähig. Wer so wenig ethisches Gewissen besitzt, produziert Milliarden von Embryonen, bis der südafrikanische Minenbesitzer endlich seine goldblonde blauäugige hochbegabte Modell-Tochter hat.
Epilog: Die wiederum verliebt sich mit achtzehn in einen geisteskranken Sadisten und wird samt ihrer ganzen degenerierten Sippe aus dem Evolutionskapitel „Menschheit“ ausgelöscht. Das ist dann die wirkliche Selektion von genetischem Sondermüll, ätsch!
Deutschland mausert sich laut jüngster UNO-Studio in puncto Kindern zum Entwicklungsland. Betroffen sind beileibe nicht nur sozial schwache Familien, wo der Nachwuchs ohne Frühstück aus dem Haus muss. Ich lebe im reichen Oberbayern. Trotzdem hat mein Sohn von der ersten bis zur vierten Klasse keinen richtigen Sportunterricht. Es gibt nämlich keine Sporthalle an seiner Grundschule, auch nicht in der Nähe. Über 400 Schüler teilen sich einen kleinen Gymnastikraum, der wegen diverser Veranstaltungen (Feiern, Ausstellungen, Blutspenden, Bürgermeisterwahl, Schuhverkauf) überdies regelmäßig gesperrt wird. Zum Ausgleich gibt es gelegentliche Schwimmbadbesuche im Sommer respektive Eislaufen im Winter. Das wiederum bedeutet: eineinhalb Stunden Fahrtweg für dreißig Minuten körperliche Betätigung. Unsere Zukunft sind nun genetisch vollkommene Kinder. Der Aufwand, der für die Erzeugung getrieben wird, sinkt unmittelbar nach der Geburt auf Null. Groß wird der Nachwuchs mit Fernseher und Playstation. Übergewichtig und sprachbehindert, dafür garantiert nicht gefährdet, mit siebzig Hodenkrebs zu bekommen oder einen Schlaganfall mit achtzig.
Ich frage mich, wie die Gattung der Hominiden die letzten dreißigtausend Jahre überlebt hat.
Aber natürlich soll alles maßvoll ablaufen! „Man kann nicht eine Eigenschaft durch eine andere austauschen, sondern den Embryo nur so nehmen, wie er ist. Wer ein blondes Kind mit braunen Augen und mit einer hohen Intelligenz möchte, muss schon sehr viele Embryonen herstellen, um am Ende die gewünschte Kombination zu finden.“ (Hamburger Abendblatt)
Es gibt immer wieder Geschichten von gezüchteten Menschen und dabei entstehendem genetischen Abfall. Was 1997 in „Gattaca“ pure Science-Fiction war, ist seit wenigen Tagen amtlich genehmigt und zukunftsweisend. Allerdings stellt sich doch die Frage, ob die Anlage zu einer Krebserkrankung uns zu genetischem Abfall macht oder unser Verhalten. Ich bin sicher, Ärzte, die einer alleinerziehenden Mutter mit sechs Kindern zusätzlich noch ACHTLINGE ermöglichen, sind zu allem fähig. Wer so wenig ethisches Gewissen besitzt, produziert Milliarden von Embryonen, bis der südafrikanische Minenbesitzer endlich seine goldblonde blauäugige hochbegabte Modell-Tochter hat.
Epilog: Die wiederum verliebt sich mit achtzehn in einen geisteskranken Sadisten und wird samt ihrer ganzen degenerierten Sippe aus dem Evolutionskapitel „Menschheit“ ausgelöscht. Das ist dann die wirkliche Selektion von genetischem Sondermüll, ätsch!
Donnerstag, 30. Juni 2011
Urlaubserinnerungen
Ich gebe es zu, ich habe einen Facebook-Account. Ich nutze ihn allerdings selten, da mich Grillwürste und Schokotorten anderer Menschen nicht interessieren. Noch weniger deren Auswirkungen in Form abfotografierter Anzeigen einer Körperwaage (Aktualisierung vor und nach dem Stuhlgang). Oder Einträge wie „Die Sonne scheint“ respektive „Es regnet“. Danke, auch ich besitze Fenster.
Aus diesem Grund habe ich die Hälfte meiner Freunde wieder gelöscht oder deren Ergüsse ausgeblendet. Taktvollerweise ergeht keine Mitteilung an die Betroffenen. Übrig blieben nach der Selektion viele Zeitgenossen, die sich nur selten zu Wort melden. Dafür zeichnet diese Einträge dann wirklich etwas Besonderes aus. Gestern hat ein Freund aus Grundschultagen ein neues Foto eingestellt. Aufgenommen wurde es um 1980. Es zeigt seinen Vater, seinen älteren Bruder und ihn selbst vor ihrem orangefarbenen VW-Bus, fertig für die alljährliche Fahrt nach Griechenland.
Wahrscheinlich kennt jeder von uns dieses nostalgische Gefühl, das einen bei solchen Bildern überfällt. Unsere Kindheit war beständig: Möbel, Fahrzeuge, Urlaube, es war eine ganz eigene, streng geregelte Welt. Entsprechend wehmütig oder freudig wurde das Foto von anderen kommentiert.
Ich fragte mich bei diesem Bild, ob unsere Kinder später auch solche Empfindungen haben werden, solche Erinnerungen beim Anblick einer einzigen Szene. Und was könnte diese eine Szene sein? Ein verkaufsoffener Sonntag mit Flohmarkt bei Ikea? Liegestühle an Hotelpools rund um den Globus, die morgens um sieben mit einsamen Handtüchern belegt sind? Abgehetzte Weihnachtsfeiertage, an denen man von einer Familie zur nächsten vagabundiert?
Viel Beständigkeit gibt es in unserem Leben nicht mehr. Mobilität ist das Losungswort von heute, Kommerz und Flexibilität. Wir brauchen uns an keine Termine und Verabredungen mehr zu halten, wir haben Handys. Das Sofa, das wir vor zwei Jahren gekauft haben, passt nicht zum neuen LCD-Fernseher, also weg damit. Abenteuer mit Abschleppdiensten und Fremdenführern in Spanien, Honolulu oder der Türkei? Gibt es im Robinson-Club nicht.
Dafür gibt es mehrtägige Zwangs-Aufenthalte in überfüllten Flughäfen, Mama als strippende „Miss Marriott Mallorca“ oder die Taxifahrt über den Arlbergpass, weil Papa Stanton und Stuben verwechselt hat. Das menschliche Gehirn ist anpassungsfähig. Vielleicht finden wir das auch irgendwann lustig. Und träumen nur noch heimlich von alten orangefarbenen VW-Bussen.
Aus diesem Grund habe ich die Hälfte meiner Freunde wieder gelöscht oder deren Ergüsse ausgeblendet. Taktvollerweise ergeht keine Mitteilung an die Betroffenen. Übrig blieben nach der Selektion viele Zeitgenossen, die sich nur selten zu Wort melden. Dafür zeichnet diese Einträge dann wirklich etwas Besonderes aus. Gestern hat ein Freund aus Grundschultagen ein neues Foto eingestellt. Aufgenommen wurde es um 1980. Es zeigt seinen Vater, seinen älteren Bruder und ihn selbst vor ihrem orangefarbenen VW-Bus, fertig für die alljährliche Fahrt nach Griechenland.
Wahrscheinlich kennt jeder von uns dieses nostalgische Gefühl, das einen bei solchen Bildern überfällt. Unsere Kindheit war beständig: Möbel, Fahrzeuge, Urlaube, es war eine ganz eigene, streng geregelte Welt. Entsprechend wehmütig oder freudig wurde das Foto von anderen kommentiert.
Ich fragte mich bei diesem Bild, ob unsere Kinder später auch solche Empfindungen haben werden, solche Erinnerungen beim Anblick einer einzigen Szene. Und was könnte diese eine Szene sein? Ein verkaufsoffener Sonntag mit Flohmarkt bei Ikea? Liegestühle an Hotelpools rund um den Globus, die morgens um sieben mit einsamen Handtüchern belegt sind? Abgehetzte Weihnachtsfeiertage, an denen man von einer Familie zur nächsten vagabundiert?
Viel Beständigkeit gibt es in unserem Leben nicht mehr. Mobilität ist das Losungswort von heute, Kommerz und Flexibilität. Wir brauchen uns an keine Termine und Verabredungen mehr zu halten, wir haben Handys. Das Sofa, das wir vor zwei Jahren gekauft haben, passt nicht zum neuen LCD-Fernseher, also weg damit. Abenteuer mit Abschleppdiensten und Fremdenführern in Spanien, Honolulu oder der Türkei? Gibt es im Robinson-Club nicht.
Dafür gibt es mehrtägige Zwangs-Aufenthalte in überfüllten Flughäfen, Mama als strippende „Miss Marriott Mallorca“ oder die Taxifahrt über den Arlbergpass, weil Papa Stanton und Stuben verwechselt hat. Das menschliche Gehirn ist anpassungsfähig. Vielleicht finden wir das auch irgendwann lustig. Und träumen nur noch heimlich von alten orangefarbenen VW-Bussen.
Mittwoch, 29. Juni 2011
Sommer Null Elf
Das Thermometer pendelt sich bei rund 30 °C ein, und ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Das Gute: ich befinde mich in bester Gesellschaft. Die Deutsche Bahn leiert wegen Stuttgart 21 weiterhin wie eine gesprungene Langspielplatte etwas von „demoktratisch legitimiert“ und „viiiel leistungsfähiger ohne teuere Nachbesserungen“. Beträfe es nicht jede Menge Menschen einer Stadt, die sechs Jahre mein Zuhause war, würde ich mich schon jetzt auf die dummen Gesichter freuen, wenn demnächst die Nachrichten voll sind mit einstürzenden Häusern und einer voraussichtlichen Verdoppelung von Kosten und Bauzeit. Beides ist nicht möglich, sondern zu einem hohen Grad wahrscheinlich. Verantwortlich wird dafür dann ein polnischer Leiharbeiter sein, der zwei Stahlträger falsch verbaut hat. Die großen Herren der DB erfreuen sich derweil in ihren Fincas auf Malle und Westerland des schönen neuen Ferrari, den die letzten Boni ihrer Dienstzeit ermöglicht haben. Bis es soweit ist, werden weiterhin veraltete Strecken und Züge für ein lagerfeuerähnliches Gemeinschaftsgefühl am Bahnsteig sorgen.
Was des einen Boni ist des anderen Fahrkarte und Parkausweis. Denn warum soll sich ein Chef (dessen Tochter, seine Freundin, der Hundesitter des Nachbarn) eine MVV-Karte, den Parkausweis, das Handy, die Jahresmitgliedschaft im Fitnessclub und den Bürobedarf für die nächsten zwanzig Jahre selbst kaufen, wenn man es doch viel bequemer dort holen kann, wo man sein Gehalt empfängt. Gilt selbstredend nur für die Führungsetage und deren Anhang. Ich werde mich beruflich neu orientieren: Putzfrau für den Nachbarn (m)eines Chefs. Dann habe ich endliche keine Unkosten mehr.
Hoffen wir, dass Frau Merkel nicht auch in der Hitze deliriert und aus Versehen Deutschland an China verscherbelt. Würde wahrscheinlich nicht mal groß ins Gewicht fallen. Ob unsere Steuern der nächsten dreißig Jahre an Griechenland vorgestreckt werden oder an China ist eigentlich egal. Wobei mir China fast noch lieber wäre. Endlich moderne Handys und Züge für alle! Nie mehr gekochte ICE-Fahrgäste und den Tiefbau haben sie garantiert auch besser im Griff.
Mittwoch, 15. Juni 2011
Menschen in Schubladen
Es heißt, man darf sie da nicht hineinstecken. Toleranz ist das Motto unseres Jahrhunderts. Jeder soll nach seiner Façon glücklich werden. Dafür bin ich auch, unbedingt! Ich bin sogar ausgesprochen tolerant! Solange jeder Mensch eine kleine Insel für sich allein besitzt und keinen anderen mit seinen Marotten belästigt. Nach den jüngsten Bewegungen unserer tektonischen Platten stehen die Chancen dafür ganz gut. Das Problem der zunehmenden Bevölkerungsdichte dürfte sich mit einigen Spaltungen ebenfalls lösen. Bis es so weit ist, muss ich mich aber noch ein bisschen aufregen über die manchmal schwer erträglichen Eigenheiten und Macken meiner Mitmenschen.
Es gibt sie in allen Lebensbereichen (Arbeit, Familie, Freizeit): Personengruppen, auf die ich gut verzichten könnte.
1. Der Schwätzer: notorisch unterwegs mit dem größten Auto, der schönsten Frau, dem besten Job und dem coolsten Lifestyle (gern in der Loooontsch). Nach der kürzestmöglichen Einleitung (»Hi«) folgt ein ausführlicher Exkurs über die eigene Befindlichkeit. Gefolgt von der detaillierten Erläuterung der Gründe für diesen Zustand. Wie, was und warum ist dabei Nebensache. Will der aufmerksame Zuhörer doch in allen Belangen wissen, was für ein Superheld ihm da wertvolle Stunden seiner Zeit widmet. Eine gute Fluchtmöglichkeit ist der Satz „ich muss jetzt zu meiner Ehec- (Noro-/ Ebola-) Nachsorge und prüfen lassen, ob ich noch ansteckend bin“.
2. Der Pleitegeier: finanziell stets am Ruin, egal, wie hoch das Einkommen ist. Mit fünfhundert Euro auf dem Konto werden achthundert ausgegeben, statt tausend Euro zweitausend, und eine Erbschaft wird innerhalb weniger Monate komplett verjubelt. Er erwartet sein Gehalt vier Wochen im Voraus. Und er wird niemals lernen, mit Geld besonnen umzugehen. In der Küche steht der neueste Jura-Kaffeevollautomat, die wenige Monate ältere Saeco lagert derweil (einsatzbereit) im Keller, während Amazon die DeLonghi versandfertig macht. Die ist nämlich noch viel besser als die beiden anderen zusammen. Flüchten ist zwecklos. Man sollte jedoch niemals mehr als drei Euro im Geldbeutel haben.
3. Der Schwindler: Der schwierigste Typus, möchte man doch aus reinem Selbstschutz eigentlich gar nicht wissen, wie sehr man von seinen Mitmenschen zum Besten gehalten wird. Wobei zu unterscheiden ist, ob jemand lügt, weil es der Beruf erfordert (Verkäufer, Journalisten, Schauspieler). Oder ob es sich um eine Angewohnheit handelt. Ich meine die geschönten Geschichten, die erst später als solche sichtbar werden. Diese Gruppe lügt, weil sie die Wahrheit nicht sagen will, um sich selbst zu schützen, um andere zu manipulieren oder aus reiner Gewohnheit. Es dauert oft lange, bis man die Mitglieder als solche erkennt. Sie lassen sich nicht einbremsen durch Enttarnung oder Flucht. Sie verfolgen einen, wohin man geht.
Eines Tages werde ich mich rächen. Ich weiß noch nicht wie, aber ich arbeite daran. Bis dahin lasse ich sie, wo sie hingehören: in Schubladen. Und als Unwort des Jahres schlage ich Toleranz vor.
Es gibt sie in allen Lebensbereichen (Arbeit, Familie, Freizeit): Personengruppen, auf die ich gut verzichten könnte.
1. Der Schwätzer: notorisch unterwegs mit dem größten Auto, der schönsten Frau, dem besten Job und dem coolsten Lifestyle (gern in der Loooontsch). Nach der kürzestmöglichen Einleitung (»Hi«) folgt ein ausführlicher Exkurs über die eigene Befindlichkeit. Gefolgt von der detaillierten Erläuterung der Gründe für diesen Zustand. Wie, was und warum ist dabei Nebensache. Will der aufmerksame Zuhörer doch in allen Belangen wissen, was für ein Superheld ihm da wertvolle Stunden seiner Zeit widmet. Eine gute Fluchtmöglichkeit ist der Satz „ich muss jetzt zu meiner Ehec- (Noro-/ Ebola-) Nachsorge und prüfen lassen, ob ich noch ansteckend bin“.
2. Der Pleitegeier: finanziell stets am Ruin, egal, wie hoch das Einkommen ist. Mit fünfhundert Euro auf dem Konto werden achthundert ausgegeben, statt tausend Euro zweitausend, und eine Erbschaft wird innerhalb weniger Monate komplett verjubelt. Er erwartet sein Gehalt vier Wochen im Voraus. Und er wird niemals lernen, mit Geld besonnen umzugehen. In der Küche steht der neueste Jura-Kaffeevollautomat, die wenige Monate ältere Saeco lagert derweil (einsatzbereit) im Keller, während Amazon die DeLonghi versandfertig macht. Die ist nämlich noch viel besser als die beiden anderen zusammen. Flüchten ist zwecklos. Man sollte jedoch niemals mehr als drei Euro im Geldbeutel haben.
3. Der Schwindler: Der schwierigste Typus, möchte man doch aus reinem Selbstschutz eigentlich gar nicht wissen, wie sehr man von seinen Mitmenschen zum Besten gehalten wird. Wobei zu unterscheiden ist, ob jemand lügt, weil es der Beruf erfordert (Verkäufer, Journalisten, Schauspieler). Oder ob es sich um eine Angewohnheit handelt. Ich meine die geschönten Geschichten, die erst später als solche sichtbar werden. Diese Gruppe lügt, weil sie die Wahrheit nicht sagen will, um sich selbst zu schützen, um andere zu manipulieren oder aus reiner Gewohnheit. Es dauert oft lange, bis man die Mitglieder als solche erkennt. Sie lassen sich nicht einbremsen durch Enttarnung oder Flucht. Sie verfolgen einen, wohin man geht.
Eines Tages werde ich mich rächen. Ich weiß noch nicht wie, aber ich arbeite daran. Bis dahin lasse ich sie, wo sie hingehören: in Schubladen. Und als Unwort des Jahres schlage ich Toleranz vor.
Montag, 6. Juni 2011
Segensreiche Erfindungen ...
... sind ein Gewinn für die Menschheit! Dazu zählen Penicillin, Solarstrom, Essen auf Rädern, Walkman respektive mp3-Player (lebensnotwenig für jeden Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel), Frauen, Kaffee, Heizdecken. Und vieles mehr, was mein tägliches (Über-)Leben ungemein erleichtert.
Leider gibt es auch etliches, was von Sadisten erfunden wurde. Kein vernünftiger Mensch braucht diese Großraumwaggons in Zügen. Nach den neuesten Plänen der DB sollen sie künftig übrigens noch größer werden. (Ist es eigentlich Zufall, dass die wichtigsten Köpfe der Bahn so unglückverheißende Vornamen wie Grube und Käfer haben?)
Ein weiterer Alptraum: Freibäder, auch genannt Familienbäder. Wer Zweifel an sechzig Prozent stark übergewichtiger deutscher Staatsbürger hat, verliert sie beim Betreten einer solchen Einrichtung in den ersten fünf Sekunden. USA-Kingsize, wohin man blickt. Dass es bei einer gewissen Gesellschaftsschicht normal ist, den Abfall einfach liegenzulassen, davon zeugen auch sämtliche anderen öffentlichen Orte. Ich war mindestens acht Jahre nicht mehr im Freibad. Unmittelbar nach dem Eintritt wusste ich wieder, warum.
Und wer zum Teufel kam auf singende Gondoliere in einer vermodernden Stadt? Das hat sich doch Steven King ausgedacht. Oder einer dieser korrupten italienischen Päpste aus dem späten Mittelalter.
Werbung? Kein Mensch braucht sie, sie kostet ein Vermögen, und sie vermittelt einem großen Teil unserer Co-Existenzen ein völlig falsches Bild vom Leben und was man dafür benötigt. Mal ganz abgesehen davon, dass sie inzwischen landläufig ein Synonym für Lügenmärchen ist.
Außerdem bringt sie mich um wunderbare Sequenzen rund um meine geliebten Spielfilme. Früher gab es im Fernsehen Filme, Serien, Nachrichten. Und davor oder danach eine Art „zehn Prozent extra gratis“: den Vorspann, oder, etwa seit den siebziger Jahren, den Abspann. Während man in aller Ruhe die Namen der Darsteller respektive Moderatoren lesen konnte (ach, der ist das), liefen im Hintergrund liebevoll gestaltete Zeichentrickfilme, entfallene Szenen oder man sah die Caprishorts unter dem Jackett des Moderators.
In Zeiten teurer Werbemillisekunden wird das alles wegrationalisiert. Ein Hoch auf die DVD, eine weitere Errungenschaft der Neuzeit, die mir endlich wieder den Zugriff auf intellektuelle Kindersendungen ermöglicht.
Kermit, Miss Piggy? Applaus, Applaus, Applauuuuuuuussss!!!
Donnerstag, 26. Mai 2011
Wünsche - und das wahre Leben
Frauen wünschen sich
Frauen bekommen
Er läuft in einem Monat ab, ich muss mich also sputen. Bericht folgt in Kürze.
- einen Spiegel, der schlank macht
- leckeres Essen ohne Zucker und Fett
- die Traumschuhe in 38 zum halben Preis
- die perfekte Handtasche: klein, elegant, übersichtlich und doch groß genug für all den lebenswichtigen Kleinkram, der täglich mit muss
- vom Partner ein Kompliment über das Aussehen (auch wenn der Zahn der Zeit in Kooperation mit der Schwerkraft gewisse Spuren hinterlassen hat ... Wir tun wirklich unser Bestes, oder?)
- bei Muttertagen, Geburtstagen oder Ähnlichem eine hübsche Kleinigkeit, die den Wert symbolisiert, den wir für unsere Familie haben
- vom Chef eine ordentliche Gehaltserhöhung als verdiente Anerkennung der guten Leistungen
- von den Kindern einen freiwilligen Kuss und zur Begrüßung ein strahlendes Lächeln
Frauen bekommen
- von ihren Kindern ein mürrisches „Och man“ zur Begrüßung und eine filmreife Flucht vor mütterlicher Zärtlichkeit
- eine Lobrede auf die Arbeit jener Kollegin, die nichts auf die Reihe bekommt; und einen kostenfreien Hinweis auf die Wirtschaftskrise
- Kochtöpfe, Werkzeug, eine Dampfbügelstation, Gutscheine fürs neue Fitness-Studio, das ultimative Patent zur unfallfreien Behebung der nächsten Rohrverstopfung, das neueste World of Warcraft 22.2 für die Playstation („spielen wir dann alle zusammen“) oder einen selbstgedruckten Gutschein über den Besuch der nächsten Heim- und Handwerkermesse in der Stadt
- nasse Augen vor dem Kühlregal, wenn sie den Harzer-Käse in den Korb legen anstatt des Le Rustique
- Komp ... Komp ... Kompetente? Komplizierte? Konfekte? Komponente? Komplementär?
- Schöne Taschen sind nicht praktisch; praktische Taschen sind alles, nur nicht schön. Trotzdem geben wir die Hoffnung nicht auf. Deshalb werden es immer mehr ... Noch Fragen?
- Schuhe Größe 38 gibt es nicht, niemals, NEVER im Angebot.
- Und die Sache mit dem Spiegel? Ha, so entstehen Märchen: Heute gibt es 1.000 Schneewittchens zwischen hier und den 7 Bergen. Das muss er uns gar nicht extra erzählen! Allein die Erinnerung an das Bild, das er uns ein paar Jahre früher gezeigt hat, lässt einen doch manchmal schier in Tränen ausbrechen in dieser beautylastigen Zeit.
Er läuft in einem Monat ab, ich muss mich also sputen. Bericht folgt in Kürze.
Montag, 23. Mai 2011
Der Do-it-yourself-Bausatz „Bahnterror“
In Berlin fallen wegen eines Kabelbrands viele S-Bahnen und Züge aus. Die Bahn arbeitet an der Behebung des Schadens. Leider kommt erschwerend hinzu, dass seit vielen Monaten ein (logischerweise) äußerst abgespeckter Notfahrplan umgesetzt wird (desolate Strecken, alte Züge etc.), und die GDL sich nach wie vor im Streik befindet. Die Fahrgastinformation hat übrigens - wie kann es anders sein - ebenfalls versagt.
Also wenn München mir wie der hinterste Zipfel Sibiriens erscheint, wie fühlen sich dann die Berliner? Vielleicht haben wir doch mehr gemeinsam, als ich bisher dachte. Falls dort überhaupt noch ein Zug fährt...
Während des Wartens auf die S-Bahn, (also die eine, die nicht ausfällt, mit zwanzig Minuten Verspätung einfährt und tatsächlich anhält), kommt man mit anderen Wartenden ins Gespräch. Leiden eint. Beim jüngsten Zugausfall, Durchsage „Stau auf der Stammstrecke“, vermutete ein Reisender, dass diese Erklärungen mittels Roulette ausgelost werden. Statt auf Zahlenfelder rollt die Kugel auf „Stellwerkstörung“, „Oberleitungsschaden“ und Ähnliches.
Die Bahn vermutet als Ursache des Brandes in Berlin übrigens einen Anschlag und schließt terroristische Absichten nicht aus.
Ich glaube eher, irgendwo im Pandschab sitzt ein heulender Mullah und verzweifelt an seinem Leben für Allah. Er wollte so gern Gutes tun und in den Dschihad ziehen. Aber diese Ungläubigen machen alles selbst! Sogar den Terror. Und Mr ObL hat sich in Wirklichkeit aus dem Fenster gestürzt. Das Brimborium war nur Show. (Ganz untypisch für die USA.) Sein Dasein war nutzlos wie ein Rettungsschirm geworden.
Ich ziehe mich jetzt unter den stets wirksamen Schutz einer Flasche Primitivo zurück und weine auch. Über die Erweiterung des Pannenroulettes um die Ecken „Grubenunglück“, „Mehdorn-Befall“ und „Peterchens Mondfahrt“.
Also wenn München mir wie der hinterste Zipfel Sibiriens erscheint, wie fühlen sich dann die Berliner? Vielleicht haben wir doch mehr gemeinsam, als ich bisher dachte. Falls dort überhaupt noch ein Zug fährt...
Während des Wartens auf die S-Bahn, (also die eine, die nicht ausfällt, mit zwanzig Minuten Verspätung einfährt und tatsächlich anhält), kommt man mit anderen Wartenden ins Gespräch. Leiden eint. Beim jüngsten Zugausfall, Durchsage „Stau auf der Stammstrecke“, vermutete ein Reisender, dass diese Erklärungen mittels Roulette ausgelost werden. Statt auf Zahlenfelder rollt die Kugel auf „Stellwerkstörung“, „Oberleitungsschaden“ und Ähnliches.
Die Bahn vermutet als Ursache des Brandes in Berlin übrigens einen Anschlag und schließt terroristische Absichten nicht aus.
Ich glaube eher, irgendwo im Pandschab sitzt ein heulender Mullah und verzweifelt an seinem Leben für Allah. Er wollte so gern Gutes tun und in den Dschihad ziehen. Aber diese Ungläubigen machen alles selbst! Sogar den Terror. Und Mr ObL hat sich in Wirklichkeit aus dem Fenster gestürzt. Das Brimborium war nur Show. (Ganz untypisch für die USA.) Sein Dasein war nutzlos wie ein Rettungsschirm geworden.
Ich ziehe mich jetzt unter den stets wirksamen Schutz einer Flasche Primitivo zurück und weine auch. Über die Erweiterung des Pannenroulettes um die Ecken „Grubenunglück“, „Mehdorn-Befall“ und „Peterchens Mondfahrt“.
Mittwoch, 18. Mai 2011
Vorsicht - Explosionsgefahr!
Heute wollte ich eigentlich über den Inhalt meiner Handtasche erzählen oder über die aktuelle Lage in P.-K., wo sich die Ereignisse überschlagen. Bis mir ein blöder Hund über den Weg lief:
Ich stand langsam auf, holte tief Luft - und brüllte zuerst einmal den immer noch bellenden Spitz an. Der verstummte sofort. Das funktioniert eigentlich immer, man muss nur laut genug sein. Der Hund sah mich verdattert an. Dafür setzte Frauchen zu einem empörten „Also“ an. Weiter kam sie nicht. Wenn ich aufgebracht bin, bremst mich nichts mehr (s. o.). Meine Zurechtweisung in Sachen Hundehaltung und Leinenpflicht war deutlich – und nicht unbedingt leise. (Stammt der Mensch eigentlich vom Hund ab?)
Okay, im Nachhinein wäre ein freundlicher Hinweis auf den möglicherweise ein wenig zu verständnisvollen Umgang mit ihrem Fifi höflicher gewesen. Andererseits: Ich mag Hunde – aber ich hasse diese Tölen, die leinenlos durch die Gegend schießen und fremde Leute belästigen. Wahrscheinlich treibt sie gerade ihren Mann in den Wahnsinn mit Dauertelefonaten, in denen sie allen Freundinnen ihr psychotisches Erlebnis mit einer wildgewordenen Tierhasserin klagt.
Vor dem Abendessen durften meine Kinder beim Radeln auf dem hiesigen Festplatz noch überschüssige Energie loswerden. Ich saß auf einem Holzstamm in der Sonne und genoss den schönen Tag. Plötzlich raste ein Spitz auf mich zu, tänzelte vor mir hin- und her und kläffte mich bösartig an. Es war keine Aufforderung zum Spielen; die sieht bei Hunden anders aus. Ich blieb sitzen und wartete ab. Gemächlich kam Frauchen samt Tochter angeschlendert, und als sie direkt bei uns standen, sagte die Besitzerin mit gespieltem Erstaunen in der Stimme genau den Satz, den man bei kläffenden Hunden so liebt: „Aber die macht dir doch gar nichts…“
Nein, sie sagte das nicht zu mir über ihren Hund. Sie sagte es zu ihrem Hund – über mich! Stimmt, ich stand nicht kläffend vor der Gruppe. Noch nicht! Ein Schalter in meinem Inneren machte „klick“. Meist geschieht das zuhause, wenn meine drei Männer, alle bestens ausgestattet mit dem Schwerhörigkeitsgen des Y-Chromosoms, sämtlichen Bitten und Aufforderungen gegenüber resistent sind. Dann bekomme ich einen Wutanfall, dass meine Umwelt innerhalb weniger Sekunden einen Tornado für ein laues Lüftchen hält.Ich stand langsam auf, holte tief Luft - und brüllte zuerst einmal den immer noch bellenden Spitz an. Der verstummte sofort. Das funktioniert eigentlich immer, man muss nur laut genug sein. Der Hund sah mich verdattert an. Dafür setzte Frauchen zu einem empörten „Also“ an. Weiter kam sie nicht. Wenn ich aufgebracht bin, bremst mich nichts mehr (s. o.). Meine Zurechtweisung in Sachen Hundehaltung und Leinenpflicht war deutlich – und nicht unbedingt leise. (Stammt der Mensch eigentlich vom Hund ab?)
Okay, im Nachhinein wäre ein freundlicher Hinweis auf den möglicherweise ein wenig zu verständnisvollen Umgang mit ihrem Fifi höflicher gewesen. Andererseits: Ich mag Hunde – aber ich hasse diese Tölen, die leinenlos durch die Gegend schießen und fremde Leute belästigen. Wahrscheinlich treibt sie gerade ihren Mann in den Wahnsinn mit Dauertelefonaten, in denen sie allen Freundinnen ihr psychotisches Erlebnis mit einer wildgewordenen Tierhasserin klagt.
Ich arbeite übrigens daran, mein Temperament zu zügeln: Ich überlege mir, was ich beim nächsten Mal besser machen könnte... Zum Beispiel: Ich bleibe ganz cool, nehme demonstrativ mein Handy und rufe das nächstgelegene Chinarestaurant an. Oder ein Versuchslabor für die Kosmetikindustrie.
P. S.: Der Bericht über die Handtasche folgt in Kürze. Das ist zum Glück weniger aufregend.
Montag, 16. Mai 2011
Die Schlagzeilen des Tages…
… sind so phantastisch, dass es mir auf der Seele brennt, sie meiner Umwelt mitzuteilen:
Die eine habe ich bei der Online-Ausgabe der „Zeit“ entdeckt: Christian Lindner hat der breiten Öffentlichkeit einmal mehr klar gesagt, wo für die FDP der Barthel den Most holt. Christian Linder, das ist der aufstrebende Jungunternehmer im Porsche. Sagt Ihnen nichts? Das ist der, der sich in den vergangenen Monaten während des Westerwelle-Tsunamis als schnippischer Wadenbeißer bei ungezählten Talkshows zum neuen starken Führer, pardon, zum jungen wilden Helden der Liberalen hochmobbte. Inzwischen ist er Generalsekretär und darf seinen eigenen Mist verzapfen.
Er will ein Zeichen setzen gegen die Ausnutzung des „bürokratisch verholzten Wohlfahrtsstaats“ und deshalb – Spot(t) an – das Elterngeld abschaffen. Diese vier Milliarden Euro pro Jahr könnte man doch viel besser investieren.
Genau! Da hat endlich mal wieder einer die schlimmsten Schmarotzer unserer Gesellschaft enttarnt: Familien. Mit Kindern! Die Bankenkrise, in der wir seit 2007 stecken, und die seither allein in Deutschland über 300 Milliarden Euro verschluckt hat, fällt deutlich geringer ins Gewicht. Ist doch absehbar, dass die Banken das wirtschaftliche Arbeiten irgendwann gelernt haben, wohingegen Sex so schnell nicht aussterben dürfte. Obwohl… Und die 100 Milliarden Euro Griechenland-Hilfe sind sowieso Peanuts. Es geht ja weiter, wie wir wissen.
Wäre ich religiös, würde ich noch heute mindestens hundert Kerzen dafür anzünden, dass Herr Lindners derzeitige Kinderlosigkeit bis in alle Ewigkeit anhält.
Vielleicht auch nur fünfzig Kerzen für Lindner und die anderen fünfzig für Hany Azer. Das war der bisher (von der DB) hochgelobte Prophet, äh, Projektleiter von Stuttgart 21. Der hat vor ein paar Stunden verkünden lassen, dass er zum 31. Mai seinen Job aufgibt. Nein, nicht zum 31. Mai 2020, wenn der Bahnhof fertig sein soll, sondern in zwei Wochen!
Reite kein totes Pferd, kommt mir da spontan in den Sinn. Die Frage ist nur, ist Stuttgart 21 das tote Pferd oder Bahnchef Grube? Der hat ja immer große Stücke auf seinen Chefplaner gehalten. Hany Azer hat allerdings ein paar Probleme mit der deutschen Sprache und der richtigen Ausdrucksweise. (Noch einer.) Auf die Frage von Journalisten, ob die Deutsche Bahn die Kostenberechnung S21 garantieren könne, meinte er, „garantieren ist kein so gute Wort“.
Vielleicht sollten sie einfach mehr an den Formulierungen arbeiten, die Herren von FDP und DB. Das ist sicher das einzige Problem, das sie haben…
http://www.ftd.de/karriere-management/management/:bahn-ingenieur-azer-chefplaner-von-stuttgart-21-wirft-hin/60053191.html
http://www.youtube.com/watch?v=PJritWnnCVM
Die eine habe ich bei der Online-Ausgabe der „Zeit“ entdeckt: Christian Lindner hat der breiten Öffentlichkeit einmal mehr klar gesagt, wo für die FDP der Barthel den Most holt. Christian Linder, das ist der aufstrebende Jungunternehmer im Porsche. Sagt Ihnen nichts? Das ist der, der sich in den vergangenen Monaten während des Westerwelle-Tsunamis als schnippischer Wadenbeißer bei ungezählten Talkshows zum neuen starken Führer, pardon, zum jungen wilden Helden der Liberalen hochmobbte. Inzwischen ist er Generalsekretär und darf seinen eigenen Mist verzapfen.
Er will ein Zeichen setzen gegen die Ausnutzung des „bürokratisch verholzten Wohlfahrtsstaats“ und deshalb – Spot(t) an – das Elterngeld abschaffen. Diese vier Milliarden Euro pro Jahr könnte man doch viel besser investieren.
Genau! Da hat endlich mal wieder einer die schlimmsten Schmarotzer unserer Gesellschaft enttarnt: Familien. Mit Kindern! Die Bankenkrise, in der wir seit 2007 stecken, und die seither allein in Deutschland über 300 Milliarden Euro verschluckt hat, fällt deutlich geringer ins Gewicht. Ist doch absehbar, dass die Banken das wirtschaftliche Arbeiten irgendwann gelernt haben, wohingegen Sex so schnell nicht aussterben dürfte. Obwohl… Und die 100 Milliarden Euro Griechenland-Hilfe sind sowieso Peanuts. Es geht ja weiter, wie wir wissen.
Wäre ich religiös, würde ich noch heute mindestens hundert Kerzen dafür anzünden, dass Herr Lindners derzeitige Kinderlosigkeit bis in alle Ewigkeit anhält.
Vielleicht auch nur fünfzig Kerzen für Lindner und die anderen fünfzig für Hany Azer. Das war der bisher (von der DB) hochgelobte Prophet, äh, Projektleiter von Stuttgart 21. Der hat vor ein paar Stunden verkünden lassen, dass er zum 31. Mai seinen Job aufgibt. Nein, nicht zum 31. Mai 2020, wenn der Bahnhof fertig sein soll, sondern in zwei Wochen!
Reite kein totes Pferd, kommt mir da spontan in den Sinn. Die Frage ist nur, ist Stuttgart 21 das tote Pferd oder Bahnchef Grube? Der hat ja immer große Stücke auf seinen Chefplaner gehalten. Hany Azer hat allerdings ein paar Probleme mit der deutschen Sprache und der richtigen Ausdrucksweise. (Noch einer.) Auf die Frage von Journalisten, ob die Deutsche Bahn die Kostenberechnung S21 garantieren könne, meinte er, „garantieren ist kein so gute Wort“.
Vielleicht sollten sie einfach mehr an den Formulierungen arbeiten, die Herren von FDP und DB. Das ist sicher das einzige Problem, das sie haben…
Quellen:
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-05/lindner-fdp-elterngeldhttp://www.ftd.de/karriere-management/management/:bahn-ingenieur-azer-chefplaner-von-stuttgart-21-wirft-hin/60053191.html
http://www.youtube.com/watch?v=PJritWnnCVM
Mittwoch, 11. Mai 2011
Mein Lieblingswitz (eine Erklärung)
Paulchen kommt zu spät zur Schule. Die Lehrerin ist sauer und will ihn hart bestrafen. Paulchen rechtfertigt sich: „Karli hat mich auf dem Schulweg mit Sand beworfen. Den musste ich doch wieder ausschütteln!“
Lehrerin: „Also gut, dann kommst du vor zur Tafel, schreibst fehlerfrei „Sand“, und damit ist die Sache erledigt.
Am nächsten Tag kommt Heinzi zu spät. Die Lehrerin regt sich auf und will eine Erklärung. Heinzi: „Ich war kaum von zuhause weg, da hat mich Karli in eine Regenpfütze geschubst. Ich war ganz nass und musste noch mal zurück und mich umziehen.“
Lehrerin: „Also gut, dann schreibst du jetzt einmal fehlerfrei „Regen“ an die Tafel und die Sache ist erledigt."
Wieder einen Tag später fehlt Mehmet bei Schulbeginn. Als er schließlich kommt, sind seine Kleider schmutzig, und er hat Schrammen im Gesicht und an den Armen. Die Lehrerin will wissen, was passiert ist.
Mehmet: „Karli und seine Freunde habe mir aufgelauert und mich geschlagen und zu Boden geschubst, meinen Ranzen ausgeräumt und die Sachen auf die Straße geworfen. Ich musste erst alles wieder einsammeln und abputzen.“
Die Lehrerin ist entsetzt. „Aber das darf doch nicht sein! Das ist ja Diskriminierung ethnischer Minderheiten. Du Armer! Schreib fehlerfrei „Diskriminierung ethnischer Minderheiten“ an die Tafel, und die Sache ist erledigt.“
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